3. Kapitel

645 27 5
                                    

Nach einem dreistündigen Aufenthalt in Dubai, war ich nun dabei in das nächste Flugzeug zu steigen. Dieses Mal war es nur mehr ein siebenstündiger Flug und ich nahm mir vor, dass ich davon einfach mindestens die Hälfte schlafen wollte. Besonders da ich morgens in Berlin landen würde und dann vielleicht nicht gerade total müde sein sollte.
Ich suchte also meine Sitzreihe und stellte glücklich fest, dass meine Sitznachbarn noch nicht da waren - ein Vorteil wenn man den Platz am Fenster hatte. So konnte ich gemütlich reinrutschen.

Sobald ich saß, holte ich meine Kopfhörer raus und schaltete Musik ein. Ich hatte während meines Aufenthalts in Dubai entschieden, dass ich es nicht nochmal sieben Stunden ohne Musik aushalten würde, bei mir lief ja sonst auch immer Musik. Ich schaute bewusst nicht wie das Lied hieß, welches ich als letztes gehört hatte, um nicht in Versuchung zu kommen es nochmal zu hören und schaltete sofort auf meine Gute-Laune Playlist. Durch die Musik im Ohr und auf meine Zeitschrift konzentriert, die ich mir am Flughafen besorgt hatte, bemerkte ich nicht wie sich jemand neben mich setzte.

Als sich das Flugzeug bewegte und wir auf die Startbahn zurollten, legte ich meine Zeitschrift beiseite und konzentrierte mich darauf wie das Flugzeug langsam beschleunigte, dabei drückte es mich leicht in den Sitz. Als das Flugzeug abhob, fühlte es sich so an, als würde ich den Boden unter den Füßen verlieren, dabei fing ich an wie ne bekloppte vor mich hin zu grinsen. Ich weiß nicht wieso, aber ich liebte dieses Gefühl, wenn das Flugzeug abhob und es zauberte mir jedes Mal ein Lächeln ins Gesicht.

Als wir langsam höher stiegen, bemerkte ich dass mich mein Sitznachbar musterte. Ich dachte er würde mich nur ansehen, weil ich beim Abflug vor mich hin gegrinst hatte, aber auch als wir bereits Flughöhe erreicht hatten, wendete er seinen Blick nicht ab. Langsam fing es mich an zu nerven, deshalb drehte ich mich zu ihm und fragte ziemlich pampig: "Why are you starring at me?" Erschrocken sah er sofort weg und stammelte ein leises "Sorry!" Ich verdrehte genervt die Augen und schaute dann wieder in meine Zeitschrift, doch ich konnte mich nicht mehr auf den Artikel konzentrieren. Ich nahm die Zeitschrift wieder runter, drehte mich etwas und sah mir den Typ neben mir genauer an. Also eigentlich starrte ich ihn sehr auffällig an. Er war ziemlich groß, hatte ganz kurze braune Haare und sehr markante Gesichtszüge. Seine Haut war sehr gebräunt und da er nur ein schwarzes T-Shirt trug, sah man seine trainierten Oberarme sehr gut. Ich fing unbewusst an zu lächeln. 'Er sieht gut aus', dachte ich und nur einen Moment später, als hätte er meine Gedanken gehört, drehte er sich zu mir, hob die Augenbraun fragend und lächelte dabei schellmisch. "Tolles Lächeln!", dachte ich und sein Lächeln wurde noch breiter. Ich schlug mir auf den Mund. "Hab ich das gerade laut gedacht?", fragte ich ganz vorsichtig. "ehm ja!", sagte er und fing an zu lachen. Ich drehte mich mit hoch rotem Kopf weg. 'oh nein war das peinlich', dachte ich beschämt. "Du hast auch ein schönes Lächeln!". Als ich seine Stimme hörte, zuckte ich erschrocken zusammen und drehte mich wieder zu ihm. Geschockt sah ich ihn an. "Hab ich was falsches gesagt?", fragte er sichtlich irritiert, doch ich konnte ihm nicht antworten und schüttelte nur langsam den Kopf. Meine Gedanken überschlugen sich. 'Das kann nicht sein oder?'

"Wiwi?", stammelte ich, als ich meine Stimme endlich wieder gefunden hatte. Seine Augen weiteten sich. "Leila?", flüsterte er kaum hörbar und ich nickte vorsichtig. Wir starrten uns an. Ich war so überfordert, ich wusste nicht mehr was ich denken, geschweige denn sagen sollte. Plötzlich merkte ich wie mir die Tränen kamen und meine Sicht verschwamm. Es waren Tränen der Freude, der Überforderung, aber auch der Angst. Meinem Gegenüber war der Schock und die Überforderung auch sichtlich anzusehen.

Keine Ahnung wie lange wir uns nur angesehen hatten, als sich plötzlich sein Nachbar räusperte. Wincent drehte sich von mir weg und als ich nicht mehr in seine Augen sah, löste sich auch meine Schockstarre langsam. "Wincent willst du mich nicht mal vorstellen?", hörte ich seinen Nachbar neugierig fragen. "Ehh ja klar ... Paul das ist Leila, Leila Paul!", stellte uns Wincent noch etwas abwesend vor. Ich wischte mir die Tränen aus dem Augenwinkel und lächelte vorsichtig. "Hallo Paul!" "Hallo Leila!", sagte er freundlich grinsend. Nun hatte wohl auch Wincent den ersten Schock verdaut, denn er drehte sich zu mir und fragte: "Wie lange ist das her?" "Ich glaub es war mein 15. Geburtstag!", sagte ich und wurde bei dem Gedanken wieder wehmütig. "Was, schon zehn Jahre?", rief er überrascht aus. "Wincent, es sind sogar schon fast zwölf Jahre!", sagte ich und musste lachen. Er war immer noch so verpeilt wie ich ihn in Erinnerung hatte.
Als er anfing zu grinsen überkam mich ein Glücksgefühl und es erinnerte mich an früher. Es klingt vielleicht abgedroschen und vermutlich wurde es auch nur einen kurzen Moment anhalten, aber wenn ich in Wincents Augen sah und er mich anlachte, dann fühlt es sich vertraut an.
Es fühlte sich an wie früher, als wir uns fast täglich sahen und nur Blödsinn gemeinsam gemacht haben. Ein Gefühl das ich längst vergessen hatte. 

Back HomeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt