Sixty-three - Türen und Türrahmen

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Colin

Ein wenig planlos stand ich nun Matt und Adam gegenüber. Matt fuhr sich durch die Haare, seine Augen funkelten, bevor er schwer seufzte und mich angrinste. "Ich will wissen, wer von euch beiden zu erst in der Irrenanstalt landet. Du und Fabienne - Das kann nur in Drama enden."

Nickend schürzte Adam die Lippen und gab einen zustimmenden Laut von sich.

"Ich danke euch, für diese aufmunternde Prognose." Brummend schaltete ich das Mischpult aus und hob meine Krawatte vom Boden auf. "Was wollt ihr eigentlich hier?"

"Adam hat irgendwas hier vergessen, kann aber auch sein, dass es an dem ein oder anderen Tropfen zu viel liegt. Wir wollten eure... Wirklich sehr intensive Probe nicht stören." Neckisch grinste Matt vor sich hin und wand sich dann an Adam, der begann, die Regale zu durchforsten, auf der Suche nach... Was auch immer.

"Sag mal Adam, was machst du da?"

"Ich suche nur was", murmelte er und schob einen Stapel alter Texte beiseite. "Nicht so wichtig."

Ich tauschte einen verwirrten Blick mit Matt aus und machte mich auf, den Proberaum zu verlassen. "Dann such du mal, Adam. Matt spielst du den Babysitter, ich guck mal ob ich noch was zu trinken kaltstehen hab."

"Du kannst dich ja solange um Fabienne kümmern", feixte er und schlug mir freundschaftlich auf die Schulter.

"Ich bezweifle, dass sie da so scharf drauf ist, wenn die Gefahr besteht, dass ihr wieder reinplatzt und von depressiven Schlagzeugen redet."

"Was heißt hier 'ihr'? Ich hab ja wohl nichts gesagt!", verteidigte Matt sich. Lachend verließ ich den Probenkeller und lief nach oben in mein Wohnzimmer. Fabienne saß auf der Couch und grinste mich aufsässig an. "Schmeißt du sie raus?"

"Nein." Überlegen schmunzelte ich vor mich hin und lief in die Küche, konnte ihre schmollende Miene bildlich vor mir sehen.

"Und wieso nicht? Hast du mich mal gefragt, wie ich das finde?" Sie lief mir nach und lehnte sich in den Türrahmen. "Hier ist ja immer noch keine Tür drin." Lenkte sie ab.

Ich holte vier Bierflaschen aus dem Kühlschrank und drehte mich zu ihr um. Als ich sah, wie sehr sie wirklich schmollte, bogen meine Mundwinkel sich umso mehr nach oben. "Also erstens: Nein, habe ich nicht und zweitens: Hast du irgendwie einen Türfable?"

Fabienne stieß sich von dem hellen Holz ab und betrachtete den Türrahmen ausgiebig. "Nein. Nur... Ich erklär's dir. Sobald Adam und Matt gleich weg sind, ja?" Sie guckte zu mir hoch und lächelte kurz. "Du kannst mein Bier wegstellen, ich verzieh mich solange."
"Ich kann auch-"
"Nein" - Sie fuhr sich durch die Haare und seufzte - "Ist okay. Ich kann nicht erwarten, dass du sie rauswirfst. Und die Dreiviertelstunde werde ich warten können." Sie gab mir einen Kuss auf die Wange und verschwand aus der Küche.

Ich blickte ihr hinterher, dann musterte ich meinen Türrahmen und schüttelte mit dem Kopf. "Ein Türrahmen also..." Ich, ihr Kollege, Bandmitglied und vor allem ihr Freund, schaffte es nicht, sie zum reden zu bringen, aber ein verdammter Türrahmen gab...
"Versteh einer diese Frau..."

Nachdem ich mich mit einem betrunkenem Adam und Matt einen mehr oder weniger annehmbaren Abend verbracht hatte, hatte ich sie dann aber auch nach einer halben Stunde rausgeworfen. Ich wollte wissen, was Fabienne zusagen hatte. Ich hatte die gesamte Zeit auf heißen Kohlen gesessen, als würde die Überraschung des Jahrtausends auf mich warten - Und dabei würde es sich wohl um keine angenehme Überraschung handeln, auch wenn ich die Rolle der Türrahmen noch nicht so ganz einordnen konnte. Ich ging zwar nicht davon aus, dass es unbedingt viel war, aber wenn ich mich jetzt beschweren würde, würde ich mir nur ein Eigentor schießen.

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