Miles' kompletter Oberkörper wippt im Takt der Musik. Gähnend beobachte ich, wie er hochkonzentriert ein Schlagzeugsolo mit seinen Fingern auf dem Lenkrad nachahmt. Chester Benningtons Stimme verstummt und Miles grinst mich von der Seite an.
"Im nächsten Leben werde ich Musiker", meint er und biegt auf den Parkplatz meiner Highschool ein. Gespielt verdrehe ich die Augen und schnalle mich ab.
"Wenn du einen Rekord mit dem erfolglosesten Album aufstellen willst, bitte", feixe ich und weiche kichernd dem Ellenbogen von meinem Bruder aus, den er mir in die Seite stoßen wollte. Mit einem Rucken bleibt sein Auto stehen. Ich seufze laut, als ich das große Gebäude vor uns sehe.
Die letzte Nacht war schlaflos. Die ganze Zeit geisterten die Worte von Easton in meinem Kopf umher. Immer dann, wenn der Schlaf kurz davor war, mich zu überrollen, spukte eine neue Aussage in meinen Gedanken herum und ließ mich wieder grübeln. Schlussendlich quälte ich mich um sechs Uhr aus dem Bett und habe bereits jetzt eine halbe Kanne Kaffee intus. Dabei mag ich Kaffee nicht einmal. Wirklich wacher bin ich ehrlich gesagt auch nicht.
Eigentlich wollte ich Vince anrufen und mit ihm darüber reden. Obwohl mich Easton darum gebeten hat, ihm nichts davon zu sagen. Nachdem er nicht ans Handy ging, überzeugte ich mich auch davon, dass es besser ist, wenn Vince nichts davon weiß.
"Erde an Judy?"
Ich zucke zusammen, als Miles wild mit seinen Händen vor seinem Gesicht herumfuchtelt.
"Du musst aussteigen, um da rein zu kommen", erklärt er mich und lacht leise. Ich verdrehe die Augen, öffne die Autotür und zucke bei der kalten Novemberluft, die mich empfängt, zusammen.
"Bis später", verabschiedet sich mein Bruder, bevor er davonbraust und sich selbst auf den Weg zur Uni begibt. Erneut gähne ich und blicke dem alten, grünen Jeep meines Bruders hinterher. Wie gern wäre ich jetzt daheim in meinem Bett.
Ich hefte meinen Blick auf die groben Pflastersteine unter mir und begebe mich auf den Weg in die große Eingangshalle. Vereinzelt stehen Grüppchen beisammen und quatschen, die meisten Schüler strömen allerdings in das viel wärmere Innere. Ich ziehe automatisch meine Schultern nach oben und begebe mich auf den direkten Weg zu meinem Spind. Die Geräuschkulisse in der Eingangshalle ist wie immer enorm und durch die hohen Decken überschlagen sich die einzelnen Stimmen. Ziemlich unangenehm, wenn man mich fragt.
Erneut gähne ich, als ich in den viel ruhigeren Seitenflur einbiege. Blaue Spinde säumen die Wände, auf einigen ist unser Schulbär abgedruckt. Meine Stimmung bessert sich, als ich Valery und Aly vor meinem Spind warten sehe.
Aly grinst mir schon von weitem zu und winkt, als sie mich entdeckt.
"Guten Morgen", begrüße ich die beiden und zwinge mich zu lächeln. Aly erwidert es, während Val nur knapp nickt. Ziemlich untypisch für sie. Normalerweise sprudelt sie am Morgen nur so vor überschüssiger Energie.
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Kämpferherzen
General Fiction"Ich kann dir nicht versprechen, dass ich all deine Probleme lösen kann. Aber ich kann dir versprechen, dass du nicht alleine kämpfen musst." ___ Ich glaube nicht an Schicksal. Ich glaube nicht daran, dass unser Leben vorprogrammiert wird, sobald wi...