Fifty-seven - Überraschung, Princesa

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Fabienne

Unter verschleiertem Blick sah ich Colin an, unwissend was ich sagen sollte. Es hörte sich so an, als würde ich eine zweite Chance bekommen. Ich... Ich bekam eine zweite Chance.

Meine Freude zu verbergen fiel mir so verdammt schwer, am liebsten würde ich ihm um den Hals fallen. Aber da war diese Bedingung. Ich sollte reden.
"Reden?", hauchte ich verunsichert und wanderte mit meinem Finger seine Brust ab. Malte nervöse Muster auf sein Shirt.

"Ja Kätzchen, reden. Mit mir. Vertrau mir..." Er kämmte vorsichtig eine Haarsträhne hinter mein Ohr und lächelte. Mein Herz setzte einen Schlag aus, ich versank in seinen eisblauen Augen und fühlte mich so wohl, wie schon lange nicht mehr. "Ich mag das."

Verwirrt blinzelte er kurz und becherte mein Gesicht mit seinen Händen ein. "Was?"

"Wenn du mich Kätzchen nennst", gestand ich mit klopfendem Herzen und wartete auf seine Reaktion. Ich war in meinem Leben vermutlich noch nie so ehrlich zu jemandem. Aber seine Art mich anzusehen ließ mich förmlich dahinschmelzen. Als würde er sich freuen, über das was ich sagte.

"Du bist zu lieb. Soll ich wieder in Deckung gehen?"

Schmunzelnd schaute ich ihn an. Mein Blick rutschte auf seine Lippen. Ein Verlangen welches die gesamte Woche über an mir genagt hatte, glühte auf und zog beinahe schmerzhaft an meinen Nerven. Seine Lippen... Ich wollte sie endlich wieder auf meinen spüren. Seine Küsse waren nicht mehr ein Verlangen; sie fühlten sich an, als seien sie lebensnotwendig, als würde ich sie zum Atmen brauchen.

Wie hypnotisiert starrte ich auf seinen Mund.

Grade als ich etwas sagen wollte, schnappte er plötzlich nach meinen Lippen und verwickelte mich in einen drängenden Kuss, den ich leidenschaftlich erwiderte. Seine Zunge glitt verlangend in meinen Mund und raubte mir den Atem. Es war als würde all der Ballast von mir fallen und gleichzeitig baute sich eine unglaubliche Spannung in mir auf. Ich klammerte mich an Colin wie an einen Rettungsanker - Und vielleicht war er das ja auch.

Als ich die Augen schloss, spürte ich, wie sich eine Träne aus meinem Augenwinkel löste. Ich hatte ihm ehrlich gesagt, was ich fühlte. Zumindest so, wie ich es konnte. Seine Hände legten sich auf meine Taille und zogen mich zu sich. Bilder von uns beiden hier in seinem Büro schossen mir durch den Kopf.

Ich sollte das beenden, bevor es hier wieder ausartete. Langsam löste ich mich von ihm und sah in seine wunderschönen Augen. "Ich weiß nicht, ob ich das kann", gestand ich murmelnd. Reden hatte nie zu meinen Stärken gehört. Schweigen konnte ich dafür umso besser. "Ich habe gelernt, zu schweigen."

Colin sah mich nachdenklich an. "Sag mir zumindest, wenn es dir schlecht geht, Kätzchen..."

Wenn das mal so einfach wäre...

Trotzdem nickte ich ihm zu. "Ist gut." Kaum hatte ich es ausgesprochen, musste ich mich sehr beherrschen, mir nicht selbst eine Ohrfeige zu geben.

Gelogen. Schon wieder. Super, Fabienne.
Natürlich konnte ich Colin nicht sagen, wenn es mir nicht gut ging. Dann würde ich ja von morgens bis abends die Klappe nicht halten.

Mein Blick rutschte auf meine Armbanduhr, die ich ausnahmsweise mal trug. Meine Mittagspause war so gut wie vorbei, ich sollte echt wieder zur Arbeit. "Ich muss dann auch wieder..." Entschuldigend sah ich Colin an und löste mich von ihm. Unruhig wanderte mein Blick durch den Raum. Da ich keine Ahnung hatte, wie ich mich verhalten sollte, ging ich einfach, aber es fühlte sich an, als hätte ich etwas vergessen.

Ich drückte die Klinke runter und hielt einen Moment inne. "Colin?" Ich drehte mich nicht um, spürte aber dass er mich ansah. "Ja?"

Nervös schluckte ich; was ich sagen wollte, blieb mir im Hals stecken. "Ich... Äh..." Denken, Fabienne, denken! Wann genau waren meine Hirnzellen abgesprungen? Beim Kuss? Naja eher nicht, es reichte ja schon, Colin nur zu sehen.
"Danke...", nuschelte ich leise und verließ überstürzt Colins Büro. Ein dämliches Grinsen zierte meine Lippen.

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