20. Kapitel

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“Leila!”, hörte ich nun seine Stimme schreien. Langsam griff ich wieder zum Türgriff und machte die Tür auf. Ich hatte es mir nicht eingebildet.
 “Wincent was machst du hier?”, fragte ich leise und verwirrt. Doch Wincent antwortete nicht sondern umarmte mich nur stürmisch. Ich war so perplex, das ich die Umarmung nicht mal erwidern konnte.

Er löste die Umarmung, begutachtete mich von oben bis unten und schrie mich plötzlich an: “Spinnst du?” Ich zuckte zurück. “Wie kannst du mir so eine Nachricht schicken und dann nicht mehr ans Telefon gehen?”, sagte er stinksauer. "Nachricht? Ich hab dir doch gar keine Nachricht geschickt?”, sagte ich verwirrt. Wincent sah mich fragend an. “Du hast mir gestern Nacht eine ziemlich lange Sprachnachricht geschickt!” Ich schüttelte den Kopf. “Daran kann ich mich nicht erinnern!” Ich überlegte nochmal, nein ich konnte mich wirklich nicht erinnern. "Wann hab ich dir diese Nachricht geschickt?”, fragte ich nun nochmal nach. “Um Mitternacht!” Ich schüttelte den Kopf, drehte mich um und ging ins Wohnzimmer. Das konnte doch gar nicht sein, als ich die starken Schmerzen hatte war es elf Uhr nachts, jedenfalls hab ich diese Uhrzeit auf meinem Handy gesehen und an den Zeitraum konnte ich mich sehr gut erinnern, da hatte ich Wincent sicher keine Nachricht geschickt.
Im Wohnzimmer nahm ich mein Handy zur Hand und erschrak. Es war der 5. April und es war drei Uhr Nachmittags, außerdem hatte ich mind. zehn unbeantwortete Anrufe und noch einige andere Benachrichtigungen. Ich ließ mich entsetzt auf die Couch sinken.  “Mir fehlen eineinhalb Tage!”, sagte ich leise. "Was? Du kannst dich nicht an die letzten Tage erinnern?", fragte er entsetzt. Ich schüttelte den Kopf. Wincent kam auf mich zu und nahm mich wieder in den Arm. "Leila es tut mir so Leid das du das Kind verloren hast!" er war nun wieder ganz einfühlsam. Ich konnte darauf nicht antworten, ich stand nach wie vor neben mir. "Soll ich dich ins Krankenhaus bringen - du siehst nicht gut aus?", fragte er nachdem ich auch ein paar Minuten später noch nicht reagierte. "Nein, ich bin nur gerade etwas verwirrt! Ich fass es nicht das ich mich nicht an die letzten Tage erinnern kann!"
Geistesabwesend stand ich auf und ging in die Küche um mir etwas zu trinken zu holen. Ich merkte plötzlich, dass ich ziemlich durstig und hungrig war. Anscheinend kam langsam mein Gefühl wieder zurück.
Als ich an einem Spiegel vorbei lief erschrak ich wieder - ich sah fürchterlich aus und musste dringend unter die Dusche. Also ging ich ins Badezimmer. Wincent sah mich verwirrt an. "Leila bist du sicher das ich keinen Arzt rufen soll!", fragte er und hatte sein Handy eigentlich schon in der Hand. "Nein ich brauch keinen Arzt, ich muss nur einen klaren Kopf bekommen!", sagte ich und stellte mich unter die Dusche und es half. Zwanzig Minuten später saß ich mit frischen Klamotten bei Winc im Wohnzimmer und konnte wieder einigermaßen klar denken.

Bevor ich noch dazukam etwas zu sagen, fragte mich Wincent: “Leila was ist seit unserem letzten Telefonat passiert?" Er hatte sich wohl auch vom ersten Schock erholt. Ich  fing an zu erzählen was die letzten drei Wochen passiert war, ich erzählte ihm alles an das ich mich bis vor zwei Tagen erinnern konnte – es tat gut darüber zu sprechen. “Leila das tut mir so Leid! Ich hätte für dich da sein sollen!", warf er sich vor. "Nein Wincent! Du hast jedes Recht mich nie wieder sehen zu wollen! Eigentlich versteh ich gar nicht wieso du heute hier bist? Ich war ein mieses Arschloch und das nicht nur einmal!", sagte ich wieder den Tränen nah. Doch ich schluckte sie hinunter - ich konnte nicht schon wieder anfangen zu weinen. "Leila nur weil wir uns gestritten haben bist du mir doch nicht egal! Du warst mir nie egal! Als ich deine Nachricht gehört hatte und du nicht ans Telefon gingst, hab ich deine Mutter angerufen! Sie hat mir erzählt das sie dich auch seit zwei Tagen nicht erreichen kann, da hab ich wirklich Angst bekommen und bin sofort hergefahren!", er redete wiedermal so schnell, das ich Mühe hatte alles zu verstehen. "Wovor hattest du Angst?", fragte ich. "Leila du hast gesagt das du nicht mehr weiter weist und dich so alleine fühlst! Ich hatte Angst das.....!", er brach ab, doch ich sah die Verzweiflung in seinen Augen. Langsam verstand ich worauf er hinaus wollte  “Du dachtest ich tu mir was an?”, fragte ich vorsichtig und er nickte nur ganz leicht. “Oh Gott Nein – niemals Wincent!”, sagte ich bestürzt. Ich konnte nicht glauben das er so gedacht hatte. “Erst die Nachricht und als dann deine Mutter von der Fehlgeburt erzählt hat und das du  gerade allein bist! Ich hab das schlimmste befürchtet!”, sagte er verzweifelt “Oh Gott meine Mutter!”, stellte ich  plötzlich entsetzt fest und nahm sofort mein Handy zur Hand. Schnell wählte ich die Nummer und bevor es auch nur einmal läutete hob sie schon ab. Sie war total aufgelöst und ich hatte Mühe sie zu beruhigen.
Ich versicherte ihr das es mir soweit gut ging und ich mein Handy einfach nicht gehört hatte, dann versuchte ich sie relativ schnell abzuwimmeln und ihr zu erklären das Wincent da war und ich sie später nochmal anrufen würde. Als sie hörte das Wincent bei mir war beruhigte sie sich wieder und legte auch relativ schnell auf. Ich legte mein Handy wieder weg und sah Wincent an. Doch ich konnte nichts sagen. Die Angst und Sorgen meiner Mutter und von Wincent erschütterten mich so sehr.
Es machte mir aber auch bewusst, das ich so nicht weiter machen konnte und etwas ändern musste.
"Ich glaub ich brauch Hilfe!", sagte ich leise zu mir selbst. Wincent sah mich überrascht an. "Ich kann nicht mein Leben lang flüchten und vor meinen Problemen davonlaufen, ich muss mich den Problemen stellen! Aber das schaff ich nicht alleine!", erklärte ich und Wincent nickte vorsichtig. "Ja ich denke du hast Recht! Manchmal schafft man es nicht alleine und eine Therapie kann helfen!", sagte er vorsichtig. Es klang als würde er wissen wovon er spricht, was mich stutzig machte. "Hast du damit Erfahrung?", fragte ich vorsichtig und er nickte. "Leila ich bin aktuell in Therapie - die letzten drei Jahre sind ziemlich rasant gewesen!" Er erklärte mir das auch er nicht mehr er selbst war und sich deshalb entschieden hat Hilfen zu suchen, er wollte es mir eigentlich auch raten, hatte aber noch überlegt wie er es formulieren sollte - denn mit den falschen Worten kann es eher das Gegenteil bewirken.
"Danke Wincent für alles was du für mich tust! Ich hoffe das unsere Freundschaft nochmal eine Chance kriegt, irgendwann?" "Ich bin ehrlich, ich hab dir noch nicht verziehen, aber ich kann dich auch nicht alleine lassen!", sagte er mir gerade heraus. Ich nickte. Mir war klar das er mir nicht einfach verzeihen würde und ich an mir arbeiten musste, damit er mir hoffentlich irgendwann verzeihen konnte.

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Ich hoffe euch gefällt es bis jetzt?

Was denkt ihr zu Wincents reaktion? würdet ihr auch zu einer Freundin fahren die euch eigentlich verletzt hat und ihr noch eine Chance geben?

Habt ihr Ideen wies weiter gehen könnte?

LG

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