Kapitel 4

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Amber PoV.

Der Morgen ist ein bisschen stressig gewesen. Hailey und ich haben verschlafen, sodass es echt sehr knapp war. So schnell sind wir noch nie zum Kindergarten gelaufen. Obwohl es eigentlich nicht so schlimm ist. Hailey hätte den Anfang des Frühstücks verpasst. Aber weil ich sehr darauf achte unseren Zeitplan einzuhalten, ist es dennoch ärgerlich.

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Gerade hat Chiara Feierabend gemacht. Damit sie mich nicht von zuhause abholen muss, bin ich ihr entgegenkommen und zu ihr ins Café gelaufen. Immerhin habe ich nichts besseres zu tun. Da tut es mir ganz gut mich ein bisschen zu bewegen. Auch wenn mein Rücken das nicht so sieht. Und am Ende einsehen muss, dass die Idee nicht unbedingt die Beste war.

Jetzt sind wir auf dem Weg Richtung Kindergarten, um Hailey abzuholen. Dadurch das Chiara ein Auto hat, müssen wir nicht laufen. Worüber ich mehr als froh bin. Denn jeder weitere Schritt ist anstrengend. Ich selbst habe noch keinen Führerschein, denn dafür fehlt mir einfach das nötige Geld. „Bist du aufgeregt?", kommt es vom Fahrersitz. „Eigentlich nicht. Ich habe es ja schon oft in letzter Zeit erlebt. Ich bin einfach froh, wenn dieser Termin vorbei ist. Ich bin es schon leid. Dabei hat es gerade erst angefangen.", fange ich an.

„Mich nervt diese eingeschränkte Beweglichkeit, dass ich kaum noch auf dem Rücken schlafen kann und die fehlende Nähe zu Hailey. Früher habe ich sie oft auf den Arm genommen, wenn sie traurig war oder wir irgendwo hingegangen sind. Aber mit meinen Rücken geht das nicht. Ich glaube auch, dass Hailey sich deshalb ein bisschen allein gelassen fühlt. Auch wenn das nicht meine Absicht ist, kann ich es nicht verhindern.", seufze ich niedergeschlagen.

„Es ist alles gut Amber. Mach dir nicht so viele Gedanken. Du musst einfach ein bisschen Geduld haben. Deine OP ist erst zwei Monate her und du bist erst seit einer Woche wieder zuhause. Hailey versteht das und liebt dich trotzdem abgöttisch. Sie freut sich, wenn es dir gut geht. Mehr will sie doch gar nicht." „Du hast vermutlich recht. Aber trotzdem mache ich mir Gedanken darüber und sie tut mir leid. Ich weiß auch ehrlich nicht, wie ich das jemals wieder gut machen soll." „Du musst nichts wiedergutmachen. Du hast sie damals nicht im Stich gelassen, als das mit euren Eltern passiert ist."

„Das hätte ich auch niemals. Nie in meinem ganzen Leben, würde ich sie allein lassen.", unterbreche ich Chiara. „Das weiß ich. Das weiß jeder der dich kennt. Und auch Hailey weiß das. Auch wenn sie erst vier ist. Sie versteht mehr, als wir vielleicht denken.", redet sie mir ins Gewissen. „Du kannst so stolz auf dich sein. Das kannst du mir glauben." Ich weiß nicht was ich darauf antworten soll, deshalb sage ich nichts weiter, sodass die restliche Zeit der Fahrt still verläuft. Sowohl Chiara als auch ich hängen unseren eigenen Gedanken nach.

Am Kindergarten angekommen ist es kurz nach 4 Uhr nachmittags. Wir laufen in das Gebäude rein und müssen wieder die vielen Treppen nach oben. Während Chiara locker-flockig nach oben läuft, schleiche ich gefühlt hinter ihr her. Aber nur so lange bis ich ein heftiges Ziehen im Rücken spüre. Dieser starke Schmerz veranlasst mich dazu das Geländer zu umklammern. „Was ist los?", kommt eine geschockte Chiara auf mich zu. „Nichts. Wirklich. Mein Rücken hat nur leicht gezogen."
„Sicher?" „Ja. Ganz sicher.", versuche ich sie zu beruhigen.

„Kannst du weiter gehen oder soll ich sie allein holen?" „Nein. Ich habe mir geschworen, niemals zuzulassen, dass jemand anderes sie allein abholt." „Na dann auf in den Kampf." Während des weiteren Weges stützt sie mich, bis wir an der Gruppentür ankommen. Heute klopft meine Freundin an der Tür und öffnet diese. „Ah Ms. Miller heute kommen sie in Begleitung.", begrüßt die Erzieherin uns. „Ja. Das ist wohl wahr."
„Wie schön. Ich schau mal wo Hailey ist." „In Ordnung.", bedanke ich mich bei ihr.

Es dauert nur zwei Minuten, bis Hailey auf uns zu gerannt kommt. So wie auch gestern schlingt sie sofort ihre kurzen Arme um meine Oberschenkel. „Hallo mein Schatz. Wie war dein Tag?" „Sehr schön.", antwortet sie mir. Danach drückt sie mir einen Kuss auf den Bauch. „Wie geht es dir Mummy?", will sie von unten wissen. „Sehr gut mein Schatz." „Dann ist ja gut.", wirkt sie erleichtert. Wobei ich nicht genau weiß, warum. Woher weiß sie, dass etwas nicht stimmt? Ist es so offensichtlich oder woher kommt das?

Die Erzieherin bringt mir Liste und Stift, wo ich Hailey austragen muss. Danach verabschieden wir uns und gehen zu den Garderoben. Dort zieht meine kleine Schwester mithilfe von Chiara ihre Jacke an. Komplett angezogen verlassen wir das Gebäude. Davor bleibe ich stehen und wende mich an Hailey. „Wir fahren noch nicht nachhause. Ich habe noch einen Termin und ich möchte, dass du und Chiara mitkommen.", offenbare ich ihr unser Vorhaben. „Ist es was Schlimmes?", klingt sie alarmiert. „Nein meine Maus. Es ist nichts Schlimmes."
„Okay. Dann bin ich einverstanden."

*******

Auf dem Parkplatz des Krankenhauses helfe ich Hailey aus dem Auto zu kommen. Als das erledigt ist, betreten wir das Gebäude. Meine kleine Schwester klammert sich an meiner Hand fest. Ihr ängstlicher Blick wandert durch den ganzen Raum, weshalb ich mir ehrlich Sorgen um sie mache. Ist es vielleicht doch keine gute Idee gewesen sie mit herzubringen? Im Wartezimmer setzen Chiara und ich uns auf zwei nebeneinanderstehende Stühle.

Hailey ziehe ich zu mir heran, drehe sie mit dem Gesicht zu mir und hebe sie behutsam auf meinen Schoß. Dann nehme ich ihr Gesicht in meine Hände. „Ist alles okay mein Schatz?" „Ja. Mir geht's gut. Ich finde es ein bisschen gruselig. Die ganzen Leute und die komischen Bilder." „Möchtest du wieder gehen?" „Warum sind wir hier?" „Ich habe einen Termin und damit du nicht so lange im Kindergarten bleiben musst habe ich dich mitgenommen. Aber wenn es dir nicht gefällt, geht Chiara mit dir nach draußen." Mit ihren Augen sieht sie mich liebevoll an. „Ich lass dich nicht allein. Ich bleibe hier.", gibt sie mit solch einer Entschlossenheit von sich, dass mich das selbst sehr überrascht.

Während wir warten, lehnt Hailey sich an meine Brust. Mit ihrem Blick scannt sie die Umgebung ab. Immer wenn ein Arzt in einem weißen Kittel über den Flur läuft, drückt sie sich noch näher an mich heran. Trotz ihres Unwohlseins spielt sie abwesend mit ihrer kleinen Hand in meinen Haaren. Zeitgleich dazu kraule ich mit meinen Fingern ihren Hinterkopf. Das gehört zu einem der Dinge, die sie liebt.
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Neues Kapitel.

Und danke für die viele positive Rückmeldung für die letzten Kapitel :)

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