Twenty-six - Unmenschlich

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Fabienne

Ich starrte Colin an, als hätte er sich grade vor meinen Augen in einen Vampir verwandelt. Naja, er hatte sich grade vor meinen Augen in einen absoluten Unmensch verwandelt, also wo war da der nennenswerte Unterschied? "Hast du irgendwelche Probleme mit deiner Emotionsregulation, Colin?", zischte ich.

"In meiner wie bitte was?" Belustigt hob er eine Augenbraue an, er schien noch total entspannt als hätte er gar nichts Böses getan. Sein Blick sagte so viel wie 'Kleines komm schon, verasch mich nicht' und das machte mich rasend. Ich rümpfte abfällig die Nase und stieß empört Luft aus. "Du weißt schon: Borderliner oder die mit Bipolaren Störungen - Die haben da so 'nen Knacks im Kopf."

Ehe ich selbst realisiert hatte, was ich da grade gesagt hatte, sprang Colin auf und sah so aus, als würde er explodieren. Sein Gesicht war Wut verzerrt seine Augen, die sich in undurchdringliche Eisberge verwandelt hatten, sprühten brennende Funken. "Die haben einen Knacks im Kopf?"

"Fühlst du dich jetzt persönlich angegriffen oder was?" Mein Ton war dermaßen arrogant, er hätte auch von Cassidy höchstselbst kommen können.

"Du kleine-" Seine Lippe bebte vor Zorn, sein Kinn war angespannt, sein Körper geladen. Warum genau er seinen Satz nicht beendete, war mir zwar schleierhaft, aber aus Höflichkeit wird er es wohl nicht getan haben.

Langsam erhob ich mich. Ich würde mich jetzt nicht mit ihm streiten, wenn ich meine Nacht nun schon in der Tiefgarage von CarterCorp. verbringen musste. Ich zog mir die Jacke aus und ließ sie langsam auf den Boden gleiten, während ich ihn schuldlos anlächelte. Meine altbewehrte Technik half mir, mich zu kontrollieren und das Lächeln zu halten. Schultern zurück, Kinn hoch, ruhig atmen.

Missbilligend folgte Colins Blick seiner Jacke.

Durchdringend schaute ich ihn an. "Vielen Dank."

Ich trat einen Schritt näher an ihn heran. Er wich nicht zurück. Sein Parfum versuchte einen jämmerlichen Versuch, mich abzulenken doch ich schickte es seine Wege. Meine Hand lag auf seiner berstenden Brust, ich sah den Hass in seinen Augen, wie er mir entgegen jagte, als würde er mit Pistolen auf mich schießen.

Meine Ballerinas traten auf die schwarze Jacke, doch das würde mir nicht mein Gleichgewicht schulden. "Vielen Dank" - Ich kam seinen Lippen immer näher und spürte, wie ein Gebräu aus purer Lust, Leidenschaft und Wut meine Wirbelsäule hinaufkletterte, sich auf meine Schultern legte und über meinen gesamten Körper ausbreitete - "Für diesen unvergesslichen Abend", wisperte ich.

Es war kaum mehr ein Blattpapier, was zwischen uns gepasst hätte.

Unsere Atem kollidierten, wie unsere Wut miteinander und wie unser Stolz, der auf keinen Fall auch nur das geringste Bisschen Spaß eingestehen wollte. Ich spürte, wie sich in Colins Blick etwas anderes legte. Unter den Zorn mischte sich Begierde und dieser Blick hätte mich in seinen Armen schmelzen lassen können. Aber trotz all dem Verlangen flüsterte ich es mir immer wieder ein.

Kontrolle.

Ich hatte die Kontrolle.

Und das sollte so bleiben.

Ehe ich einen Fehler begehen konnte, stieß ich mich förmlich von ihm weg. Colin trat ebenfalls einen Schritt nach hinten. Eine Nacht, eine verdammte Nacht, die nicht hätte sein sollen und Ende. "Weckst du mich zumindest morgen? Du findest mich dann in der Tiefgarage."

Fast schon zynisch stieß er ein heiseres Lachen aus und hob seine Jacke vom Boden auf. "Du hältst mich echt für so unmenschlich?"

"Wer von uns beiden verhält sich denn so?"

Kopfschüttelnd schaute er mich an. Ich sah, dass er Mühe hatte, das lustvolle Schimmern zu verbergen. "Du bist jetzt auch nicht grade mit Diplomatie gesegnet."

"Dafür kennst du mich nicht lange genug."

Einen langen Blick auf mich werfend kaute er sich auf der Lippe herum, ehe er seine Jacke überzog und einfach ging. Er ging schon wieder. Zum zweiten Mal an diesem Abend. Fluchend trat ich einen Stein aus dem Weg und rannte ihm nach. "Colin..."

Ich griff nach seinem Handgelenk, doch er riss er mir aus der Hand. "Du solltest lernen, deinen hübschen Mund ab und an zu halten." Wieder war er stehen geblieben und hatte sich zu mir gedreht.

"Hey, es tut mir leid, ich wollte dich nicht verletzten, aber du..."

"Ich was? Ich bin so gemein, dass ich dich auf der Straße sitzen lasse?" Verächtlich stieß er Luft aus und begutachtete mich. Er schien wirklich verletzt zu sein. Gott ich hasste meine böse Zunge. "Du hast nein gesagt", murmelte ich kleinlaut.

Er schloss die Augen, als würde er hoffen, gleich einfach aus einem bösen Traum zu erwachen, nur leider leider war das hier kein Traum. "Ich - Du hast sie doch nicht mehr alle. Klar kannst du auf meiner Couch schlafen."

"Was ich gesagt habe..."

Colin machte eine simple Geste und deutete mir an, dass es jetzt egal ist. Brav nickte ich und senkte den Blick. "Tut mir leid, ich sollte sowas nicht sagen."

Ohne weiter zu reden, liefen wir noch ein wenig, biss wir, für mich völlig unvorbereitet, wieder vor dem großen Gebäude von CarterCorp. standen. Langsam folgte ich Colin in die Tiefgarage.

Der Geruch von Abgasen und abgestandener Luft drückte sich mit entgegen und ließ mich die Nase rümpfen. Ich konnte diesen Geruch nicht leiden, er verursachte Kopfschmerzen und Atembeschwerden. Gleich im ersten Geschoss fiel mir der kleine schwarze Wagen direkt ins Auge.

Unsicher schaute ich zu Colin, um mich zu versichern, dass ich auch wirklich mitdurfte. Er nickte nur und öffnete die Türen.

Während wir über die Straßen von New York fuhren lag mein Fokus auf den Straßen und den Lichtern, die immer wieder aufflackerten und an mir vorbei rasten. Der Abend lief in Dauerschleife vor meinem inneren Auge ab. Er hatte ziemlich scheiße angefangen, aber zwischendurch war es wirklich in Ordnung gewesen.

Es hatte sogar Spaß gemacht, als ich vor ihm weggerannt bin. Und dann mein blöder Spruch. Ich hatte so ewig in kein Fettnäpfchen mehr getreten und ausgerechnet heute musste das passieren? Immerhin hatte ich den Schmerz in Colins Augen gesehen, als ich das mit den Bipolaren Störungen angesprochen hatte. Seufzend ließ ich meinen Kopf gegen die kühlende Scheibe fallen und schaute ihn an. "Du?"

"Mhm?

"Wie viel mehr hasst du mich nach heute?"

Verdattert nahm er seinen Blick von den Straßen und guckte mich an, als hätte ich grade nach einer Zauberformel zum verändern der Mondlaufbahn gefragt. Schnell wendete er seinen Blick wieder ab und schüttelte den Kopf. "Ich hasse dich nicht."

"Du kannst mich nur nicht leiden?" Ich spürte, dass ich Bammel vor der Antwort hatte. Irgendwie hatte ich gefallen an den Sticheleien gefunden und irgendwie würde es mich treffen, wenn er mich nicht leiden könnte. Auch wenn er nervig war.

"Du bist kompliziert", meinte er einfach nur, ohne weiter auf meine Frage einzugehen.

Well, es ist bei den beiden schon ein wenig wechselhaft oder?
Naja, immerhin bleibt die gute Fabienne nicht auf der Straße (;

Hoffe es hat euch gefallen

Elli🌹

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