ZWEIUNDZWANZIG - Vince

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Toby starrt angestrengt auf das Monopoly-Spielbrett und zählt wohl in Gedanken, welche Zahl ich würfeln muss, um wieder ein Vermögen auf einer seiner Straßen zu verlieren

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Toby starrt angestrengt auf das Monopoly-Spielbrett und zählt wohl in Gedanken, welche Zahl ich würfeln muss, um wieder ein Vermögen auf einer seiner Straßen zu verlieren. Es ist duster in seinem Zimmer, die Vorhänge sind weit zugezogen, da Toby sonst von dem Sonnenlicht Kopfschmerzen bekommt und wir können immer nur einen Teil der Deckenlampen anschalten. Während er weiter grübelt, sehe ich ihn besorgt an. Seine Ärmchen sind inzwischen kaum mehr als Haut und Knochen und auch seine Wangenknochen treten deutlich stärker hervor. Zwar sieht eine Hautfarbe besser aus, als beim letzten Mal, als ich ihn sah, aber gesund ist er bei weitem noch nicht. Ich schlucke schwer, als ich daran denke, dass der nächste Chemoblock für ihn kurz bevor steht. 

"Du musst eine drei Würfeln", unterbricht Toby plötzlich meine Gedankengänge. Ich zucke zusammen und grinse. "Niemals", erwidere ich und schüttle selbstsicher den Kopf, als ich zum Würfel greife. Tobi drückt sich selbst mit beiden Händen die Daumen und flüstert leise "drei, drei, drei", als der Würfel über das Spielfeld rollt. Vorhin, als ich zu ihm kam, quietschte er aufgeregt und seine Augen haben geleuchtet, wie die eines Kleinkindes, wenn Weihnachten ist. Ich habe uns beiden eine Tafel Schokolade gekauft, die wir heimlich im Bett aßen und dann bettelte der Lockenkopf mich an, mit ihm sein Lieblingsspiel zu spielen. Der Würfel bleibt liegen und ich seufze tief, als ich die Zahl darauf ziehe. Toby gackert laut los und reißt seine Arme in die Luft. "Drei!", ruft er vergnügt und lacht mich gackernd aus. Er deutet immer wieder mit den Finger auf den Würfel und schiebt schließlich meine Spielfigur - natürlich den Stinkestiefel - auf seine teuerste Straße. 

Ich räuspere mich und rücke meine Imaginäre Krawatte zurück. "Mister Callahan, hiermit überreiche ich Ihnen feierlich mein letztes Geld." Ich schiebe all meine Papierscheine zu Toby hinüber der eifrig damit beginnt, die bunten Zettel zu sortieren. "Jetzt kann ich mir so viel Schokolade kaufen, wie ich will. Das reicht bestimmt für hunderttausendzwölfmillionen", sagt er mehr zu sich selbst gewandt als zu mir. Ich lächle in mich hinein und strecke mich dann gähnend. So sehr ich die Zeit bei Toby auch genieße, zwei Stunden am Stück Monopoly zu spielen und dabei auf dem schmalen Bett zu kauern, ist nicht gerade angenehm für mich. 

"Können wir bitte nochmal?", bettelt Toby mich an und setzt einen Blick auf, den Hayden sonst immer als den Toby-Callahan-Dackelblick bezeichnet hat. "So gerne ich das auch würde, Toby, aber ich treffe mich jetzt gleich mit einem Mädchen, und die darf man nicht warten lassen." Er sieht mich erst traurig an, bevor sich sein Blick aufhellt. "Triffst du dich wieder mit dem Engel?" Ich weiche seinem Blick aus und schlucke schwer. Toby betitelte Hayden sonst immer als Engel aufgrund ihrer langen, blonden, gelockten Haare. Er weiß es natürlich nicht, dass ich mit Hayden nichts mehr zu tun habe und das soll auch so bleiben. Er ist zu jung, würde es nicht verstehen und ich möchte ihn auch nicht unbedingt aufwühlen. "Ja", presse ich hervor und lächle ihn schief an. "Kannst du ihr bitte sagen, dass sie dem Christkind erzählen soll, dass ich bis jetzt ganz brav war?" Toby reißt seine Augen weit auf und wartet auf ein Versprechen von mir. "Natürlich", erwidere ich. "So wie jedes Mal, wenn ich den Engel sehe." Ich zwinkere ihm zu und stehe dann auf. Toby steht ebenfalls auf, nur dass er auf seiner Matratze stehen bleibt. Ich trete zu ihm und lächle ihn an. Der Lockenkopf grinst mich breit an und stemmt seine Hände in die Hüften. "Ich bin fast größer als du, Vinci!" Ich nicke und lupfe eine Augenbraue. "Aber du schummelst ja auch." Toby schiebt seine Unterlippe nach vorne. "Du schummelst auch. Du bist viel älter als ich, das zählt nicht!" Ich lache und hebe meine Hände. "Okay, okay, ich bin der Schummler hier." Das stimmt den kleinen Jungen vor mir zufrieden, der lächelt mich zufrieden an und streckt seine Arme aus, um mich zu drücken. Ich schließe den kleinen Körper um mich und ignoriere die Tatsache, dass ich gefühlt jeden Knochen von ihm spüren kann. "Das nächste Mal lasse ich dich gewinnen, du verlierst ja doch immer", flüstert mir Toby in mein Ohr. "Das ist aber gnädig von dir", erwidere ich und löse mich wieder von ihm. "Wiedersehen, Toby." Toby lässt sich zurück in seine vielen Kissen, die alle mit Bettbezüge bestückt sind, auf denen ganz viele Hunde zu sehen sind. "Tschüss Vinci-Pupsi", verabschiedet er sich und winkt mir zu. 

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