Seventy-two - Wir können auch so duschen?

61 4 10
                                    

Colin

Und damit war mir jeder Wind aus den Segeln genommen. Jede Wut war weg, ich sah einen Schmerz in ihren Augen, der mich zerriss, der mein tiefstes Inneres zerriss. "Fabienne, ich wusste nicht..."

"Natürlich wusstest du das nicht! Wie denn auch, Colin?!" Sie bewegte sich ruckartig aus meinen Armen, starrte auf Berlin als sei sie nicht in der Lage, mich anzusehen. "Du solltest es ja auch nicht wissen... Ich war für meine Mutter immer nur ein Mittel zum Zweck."

"Du bist kein Mittel zum Zweck, Fabienne..." Ich stellte mich hinter sie und legte ihr meine Arme um die Taille. Ihr angenehmer Duft berührte mich, umspielte mich. Und ich wusste, dass die Art, wie ich auf sie reagierte absolut nicht angemessen war.

"Doch. Für sie schon. Und jetzt für Carter. Und ich weiß nicht, wie ich das alles hinbekommen soll, vor allem jetzt wo es mir einfach die letzten Tage so scheiße geht!" Sie ließ sich gegen mich fallen. Ich sah sie nicht, aber ich war mir sicher, dass sie die Augen geschlossen hatte.

"Hör zu, alles wird besser werden. Und dann musst du dir auch keine so großen Gedanken mehr machen. Wir bleiben ja nicht in Berlin... Wir gehen zurück, dann ist es alles vorbei."

Sie seufzte und schüttelte mit dem Kopf. "Wenn ich jetzt wieder hier bin, wird alles wieder von vorne anfangen. Und so viele Schmerztabletten kann ich gar nicht schlucken."

Ich biss die Zähne zusammen. Was sie sagte gefiel mir nicht. Schmerztabletten waren jetzt nicht unbedingt das, was ich gerne von ihr hörte. Meine Daumen massierten ihren Bauch eine Weile und hielt sie an mich gedrückt, sie wirkte erschöpft. Eine Wärme breitete sich in meinem Körper aus, die so angenehm war, dass sie nie wieder verschwinden sollte und es war keine Lust, keine Leidenschaft. Es war Liebe. Du es war zu früh, ihr das zu sagen. "Lass uns reingehen. Es ist kalt", murmelte ich.

"Mhm..." Ich hörte irgendwas von ihr, was ich nicht entziffern konnte. Ein leises Lachen verließ meine Lippen. "Äh, Fabienne?... Kätzchen?" Keine Reaktion. "Bist du..." Ich grinste über beide Ohren, irgendwie zutiefst amüsiert darüber und irgendwie sehr glücklich. Vorsichtig versuchte ich, sie irgendwie auf die Arme zu bekommen und trug sie ziemlich brautstyleartig durch die Tür, um sie aufs Bett zu legen.

Vorsichtig versuchte ich, ihr zumindest die Hose auszuziehen und schaffte es tatsächlich, ohne sie zu wecken. Einen Moment beobachtete ich sie lächelnd, dann verschwand ich im Badezimmer, zog mich um und stand wieder im Schlafzimmer. Nur, um dann Fabienne anzusehen, die mich müde ansah. "Tut mir leid, ich wollte nicht einschlafen", murmelte sie.

"Mach dir keine Gedanken, das war niedlich."

Sie kräuselte die Lippen und murrte vor sich hin. "Du bist doof. Gib mir was zum überziehen."

Ich lachte und verdrehte amüsiert die Augen. "Und du bist unmöglich, wenn du müde bist." Schnell kramte ich eines meiner T-Shirts aus meinem Koffer und warf es ihr zu. Natürlich ließ ich es mir nicht nehmen, meinen Blick auf Fabienne zu lassen, die gerade beinahe komplett nackt auf meinem Bett saß, ihren Körper aber schnell mit meinem viel zu großen Shirt wieder bedeckte. Sie hob eine Augenbraue an. "Komm her, ich will schlafen!"

"So müde?"

"Ja! Also komm..." Sie bastelte sich unter die decke und sah schläfrig aber erwartungsvoll zu mir. Grinsend legte ich mich zu ihr ins Bett, kaum berührte ich die Matratze klemmte sich Fabienne an meinen Rücken, wie ein kleiner Rucksack. "Meins." Ich hörte förmlich, wie sie zufrieden lächelte und dann spürte ihren Brustkorb, der sich regelmäßig hob und wieder senkte. Sie war eingeschlafen und trug mich mit in einen tiefen, ruhigen Schlaf.

In Berlin, einem Ort an dem Probleme anscheinend so nah waren, dass jede Sekunde der Unachtsamkeit uns teuer zu stehen kommen würden. Aber ich wollte einen Moment einfach nur schlafen... Mit meinem kleinen Rucksack auf dem Rücken.

Am nächsten Morgen weckte uns jemand um fünf Uhr dreißig, viel zu gut gelaunt. Jemand sprang auf unser Bett und jemand saß nun ziemlich ungemütlich auf meinen und Fabiennes Beinen. "Mamá!"

"Lilura, ¿qué haces? Por favor..." Sie grummelte irgendetwas sehr leidend und ich hatte keine Ahnung, was sie sagte.

"¡Levantate!" - Ihr Blick fiel auf mich - "Entschuldigung... Aufstehen!" Gähnend öffnete ich die Augen und musterte das Kind vor uns. Wohlgemerkt war sie bereits fertig geduscht, hatte gekämmte Haare, trug Sportkleidung und war putzmunter. "Mamá, Evelyn macht gerade Frühstück. ¡Levantate - Ahora!"

Schlaftrunken griff sie Fabienne nach einem Kissen und setzte sich hin. Ihre roten Haare standen wirklich in jede erdenkliche Himmelsrichtung, ein wenig Wimperntusche unter dem Auge klebend rümpfte sie die Nase. "Ich komme. Sieben Minuten, okay. Sieben."

"Aber beeil dich, um sechs werde ich mit meinem Training anfangen. Eine Stunde."

"Gott, bist du verplant, Lilu." Ihre Wangen waren leicht aufgeplustert, sie hatte ein wenig Ähnlichkeit mit einem Hamster.

"Und der da kommt mit." Sie deutete auf mich, kannte meinen Namen nicht, aber saß - nebenbei angemerkt - auf meinen Beinen. Noch nicht einmal wirklich meinem Schlaf entflohen nickte ich, was das Energiebündel wohl zufriedenstellte. Sie hüpfte glücklich vom Bett und verschwand aus dem Zimmer.

Ein Lachen ertönte von Fabienne, sie ließ sich zurückfallen und schüttelte mit dem Kopf. "Komm, lass uns duschen gehen, sonst sind wir nicht in" - Sie linste zum Wecker - "Sechseinhalb Minuten fertig."

"Zusammen duschen? Wir? Meinst du nicht, dass wir dann länger brauchen?"

"Nein, das meine ich nicht. Denn wir machen jetzt schnell. Komm, hopp!" Sie taumelte ins Bad und griff nach unseren Koffern. "Komm, ich bin in sechs Minuten fertig. Und du auch. Beweg dich."

Grummelnd bewegte ich mich aus meinem Bett und folgte ihr ins Bad. Sehr überrascht davon, dass sie so flott war, das Wasser schon anhatte und nur noch - Ich blieb stehen und musterte sie - Und nur nichts mehr trug. Ich spürte ein ziehen in meinen Lenden und biss mir auf die Unterlippe. "Biest!"

"Komm duschen!", forderte sie mich auf. Ich nahm meinen Blick von ihrem Körper und starrte auf die korallfarbenen Fliesen.

"Hübsche Fliesen, oder?" Fabiennes spottender Ton machte es mir nicht gerade einfacher, während ich zu ihr in die Dusche stieg und von dem Limette-Apfel-Duft-Duschgel begrüßt wurde, was bereits in einigen, vielen Schaumhauben auf ihrem Körper verteilt war.

Und da war dieses Ziehen schon wieder, aber Fabienne Gott sei Dank auch schon mit duschen fertig und fast aus der Dusche raus. Sie grinste mich an, während ihre Augen an mir auf und ab glitten. "Vier Minuten, beweg deinen sexy Hintern, hier ist deine Zahnbürste."

Ich war definitiv nicht gewohnt, sie morgens so hellwach zu sehen, aber noch ungewohnter war das Bild einer nackten Fabienne, mit feuchtglänzender Haut, die mir eine Zahnbürste vor die Nase hielt, während das helle Licht auf ihrer Haut reflektierte.

"Du bist unglaublich." Ich schüttelte mit dem Kopf und nahm ihr die Zahnbürste aus der Hand und putzte mir die Zähne, während das Wasser noch lief.

"Ich weiß." Schultern zuckend griff sie nach einem Handtuch, ebenfalls in Korallfarben trocknete sich ab und griff schnell nach einem lockeren Kleid aus ihrem Koffer. Ich schmunzelte. Der Wasserdampf machte sich daran, das Bad aufzudunsten, also griff ich nach dem ersten Duschgel was da war (leider das nach Rosenblühten) und hüpfte aus der Dusche, während Fabienne sich die Zähne putzte. "Ich leg dir ne Jeans hier hin und einen Pullover, Socken, Unterwäsche. Beeil dich. Und zack war sie mit Bürste und Strumpfhose aus dem Bad verschwunden. "Noch eine Minute!"

"Ich mach schon." Ohne groß darüber nachzudenken zog ich die Sachen an, die Fabienne mir rausgesucht hatte, kam mir kurzzeitig vor, wie ein Kleinkind und stand dann wieder im Schlafzimmer.

Everyone has SecretsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt