FÜNFUNDDREISSIG - Judy

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Ich gähne laut und ziehe die Decke hoch bis zu meinem Kinn

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Ich gähne laut und ziehe die Decke hoch bis zu meinem Kinn. Fröstelnd warte ich darauf, bis mir langsam wärmer wird. Draußen regnet es leicht vor sich hin. Regentropfen trommeln gegen die beiden großen Fenster im Wohnzimmer und wäre mir nicht so kalt, wäre ich bestimmt schon weggedöst. 

"Judy?"

Ich zucke zusammen, als plötzlich Mama im Raum auftaucht. Müde reibe ich mir über meine Augen und setze mich langsam auf. Die Müdigkeit verfliegt allerdings sofort, als ich ihren besorgten Gesichtsausdruck sehe. 

"Hast du.. Hast du Zacharias in den letzten Tagen gesehen?", will sie von mir wissen und tigert nervös auf der Stelle herum. Sie umschlingt ihren Oberkörper mit ihren Armen und sieht mich besorgt an. 

Fieberhaft versuche ich mich daran zu erinnern, wann ich meinen großen Bruder das letzte Mal gesehen habe. Erinnerungen vermischen sich und ich merke, wie auch mein Herz schneller zu pochen beginnt. Das letzte Mal müsste mittlerweile schon fast eine Woche her sein. Ziemlich schwach wenn man bedenkt, dass wir im selben Haus leben. 

"Ich war in letzter Zeit ziemlich viel unterwegs", sage ich deshalb, "ich denke, dass es ungefähr vor einer Woche war."

Mama lässt sich auf den kleinen Beistellsessel sinken und vergräbt ihr Gesicht in ihren Händen. Sie atmet mehrere Male zittrig ein und aus und redet mehr mit sich selbst, als mit mir. Ich runzle die Stirn, während ich mit jeder Sekunde, die verstreicht, nervöser werde. 

"Mama?", frage ich deshalb alarmiert. Sie blickt auf, in ihren Augen glitzern Tränen. Meine Fingerspitzen werden eiskalt, während ich realisiere, dass hier etwas ganz und gar nicht stimmen kann. 

"Sein Bett war die letzten beiden Tagen genauso, wie ich es ihm vor drei Tagen gemacht habe", flüstert sie und schüttelt immer wieder den Kopf. Sie sieht mich an und doch habe ich den Eindruck, als würde sie durch mich hindurch blicken. Nervös fährt sie sich durch die Haare und ringt nach den richtigen Worten. "Ich meine, es ist normal, wenn ein Student eine Nacht nicht nach Hause kommt. Aber das passt nicht zu Zac. Vor allem nicht zwei ganze Nächte."

Mittlerweile sitze ich aufrecht auf dem Sofa, meine Müdigkeit ist wie verflogen. Fieberhaft überlege ich, wo sich mein Bruder aufhalten könnte. Mama hat Recht, es passt nicht zu ihm, dass er so lange Zeit nicht auftaucht zu Hause. Vor allem seit dem Unfall hat er sich mehr denn je Zuhause verkrochen und kam immer auf dem direkten Weg von der Uni zurück. Er war nie weg, hat sich nie mit Freunden getroffen, geschweige denn blieb länger als acht Uhr abends aus. 

Hier stimmt etwas ganz und gar nicht und das macht mir verdammt viel Angst. Instinktiv greife ich nach meinem Handy, um Miles anzurufen, doch Mama schüttelt den Kopf. 

"Miles ist auf dem Weg nach Hause", wispert sie, während erste Tränen über ihr Gesicht kullern. Mit einer schnellen Handbewegung wischt sie die ersten weg. Mit jedem Atemzug kommt es mir so vor, als würde sie auf dem alten Sessel mehr und mehr einsinken. Ich stehe langsam auf und gehe zu ihr. Setze mich neben sie und umarme sie vorsichtig. 

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