1. Kapitel

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"I'm leaving!", sagte ich laut als ich bereits bei der Tür stand. "Where are you going?", fragte Liam desinteressiert und sah weiter in sein Buch. "Home!", antwortet ich so standhaft wie möglich. Liam blickte endlich von seinem Buch auf und als er meine Koffer sah wechselte seine gleichgültig Miene zu einem überraschten Blick. "Home? You are at home!", sagte er sichtlich verwirrt. "No, not anymore!" Mir stiegen die Tränen in den Augen. Schnell packte ich meine Koffer und ging ohne einen weiteren Blick zurück hinaus, mein Taxi wartete bereits. Ich legte meine Koffer in den Kofferraum und setzte mich schnell ins Taxi. In dem Augenblick, indem ich die Autotür schloss, kam Liam aus dem Haus und ich bat den Taxifahrer zu fahren. Dieser nickte und fuhr los, noch bevor uns Liam erreicht hatte. Als wir um die nächste Ecke gebogen waren, atmete ich erleichtert aus und ein Teil der Anspannung fiel von mir ab. Ich hatte den ersten Teil geschafft!
Noch war ich jedoch auf der Insel und solang dies so war, war es noch lange nicht ganz geschafft.
Durch den Rückspiegel sah ich den fragenden Blick des Taxifahrers und erst da bemerkte ich, dass mir Tränen über die Wangen liefen. "Did he hurt you?", fragte er mit einem Ausdruck, denn ich fast als aggressiv bezeichnen würde. "No, not physically!", antwortete ich und wischte mir die Tränen weg. Der Taxifahrer sah mich zwar immer noch kritisch an, fragte jedoch nicht weiter nach.

Es war die Wahrheit, Liam hatte mich nie geschlagen oder ähnliches, ich hatte nur große Angst davor, dass er mich mit seinen leeren Versprechen wieder rumkriegen würde. Es hat lange gedauert bis ich den Mut aufgebracht habe zu gehen und ich zweifelte daran, dass ich es nochmal schaffen würde.
Mein Handy läutete und natürlich war es Liam, doch ich drückte ihn weg. Kurz darauf kam eine ziemlich lange Whats app – doch ich schaltete nur seine Benachrichtigungen stumm und legte das Handy weg. Ich wollte nichts mehr von ihm hören.

Beim Bahnhof lies mich der Taxifahrer aussteigen und sah mich dabei nochmal fragend an: "Everything ok?" Ich nickte nur, packet meine Koffer und ging zu meinem Zug.

 Als wir nach einer Stunde endlich am Flughafen Auckland ankamen, war ich erleichtert. Schnell gab ich meine Koffer ab und ging sofort durch die Sicherheitskontrolle, Liam sollte erst gar keine Gelegenheit haben mir nachzukommen und ich wollte so viele Hindernisse wie möglich haben um ja nicht auf die Idee zu kommen nochmal umzudrehen.
Eine Stunde später konnte ich endlich ins Flugzeug.

Nun lag ein 17 stündiger Flug nach Dubai vor mir und dann würde ich nochmal 7 Stunden fliegen, bevor ich endlich in Deutschland ankommen würde. Doch im Moment, war ich einfach nur froh, dass ich im Flugzeug saß und wir schon auf dem Weg zur Rollbahn waren. Ich hatte es endlich geschafft, ich hatte Liam verlassen.

Wer ich bin?

Ich bin Leila, 26 und in der Nähe von Lübeck bzw. Berlin aufgewachsen. Doch da war ich schon seit über 7 Jahren nicht mehr, denn als ich mit 19 Jahre das Abi in der Tasche hatte wollte ich  nur schnell weg: weg von meiner Mutter, weg von dem Druck mit 19 schon einen Plan vom Leben zu haben, weg von den Idioten die sich meine Mitschüler nannten. Deshalb ging ich erst nach Amerika und arbeitete dort 2 Jahre als Aupair, danach reiste ich nach Kanada und von dort für ein paar Monate durch Südamerika. Ich war in Japan, bin durch Teile von China, Indien und Afrika gereist und war ein halbes Jahr in Australien. Vor über 2 Jahren hab ich dann Liam kennengelernt – mit ihm bin ich nach Neuseeland gezogen. Das erste Mal nach 3 Jahren hatte ich wieder eine fixe Adresse und einen fixen Job. In den Jahren in denen ich durch die Welt gereist war, hatte ich immer wieder kurzfristige Jobs angenommen um meine Weiterreise zu finanzieren, doch ich hatte nie eine fixe Wohnung. Meist war es irgendwo ein günstiges Zimmer um meine Sachen abladen zu können.

Und nun saß ich im Flugzeug zurück nach Deutschland. Keiner wusste das ich komme, denn ich war mir bis zuletzt nicht sicher ob ich wirklich gehen würde . Also ich wusste das ich von Liam weg musste, aber ich wusste nicht ob ich bereit dazu war wieder nach Hause zu fliegen.
Das Verhältnis zu meiner Mutter hatte sich zwar gebessert, aber ich konnte mir nicht vorstellen, das ich lange in Deutschland bleiben würde – es war für mich jetzt erstmal ein Zufluchtsort, denn ich aber sicher bald wieder verlassen würde.

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