DREI - Judy

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Miles und ich gehen schweigend nach Hause

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Miles und ich gehen schweigend nach Hause. Ab und zu kickt mein großer Bruder einen Stein vom Weg. Die Sonne verschwindet schon langsam hinter den Baumkronen. Miles schultert meinen Rucksack und beschleunigt seine Schritte. Er trägt mir immer mein Zeug nach Hause, auch wenn ich ihm schon so oft gesagt habe, dass er es nicht machen muss. 

Und trotzdem macht er es. Weil er Angst hat, dass dir etwas zu anstrengend werden kann. Und das weißt du auch. 

Immer dann, wenn seine Vorlesungen an der Uni gleichzeitig mit meinem Unterricht enden, holt er mich von der Schule ab und wir gehen zusammen nach Hause. Meistens reden wir nicht dabei, aber ich mag es trotzdem, wenn er da ist. Seit dem Vorfall wurde das Band zwischen uns noch stärker. Vor allem in den ersten Monaten war er die stärkste Stütze, die ich in meinem Leben hatte. Er war direkt vor und auch nach meinen vielen Operationen da, brachte mir meine Lieblingsfilme ins Krankenhaus und schmuggelte auch das ein oder andere Mal Burger mit viel zu fettigen Pommes in mein Zimmer, wenn ich das gesunde Krankenhausessen nicht mehr sehen konnte. 

Meine Gedanken driften ab zu dem Auswahltraining der Cheerleader, das morgen stattfinden wird. Valerys Unterstützung habe ich auf jeden Fall und würde es nach ihr gehen, wäre ich schon längst im Team.

Wäre da nicht Hayden Coyn.

Ihre bissigen Worte vom Wochenende verfolgen mich jeden Tag. Ich denke an ihr gehässiges Lächeln, mit dem sie bestimmt die Worte in ihr Handy eingetippt hat. Daran, wie sie zufrieden gegrinst hat, als sie die Nachricht abgeschickt hat, um sich dann gleich wieder ihren perfekten Haaren und Nägeln zu widmen. Daran, dass es wohl ihre Leidenschaft ist, schwächeren Menschen immer und immer wieder Seitenhiebe zu verpassen, bis sie ganz aufgeben.

Ich merke, wie sich ein großer Kloß in meinem Hals bildet und atme tief durch. Mein Herz beginnt schneller zu pochen, als mir klar wird, dass ich ihr morgen gegenübertreten werde. Obwohl sie mit Sicherheit damit rechnen wird, dass ich nicht auftauchen werde. Nicht, nach den Worten, die sie mir geschickt hat. 

Und dir wird es egal sein, was sie sagt. Du wolltest schon immer Cheerleaderin werden und morgen wirst du es schaffen. Für Colleen. Und für dich selbst. 

Die Choreo, die sich die Gruppe ausgedacht hat, sitzt perfekt, da ich bereits seit einem Monat Zuhause übe. Sie ist nicht schwer und Gott sei Dank sind keine Sprünge dabei. Mein Bein brannte zwar nach den vielen Durchgängen wie die Hölle, aber ich rief mir immer und immer wieder ins Gedächtnis, dass ich das alles für meinen großen Kindheitstraum mache. 

Und für den von Colleen. Schließlich war sie es, die dich bei den vielen Footballspielen, die sich Zac, Miles und Dad jeden Sonntag im Fernsehen anschauten, auf die Tänzerinnen aufmerksam gemacht hat. Und die sich zusammen mit dir verkleidet hat und dann peinliche Tänze vor der ganzen Familie aufgeführt hat.

Ich atme erneut tief durch und verscheuche den Gedanken aus meinem Kopf. Im Krankenhaus habe ich oft mit meinen Ärzten und Physiotherapeuten über den Traum des Cheerleadings gesprochen. Zwar war keiner wirklich begeistert davon, meinten aber auch, dass, wenn ich keine waghalsigen Sprünge oder ähnliches versuche, es eigentlich kein Problem sein sollte. Solange es nicht wehtut.

KämpferherzenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt