4. Kapitel

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"Zwölf Jahre und dann treffen wir uns ausgerechnet hier? Tausende Kilometer von daheim entfernt", murmelt Wincent ungläubig vor sich hin. "Woher kennt ihr euch? und ich dachte nur deine Schwester darf die Wiwi nennen?", warf nun Paul ein. "Du bist ganz schön neugierig!", stellte ich grinsend fest. "Leila und ich sind zusammen aufgewachsen, wir haben im selben Haus gelebt und haben als Kind jede freie Minute miteinander verbracht! Und ja, außer Shayenne hat nur Leila die offizielle Erlaubnis dazu mich Wiwi zu nennen!" "Ich musste mir bei Shayenne damals sogar die Erlaubnis einholen!", erklärte ich und erinnerte mich an den Tag zurück.

Der Spitzname war entstanden als Shayenne Eineinhalb war. Damals konnte Sie Wincent noch nicht aussprechen und hat stattdessen Wiwi gesagt. Ich fand, dass es ein toller Spitzname war und hab ab da auch Wiwi gesagt. Shayenne war ziemlich böse als sie das mitbekommen hat, also hab ich mich bei ihr entschuldigt und sie dann nach ihrer Erlaubnis gefragt. Sie hatte sich total gefreut das ich ihre Erlaubnis wollte, hat kurz überlegt und dann aufgeregt genickt.
Ich konnte mich daran erinnern als wäre es erst gestern gewesen. Bei dem Gedanken musste ich lächeln, sie war so ein süßer kleiner Zwerg.

In meine Gedanken vertieft, bemerkte ich nicht, dass Wincent mich etwas gefragt hatte.
"Sorry, musste gerade an deine Schwester denken! Was hast du gesagt?" "Ich wollte wissen was du die letzten Jahre gemacht hast?", wiederholte er grinsend. "Eigentlich ziemlich viel! Ich war 2 Jahre in Amerika als Au Pair, bin 3 Jahre durch die Welt gereist und hab die letzten 2 Jahre in Neuseeland gelebt! Und du?", fasste ich kurz zusammen. Er sah mich groß an. "Wow! Da ist mein Leben ja fast langweilig!" "Was  hast du gemacht? Lebst du noch in  Eutin?", fragte ich ihn nun neugierig. "Nein schon lange nicht mehr, ich bin nach meinem Abi nach München gezogen und leb aktuell in Berlin oder München!" "Oder?", sah ich ihn fragend an. "Ja, meistens bin ich in Berlin, aber wenn ich an neuen Songs schreibe und nicht gerade auf Tour bin, wohne ich in München!", erklärte er ganz nebenbei. Die Information musste ich erstmal kurz verarbeiten, bevor ich ihn verwirrt fragte: "Warte, du schreibst Songs und bist auf Tour? Willst du mir etwa sagen das du Musiker bist?" Er nickte. "Und das nennst du langweilig?", fragte ich ihn entrüstet. "naja vielleicht ist es nicht unbedingt langweilig!", sagte er und fing an breit zu grinsen. Ich war noch immer total geschockt und konnte es nicht glauben, aber ich konnte es auch nicht glauben, dass Wincent wirklich neben mir saß. Ich hoffte insgeheim einfach, dass ich aus diesem Traum nie aufwachen würde. "Ok jetzt will ich aber ein Lied von dir hören!", sagte ich ein paar Momente später. "Na gut!" Er nahm sein Handy zur Hand, suchte ein Lied aus und deutete mir das ich ihm meine Kopfhörer geben sollte.

Das Gefühl, wenn wir nachts durch die Straßen zieh'n
Uns nach Ewigkeiten mal wieder seh'n
Wenn der ganze Stress sich in Luft auflöst
Und Euphorie durch die Adern strömt

Fast so als wäre gar keine Zeit vergangen
In dieser Sekunde fühlt sich's wie früher an

Weil's so verdammt leicht ist
Wenn du dabei bist

Ich hörte mir das Lied an und war erstaunt, er war wirklich gut. "Wow - ich bin echt sprachlos!", sagte ich und er grinste ganz stolz. "Jetzt musst du mir aber erzählen wie du dazu gekommen bist? Als wir uns das letzte Mal gesehen haben warst du noch nicht so wirklich musikalisch!", sagte ich grinsend und er fing an zu erzählen, dass er mit Siebzehn erst richtig zur Musik gekommen war und sich selber das Gitarre spielen beigebracht hatte. Mit Neunzehn war er durch Zufall bei DSDS gelandet ist und sein Youtube Cover von Unter meiner Haut hatte dann plötzlich alles ins Rollen gebracht. Ich hörte fasziniert und auch irgendwie stolz zu.
Wincent Weiss, mein bester Freund aus meiner Kindheit, ist ein berühmter Sänger geworden.
Ich hatte ein fettes Grinsen im Gesicht.
Als er seine Erzählungen beendet hatte, wollte er Einzelheiten zu meinen Reisen wissen, also erzählte ich ihm, von meiner Aupair Zeit und das mich danach eigentlich nichts nach Deutschland zurückgezogen hat, deshalb bin ich durch die Welt gereist und irgendwann in Australien gelandet. In Australien hatte ich dann jemanden kennen gelernt und bin mit ihm gemeinsam nach Neuseeland gegangen.
"Und jetzt bin ich, nach sieben Jahren, das erste Mal wieder auf den Weg nach Deutschland!", beendete ich meine Erzählung. "Du warst seit sieben Jahren nicht mehr Zuhause?", fragte Paul fast entsetzt und ich nickte. "Ich hatte in den letzten Jahren nie das Bedürfnis nach Hause zu reisen!", erklärte ich nur schulterzuckend.

Bevor noch jemand etwas sagen konnten, wurden wir von den Stewardessen unterbrochen. Sie brachten uns das Essen und da wir wohl alle ziemlich hungrig waren, fingen wir sofort zu essen an. Wenn ich ehrlich war, war ich froh über die Erzählpause, ich fragte Wincent nur kurz ob ich mir noch ein paar Lieder anhören darf. Er nickte nur und schaltete sein aktuelles Album ein.

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