Chiara PoV.
Besorgt betrachte ich Hailey. Vor gut 3 Minuten ist sie auf meinem Schoß eingeschlafen. Das gibt mir Zeit über diese verzwickte Situation nachzudenken. Ich muss so schnell wie möglich versuchen Amber da rauszuholen. Das Problem ist, ich habe nicht die leiseste Ahnung, wo sie sich gerade aufhält. Was ich aber weiß ist, dass es schnell gehen muss. Sie ist gerade erst von der Reha gekommen. Wer weiß, was sie dort mit ihr machen? Und sie werden garantiert keine Rücksicht auf ihren Rücken nehmen.
„Wir müssen sie schnell finden, Ash?", spreche ich meine Gedanken aus. „Ich weiß. Aber das kann ein paar Tage oder sogar Wochen dauern.", erwidert er leise. „So lange haben wir aber keine Zeit.", schreie ich hysterisch. „Wieso?", fragt mein Bruder verständlicherweise. „Sie ist gerade erst, nach ihrem Unfall, aus der Reha wieder gekommen. Deshalb war ich die letzten beiden Monate so gut wie nie zuhause." erkläre ich ihm.
Ash schaut mich mit großen Augen an und fragt ungläubig, „Was?". „Als ob du das nicht mitbekommen hast?" „Ehm... Okay?", atmet er schwer aus. „Was hat Hailey dir genau erzählt? Haben die Leute, die sie mitgenommen haben, irgendwas gesagt?" „Nicht mehr, als sie vorhin erzählt hat. Mehr weiß ich auch nicht.", schaut er mich entschuldigend an. „Hailey sagte, sie wird viel Geld bringen. Was meint sie damit? Was glaubst du, was das heißt?", frage ich ihn in der Hoffnung, dass er mir eine brauchbare Antwort geben kann.
„Ich habe keine Ahnung.", schüttelt Ash den Kopf. „Die Frage, die wir uns wirklich stellen müssen, ist wofür man gutaussehen muss und es eine Neben-
rolle spielt, wenn man verletzt ist.", fügt er hinzu. So wie es sich anhört, hat er eine Vermutung. Und ich glaube, diese wird mir nicht im Geringsten gefallen. „Wovon sprichst du? Was geht in deinem Kopf vor Ash. Bitte, wenn du eine Idee hast, dann sag es einfach.", flehe ich ihn regelrecht an.Mein Bruder zögert lange, bevor er antwortet, „Mir fällt nur ein einziger Beruf ein, indem all das zutrifft, was ich gerade gesagt habe. Und eigentlich ist es unmöglich sie da wieder rauszuholen.". Bei seinen Worten sackt mir mein Herz in die Hose. Das kann ich nicht zulassen. Egal von was er spricht, ich muss sie da rausholen. „Welcher?", flüstere ich. „Prostituierte, Chiara." „Nein.", schlage ich mir meine Hand vollkommen fassungslos vor den Mund.
„Doch Chiara. Es gibt immer irgend-
welche Leute, die es anmacht mit Leuten zu schlafen, die zu schwach sind, um sich zu wehren. Jeder hat andere Vorlieben. Und es gibt genug Perverse auf dieser Welt." „Nein, nein, nein.", rufe ich geschockt. Er antwortet mir nicht. Deshalb weiß ich, dass diskutieren nichts mehr bringt. Es ist die pure, bittere Wahrheit. „Was machen wir jetzt?", will ich von ihm wissen. „Ich weiß es ehrlichgesagt auch nicht.", berichtet er mir betroffen.Vorsichtig nehme ich meine linke Hand von Haileys Haaren. Dann vergrabe ich meinen Kopf in meinen Händen. Verzweiflung macht sich breit. Wir brauchen einen Plan. Dringend! „Soll ich uns was zu essen machen?", kommt es von der Seite. Eigentlich habe ich keinen Hunger, aber er würde mich sonst sowieso dazu zwingen. Deshalb lautet meine Antwort, „Das wäre nett.". „Was isst die Kleine?", will er wissen. „Eigentlich alles. Jedenfalls wo kein Ketchup und Mayo drauf oder drin ist."
„Ich weiß.", lächelt er. „Das habe ich vorhin auch schon gemerkt. Sie wollte keine Pommes mit irgendwas drauf."
„Das klingt nach ihr." „Isst sie Nudeln mit Tomatensoße?" „Ja. Solange du keinen Ketchup rein machst." „Und was soll ich dann rein machen?" „Passierte Tomaten. Die stehen im Küchen-
schrank. Unten bei den Konserven.", antworte ich Ash. „Okay. Dann mach ich Nudeln. Ich sag Bescheid, wenn es fertig ist.", bietet er an. „Danke.", lächle ich schwach. In solchen Momenten bin ich sehr froh, dass mein Bruder und ich so ein gutes Verhältnis zueinander haben. Und es ist wirklich vorteilhaft, dass er gut kochen kann. Denn ich kann euch garantieren, dass das nicht gerade zu meinen Stärken gehört.Nachdem mein Bruder den Raum verlassen hat, gehe ich meinen Gedanken nach. Verzweifelt versuche ich eine brauchbare Lösung zu finden. Wie soll ich sie denn da rausholen? Keine Ahnung wie viel Zeit vergangen ist, aber plötzlich steht Ash wieder vor mir. „Das Essen wäre fertig." „In Ordnung." Sanft streiche ich Hailey die Haare aus dem Gesicht. Es scheint sie zu kitzeln, da sie kurze Zeit später die Augen aufschlägt. „Hast du Hunger, Prinzessin?" Schwach nickt sie, während sie sich ihre müden Augen reibt. „Na dann komm." Ich helfe ihr vom Sofa aufzustehen.
Wir folgen meinem Bruder in die Küche. Ash hebt die Kleine auf den Hocker des hohen Tisches. Als wir alle sitzen, beginne ich Essen auf unsere Teller zu verteilen. „Lasst es euch schmecken.", sagt Ashton. „Danke.", kommt es gleichzeitig von Hailey und mir. „Was möchtest du trinken?", frage ich die Kleine. „Hast du Saft?", schaut sie mich mit einem Welpenblick an. „Ja. Haben wir.", kommt es von meinem Bruder. Ohne Aufforderung steht er auf und holt den besagten Saft. Zurück am Tisch macht er Haileys Glas voll. „Danke.", erwidert sie schüchtern.
Nach dem Essen räumen wir zu dritt die Küche auf. Dann setzen wir uns aufs Sofa und schauen zusammen noch einen Kinderfilm. Um zehn beschließe ich, dass es höchste Zeit für Hailey ist ins Bett zu gehen. Sie hat eh schon große Mühe ihre Augen offen zu halten. Mit Ash wechsle ich einen Blick, bevor ich mit Hailey rede. „Ich glaube es ist Zeit fürs Bett. Was meinst du Prinzessin?", streiche ich durch ihre Haare. Schwach schüttelt sie mit dem Kopf, „Nein. Ich bin gar nicht müde.".
„Doch meine Kleine. Es ist schon spät.", versuche ich sie zu überzeugen. Sie schmollt, dennoch stimmt sie zu. „Na gut. Darf ich aber hier bei euch schlafen?" „Natürlich. Du schläfst nicht bei euch zuhause. Du bleibst hier." Erleichtert amtet sie auf. „Na dann auf geht's.", stehe ich auf und hebe sie auf meine Arme. Mit ihr zusammen laufe ich ins Badezimmer. Dort setze ich die Kleine ab. „Gehst du auf die Toilette, während ich dir eine Zahnbürste suche." „Ja.", antwortet sie müde.
Glücklicherweise finde ich noch eine Zahnbürste im hinteren Teil des Schranks, gleich neben den Kondom-
vorräten meines Bruders. Als ich die Klospülung höre, drehe ich mich wieder zu dem kleinen Mädchen um. „Komm her Prinzessin.", fordere ich sie auf und gebe ihr die Zahnbürste. Ich setze mich auf den Wannenrand und hebe Hailey auf meinen Schoß. Dann putzt sie mit meiner Hilfe ihre Zähne. Fertig mit putzen, hebe ich sie wieder hoch, damit sie ans Waschbecken rankommt. Ich behalte sie gleich auf dem Arm, trage sie in mein Zimmer und setze sie auf meinem großen Bett ab.„Ziehst du deine Hose und deinen Pullover aus. Ich habe nichts passendes für dich zum Anziehen. Außer ein T-Shirt von mir? Willst du eins haben?" Ihre Augen fangen an zu leuchten. „Ich wollte schon immer mal deine Sachen anziehen." „Das ist aber süß meine Prinzessin.", drücke ich ihr einen Kuss auf jede Wange. Dann laufe ich zu meinem Kleiderschrank und suche das kleinste T-Shirt, was ich habe, heraus. Mit diesem gehe ich zum Bett zurück.
Ich helfe ihr beim Ausziehen und dabei das immer noch viel zu große T-Shirt von mir anzuziehen. Fertig damit legt sie sich in die Kissen. Ich decke sie zu, setze mich nochmal auf die Bettkante und streiche ihr ein paar Haarsträhnen aus dem Gesicht. „Wann kommt Mummy wieder?", stellt sie die Frage, die ich schon eher erwartet habe. „Bald mein Schatz. Sie hat dich nicht allein gelassen. Das darfst du nie vergessen. Amber ist bald wieder bei dir." Schwach und müde nickt sie.
„Du versuchst jetzt zu schlafen. Wenn was ist, kommst du wieder rüber."
„Muss ich allein hier schlafen?" „Ich komme nachher her und schlaf mit bei dir. Aber ich möchte nochmal mit meinem Bruder reden. Ist das in Ordnung?" „Ja. Kannst du aber bitte ein Licht anlassen?" „Natürlich mein Schatz. Und jetzt versuch etwas zu schlafen. Der Tag heute war sehr anstrengend." Ich gebe ihr noch einen Kuss auf die Stirn und stehe langsam vom Bett auf. Meine Nachttischlampe schalte ich ein, dimme aber das Licht ab. Dann verlasse ich auf leisen Sohlen mein Zimmer.
_________________________________________
Heute gibt es auch endlich mal ein neues Kapitel hier.
Es tut mir leid, dass ihr solange warten musstet.
DU LIEST GERADE
Amber
RomanceWas ist, wenn ein einziger Tag dein gesamtes Leben verändert. Das erfährt Amber am eigenen Leib. Eigentlich sahen ihre Pläne für die Zukunft anders aus. Doch auch wegen ihrer kleinen Schwester versucht sie alles dranzusetzen, ihr vorheriges Leben w...