Kapitel 11

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Chiara PoV.

Vor Hailey hockend, ziehe ich vorsichtig ihre Hände von ihrem Gesicht weg. Über ihre Wangen laufen dicke Tränen. Mir hätte klar sein müssen, dass sie alles mitanhört und nicht einfach Paw Patrol schaut. Während Ashton sich auf der Couch niederlässt, versuche ich das weinende Mädchen erst einmal zu beruhigen. „Sieh mich an Prinzessin.", sage ich sanft. Langsam richten sich ihre grünen Augen auf mich. „Wir finden deine Mummy. Das verspreche ich dir. Ihr wird nichts passieren. Aber du musst jetzt stark bleiben und aufhören zu weinen. Amber wäre gar nicht glücklich dich so zu sehen. Versuchst du es für deine Mum?"

Sie zieht ihre Nase hoch und antwortet tapfer, „Ich werde sie nicht enttäuschen. Mummy soll stolz auf mich sein.". „So ist es gut. Jetzt warten wir, was Grayson rausfindet und dann können wir uns einen Plan überlegen."
„Okay.", stimmt sie zu. Nachdem ihre Tränen versiegt sind, setze ich mich neben sie auf das Sofa. Hailey klettert sogleich auf meinen Schoß und lehnt ihren Kopf an meine Brust. Beruhigend kraule ich ihren Rücken, während mein Kopf auf ihrem ruht.

Ungefähr 5 Minuten später kommt Grayson ins Wohnzimmer geschlendert. Er lässt sich in den Sessel neben dem Sofa fallen. „Ich habe jetzt mit einem Kumpel geredet. Der meinte aber, wenn ich ein Mädchen auf einer Auktion finden will, brauchen wir den Namen des Veranstalters. Es finden jeden Tag gut zehn, fünfzehn Auktionen statt."
„Das heißt jetzt was?", will ich von ihm wissen. „Ohne einen Namen ist es selbst für mich ein Ding der Unmöglichkeit ihre Mum so schnell zu finden.", deutet er auf Hailey.

Diese dreht ihren Kopf in Graysons Richtung und sieht ihn eingeschüchtert an. Sein Blick ruht ebenfalls auf ihr. Hailey schaut mich von unten an. „Ist er wirklich nett? Er sieht nicht so aus.", fragt sie mich so leise, dass die anderen beiden es nicht hören können. „Ja. Er ist nett.", antworte ich genauso leise, wobei ich mir ein Lächeln verkneifen muss. Dann dreht das kleine Mädchen ihren Kopf wieder in Graysons Richtung. Schüchtern fängt sie an zu sprechen, „Die beiden Männer haben einen Namen gesagt. Ich weiß ihn aber nicht mehr genau. Das Einzige was ich noch weiß ist, dass der Name mit Hu anfing.", senkt sie beschämt ihren Blick.

Daran habe ich überhaupt nicht mehr gedacht. Hailey meinte gestern doch zu uns, dass es einen Namen gab. Wieso bin ich nicht eher darauf gekommen. Ashton sieht auch so aus, als ob er sich gerade wieder an unser Gespräch von gestern erinnert. Währenddessen horcht Grayson auf. „Du bist dir sicher, dass der Name mit Hu anfing?", will er von dem Kind wissen. Statt zu antworten nickt sie nur eifrig. Eigentlich ist sie nie so schüchtern. Weder bei Bekannten noch bei Fremden.

„Wenn der Name wirklich mit Hu anfängt, können wir viele schon mal ausschließen. Der Einzige, der mir in dieser Szene noch einfällt, ist Hudson." Haileys Augen werden groß und sie fängt an auf meinem Schoß herumzuzappeln. „Das ist der Name. Ich bin mir sicher, so hieß der Mann.", freut sie sich. „Wenn du dir sicher bist, dann sind wir dem ganzen schon mal ein ganzes Stück nähergekommen.", fügt Grayson ruhig hinzu. „Meinst du, DEN Hudson Garcia?", will mein Bruder wissen.

„Jap.", zuckt sein bester Freund mir nichts dir nichts mit den Schultern. Verwundert sehe ich Ash an. „Woher kennst du diesen Typen?" „Ich habe mal einen Gerichtsprozess gegen ihn geführt.", sagt er. „Ja natürlich.", schlägt er sich an die Stirn. „In diesem Gerichtsprozess habe ich ein Mädchen vertreten. Sie war in ungefähr deinem Alter. Es ging darum, dass sie von ihm gezwungen wurde mit anderen Männern... Du weißt schon.", deutet er auf Hailey.

Ich weiß was er meinte. Sie musste mit fremden Männern schlafen. So wie Amber wahrscheinlich auch, wenn wir uns nicht beeilen sie zu finden. „Hast du den Prozess gewonnen?", frage ich hoffnungsvoll. „Gegen Hudson kann man nicht gewinnen. Er hat überall seine Finger mit drin. Das ist unmöglich.", kommt es von Grey. „Kommt Mummy nie wieder?", sieht Hailey mich aus glasigen Augen an. „So darfst du nicht denken Hailey. Amber kommt wieder. Das verspreche ich dir Prinzessin."

„Ich würde ihr nichts versprechen, was du nicht halten kannst.", mischt sich der beste Freund meines Bruders ein. „Ich verspreche ihr nichts, was ich nicht halten kann. Für Amber würde ich alles tun, egal was das für Konsequenzen für mich hat.", antworte ich, ohne zu zögern. „Bist du verrückt?"
, schnauzt mein Bruder mich an. „Nein. Bin ich nicht. Und wenn mir keiner hilft, mach ich es halt allein. Schönen Tag euch noch."

Mit diesen Worten stehe ich auf und laufe mit Hailey auf meinem Arm in mein Schlafzimmer. Dort lasse ich sie auf dem Bett runter und reiche dem Mädchen ihre Sachen von gestern. „Wir ziehen uns jetzt beide um. Danach fahren wir zu euch nachhause und holen ein paar Sachen von dir und auch von deiner Mum. Also Beeilung.", fordere ich die Kleine auf.

Eine viertel Stunde später sind wir beide umgezogen. Im Flur ziehen wir uns noch Jacke und Schuhe über. Dann schnappe ich mir noch meinen Schlüssel von der Kommode und nehme Hails wieder auf den Arm. Die Stimmen von Ash und Grayson höre ich noch immer im Wohnzimmer. Wahrscheinlich haben sie das von vorhin schon wieder vergessen und zocken noch eine Runde was auch immer. Hinter mir fällt die Tür ins Schloss. So laut, dass die anderen beiden es hören müssen. Aber wahrscheinlich ist es ihnen eh egal.

Glücklicherweise habe ich Haileys Kindersitz noch in meinem Auto, sodass es eigentlich keine Probleme gibt. Das kleine Mädchen schnalle ich auf der Rückbank an, bevor ich aus der Tiefgarage fahre. Der Straßenverkehr ist zu der Tageszeit nicht mehr ganz so stark, was heißt, dass wir nicht allzu lange bis zu Ambers Wohnung brauchen. Gegenüber von dem Gebäude parke ich. Dann helfe ich der Kleinen aus dem Auto zu steigen. Mit ihr an der Hand überquere ich die breite Straße.

Im Haus angekommen, fahren wir mit dem Aufzug nach oben. In dieser Situation bin ich sehr froh, dass Amber mir ihren Zweitschlüssel gegeben hat. Sonst müsste ich jetzt den Hausvermieter anrufen und fragen, ob er mir die Wohnung aufschließen kann. Das fällt zum Glück weg.
In der Wohnung sieht es noch genauso aus, wie als ich sie das letzte Mal besucht habe. Alles steht unverändert an seinem Platz und auch das Küchenfenster ist noch angekippt.

Zusammen mit Hailey laufe ich in ihr Zimmer. Dort hole ich vom Schrank eine Reisetasche. In diese packe ich warme Kleidung passend für die Winterjahreszeit. Unterdessen sucht sich die Kleine ein paar Spielsachen raus. Als ich mit Haileys Sachen fertig bin, begebe ich mich in Ambers Zimmer. Dort packe ich ebenfalls eine Tasche. Auch hier nehme ich nur das Nötigste mit. Inklusive ihrem Stützgürtel. Dieser hängt nämlich noch über ihrem Sessel. Was meine Horrorszenarien nur noch weiter anfacht.

Fertig damit Ambers Tasche zu packen, sehe ich nach wo Hailey ist. Im Wohnzimmer finde ich sie schließlich. Ihr Spielzeug hat sie bereits in einen kleinen pinken Rucksack verstaut. Vorne drauf ist Sky von Paw Patrol abgebildet. Bevor wir allerdings die Wohnung verlassen, schaue ich überall nochmal nach, ob alle technischen Geräte aus und auch die restlichen Fenster geschlossen sind. Dann fahren wir zur Wohnung meines Bruders und mir zurück.
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Heute gibt es mal wieder ein neues Kapitel.

Ich hoffe es gefällt euch.

LG lenlavie

AmberWo Geschichten leben. Entdecke jetzt