VIERZEHN - Vince

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Die alten Scheibenwischer legen sich mächtig ins Zeug, um die Massen an Regen, die im Sekundentakt auf die Windschutzscheibe prasseln, wegzuwischen

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Die alten Scheibenwischer legen sich mächtig ins Zeug, um die Massen an Regen, die im Sekundentakt auf die Windschutzscheibe prasseln, wegzuwischen. Ich biege langsam in die Straße ein, in der Hayden wohnt. Hier, im Randbezirk der Stadt, sieht wirklich jedes Haus so aus, wie in den typischen amerikanischen Filmen. Perfekt gepflegte Vorgärten, riesige Autoschiffe stehen in den Einfahrten und am Morgen sieht man mindestens zwei Senioren, die ihre übergewichtigen Dackel zum Morgengassi zwingen.

Mein Herz pocht schneller, als ich vor dem kleinen Vorhaus von Hayden's Familie parke. Ich stelle den Motor von Mamas altem Auto ab und atme tief durch. Einerseits freue ich mich darauf, Hayden wieder ganz für mich allein zu haben, andererseits muss ich die ganze Zeit an Judy denken und daran, was sie mir erzählt hat. Hayden und ich müssen definitiv reden. Ich seufze und meine Gedanken driften ab zu dem Moment, als Judy mir erzählt hat, dass sie aufgrund eines Unfalls ein Bein verloren hat. Wie sie plötzlich aufgesprungen ist und aus dem Café hastete. Habe ich etwas falsch gemacht? Lag es an mir? In den letzten Tagen habe ich mir ständig darüber den Kopf zerbrochen, bin aber zu keinem wirklichen Entschluss gekommen. Ich seufze erneut, kratze mich im Nacken und schiebe mein Handy in die Hosentasche. Danach steige ich aus dem Auto und haste zu dem kleinen Vordach der Veranda, um mich vor dem Regen zu schützen.

Es sieht noch alles so aus, wie ich es in Erinnerung habe. Das kleine Nummernschildchen ist nach wie vor an der rechten oberen Ecke etwas kaputt. Die vielen kleinen Blumenkästchen sind nach wie vor mit den farbenfrohsten Blumen bepflanzt, eines der vielen Hobbys von Haydens Mutter. Ich lächle, als ich sehe, dass kein einziges Pflänzchen Unkraut zwischen den vielen bunten Blüten hervorblitzt. Tief durchatmend hebe ich meine Hand und klingle an der Haustür. Der vertraute Ton erklingt im Inneren des Hauses und ich gehe einen Schritt nach hinten, um zu warten, bis mir geöffnet wird. Es dauert keine zehn Sekunden, da wird die Haustür aufgerissen und Lucy, Haydens kleine Schwester, steht im Türrahmen. Sie starrt mich mit großen Augen an und quietscht dann laut auf. "Vinci ist da, Vinci ist da!", brüllt sie und hastet auf mich zu. Ich lache, gehe in die Hocke und schließe das kleine Mädchen in meine Arme. "Hallo Lucy", begrüße ich sie und muss erneut lächeln, als sie mich mit der Kraft, die eben ein vier-jähriges Kind aufbringen kann, an sich drückt. Die Tatsache, dass Lucy sich noch an mich erinnern kann, obwohl sie mich so lange Zeit nicht gesehen hat, berührt mich doch ziemlich. "Wo warst du?", will sie von mir wissen, als sie sich von mir löst. Sie stemmt ihre Arme in ihre Hüften und sieht mich streng an. Ich muss grinsen und wuschle ihr durch ihre schwarzen, kurze Haare. "Ich war lange Zeit krank", versuche ich ihr zu erklären. Sie runzelt die Stirn und tippt sich mit ihrem Zeigefinger gegen die Lippen. Schließlich zuckt sie mit den Schultern. "Okay. Und bist du jetzt wieder gesund?" Ich beiße mir auf meine Unterlippe und schlucke den Kloß, der sich plötzlich in meinem Hals gebildet hat, wieder hinunter. "Ich denke schon, ja", erwidere ich. Lucy grinst und klatscht in ihre  kleinen Hände. "Ich habe dir ganz viele Bilder gemalt. Eigentlich wollte ich sie dir schon früher geben, aber du bist ja so lange nicht mehr gekommen..." "Lucy, glaubst du nicht, dass es besser wäre, wenn du Vince erst  mal hereinkommen lässt?" Ich blicke auf und sehe Hayden im Türrahmen hinter Lucy stehen. Ihre blonden Locken fallen in sanften Wellen an ihr herab. Sie trägt ein weites, hellblaues T-Shirt und eine schlichte, graue Jogginghose. Ihre Kleidung ist nicht auffällig und trotzdem sieht sie umwerfend aus. "Hey", sage ich und beuge mich über Lucy hinüber, um Hayden einen Kuss zu geben. "Hey", erwidert sie und umschließt mein Gesicht sanft mit ihren langen Fingern. Lucy macht laute Würgegeräusche und kassiert dafür einen strafenden Blick von ihrer großen Schwester.

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