Kapitel 7

134 9 0
                                    

Ashton PoV.

Ich bin gerade auf dem Weg nachhause. Dabei fahre ich, wie jeden Tag an dem großen Park in der Gegend unserer Wohnung vorbei. Auf einem Parkplatz davor halte ich an, um mir noch eine Kleinigkeit zu essen zu holen. In der Nähe des Pommes Stands sehe ich ein kleines Mädchen mit hellbraunen Haaren, weinend durch die Gegend laufen. Irgendwie wirkt sie vollkommen verloren in diesem riesigen Park. Vielleicht hat sie ihre Eltern aus den Augen verloren oder sich verlaufen.

Ich mache mich auf den Weg zu ihr. Vorsichtig nähere ich mich der Kleinen. Sie scheint mich nicht mitzube-
kommen. Jedenfalls nicht, bevor ich mich einmal geräuspert habe. Mit verschrecktem Ausdruck sieht sie mich aus stechend grünen Augen an und weicht einen großen Schritt zurück. Weil ich ihr keine Angst machen will, hocke ich mich hin, um ungefähr auf ihrer Höhe zu sein. Mit ruhiger Stimme stelle ich ihr eine Frage. „Wie heißt du denn?" „Hailey.", kommt es zögerlich nach einer längeren Pause, in der sie mich aufmerksam mustert. Ich halte ihr meine Hand hin. Auch hier dauert es etwas, bis sie diese ergreift. „Ich bin Ashton. Schön dich kennenzulernen." Von ihr kommt nur ein Nicken.

„Was machst du hier so allein?", versuche ich zu ergründen, warum sie weint. Bevor sie antwortet, schnieft sie einmal. „Meine Mummy ist...", bricht sie ihren Satz ab. „Was ist mit deiner Mum?" „Sie wurde mitgenommen."
„Von wem?", will ich wissen. „Von zwei großen Männern." „Wohin haben sie sie mitgenommen?" Das kleine Mädchen zuckt mit den Schultern. „Das haben sie nicht gesagt. Sie meinten nur, dass sie viel Geld machen wird. Ich habe Angst."
„Das verstehe ich. Du kommst jetzt erstmal mit mir mit. Wir gehen zu mir nachhause und dann überlegen wir uns etwas. In Ordnung?", will ich wissen.

Jetzt schüttelt sie den Kopf. „Mummy sagt immer ich darf nicht mit Fremden mitgehen." „Deine Mum wäre aber gar nicht froh, dass du ganz allein hier bist und jeder dich mitnehmen könnte.", versuche ich sie zu überzeugen. „Du willst das ja auch." „Das stimmt. Aber ich kann dir sagen, dass ich zu den Guten gehöre. Außerdem wartet zuhause meine Schwester auf mich. Das ist die Wahrheit." Immer noch zögert die Kleine. Verständlicherweise.

„Möchtest du Pommes?", biete ich an. „Ich weiß nicht." „Na los. Nimm dir welche.", fordere ich Hailey auf. „Na gut." Dann greift sie vorsichtig nach einer Pommes, auf der weder Ketchup noch Mayo ist. „Magst du keinen Ketchup und keine Mayo?" „Nein. Das schmeckt mir nicht." „Wirklich?", kommt es ungläubig von mir. „Ja." „Mit was ist du denn sonst immer deine Pommes?" „Ohne irgendwas. Dadurch wird der Geschmack nicht verfälscht."
„Wow.", sage ich wahrlich beeindruckt von ihrer Einstellung. Daraufhin sieht das Mädchen mich unsicher an.

„Was ist jetzt. Kommst du mit oder willst du allein im Park bleiben?", hake ich nochmals nach. „Aber du lügst auch wirklich nicht?" „Wirklich nicht. Großes Indianerehrenwort.", dabei hebe ich meine rechte Hand. „Gut. Dann gehe ich mit dir mit.", willigt die Kleine nach längerem Überlegen schließlich ein.

*******

Am Auto angekommen, habe ich die Kleine auf die Rückbank gesetzt und angeschnallt. Ich weiß eigentlich ist das nicht zulässig, aber ich besitze nun mal keinen Kindersitz und nachhause laufen, würde zu lang dauern. Das ist heute wirklich eine Ausnahme. Hauptsache ich werde nicht erwischt. Sonst wäre mein guter Ruf als Anwalt dahin. „Darf ich dich Ash nennen?", kommt eine Frage von hinten. Durch den Rückspiegel sehe ich sie an. „Natürlich. Der Name gefällt mir eh besser als Ashton." „Okay.", erwidert sie, bevor sie wieder aus dem Fenster schaut.

Zehn Minuten später fahre ich in die Tiefgarage unseres Wohnkomplexes, in dem unser Loft liegt. Dort stelle ich mein Auto ab und öffne dem Mädchen, damit sie aussteigen kann, die Tür. Gerade als ich loslaufen will, umfasst eine kleine, warme Hand meine. Sofort sehe ich nach unten. Hailey aber hat nur Augen für das Parkhaus und die protzigen Autos, von welchen es hier nur so wimmelt. Langsam ziehe ich das staunende Mädchen hinter mir her. Als wir die Tiefgarage durchquert haben, fahren wir mit dem Aufzug in die oberste Etage.

Vor mir lasse ich die Kleine eintreten. Hinter uns fällt die Tür wieder ins Schloss. „Das ist wunderschön.", haucht das Mädchen. „Danke. Meine Schwester hat es größtenteils eingerichtet." Gerade als wir von meiner Schwester reden, kommt Chiara in den Flur gelaufen. Wahrscheinlich hat sie die Tür gehört und steht deshalb jetzt vor uns. Gespannt betrachte ich die Reaktion des Mädchens auf meine Schwester. Verwundert muss ich feststellen, dass sie nicht vor ihr zurückweicht, so wie vorhin bei mir.

Ein Blick auf Chiara macht mich stutzig. Sie wirkt irgendwie geschockt. Sofort geht sie vor dem Kind in die Knie. „Hey meine Prinzessin. Was ist passiert?", fragt sie interessiert, während sie dem kleinen Mädchen einige Haarsträhnen zurückstreicht. „Mu...mmy." Hailey fängt sofort wieder an zu weinen. Verwirrt schaut meine Schwester zu mir hoch. „Sie meinte vorhin im Park, wo ich sie gefunden habe, dass ihre Mum von zwei Männern mitgenommen wurde." „Scheiße.", flucht Chiara. „Hailey wir finden deine Mum wieder. Das verspreche ich dir. Weißt du, wo sie hin sind?" Weinend schüttelt das Mädchen ihren Kopf.

„Wir sollten vielleicht erstmal ins Wohnzimmer gehen.", schlage ich vor. Chiara nickt leicht. Behutsam nehme ich die Kleine auf den Arm, um sie ins Wohnzimmer zu tragen. Dort will ich sie gerade in der Mitte der Couch absetzen, als Chiara ihre Arme nach ihr ausstreckt. Sachte gebe ich das kleine Mädchen an meine Schwester weiter. Weil sich die Kleine sofort ankuschelt, wird meine Verwunderung nur noch größer. „Kennt ihr euch?", spreche ich das aus, was mich seit unserer Ankunft hier beschäftigt.

„Das ist Hailey. Die Tochter meiner besten Freundin Amber. Du hast sie auch schon gesehen.", kommt prompt die Antwort. Vage erinnere ich mich an ein Mädchen mit braunen Haaren und grauen Augen. Ein- oder Zweimal ist sie bei uns gewesen. Sonst ist meine Schwester immer zu ihr gegangen. „Jetzt nochmal von vorn. Was genau ist passiert Hailey?", möchte Chiara eine Erklärung. „Mummy und ich waren im Park spazieren. Ihr ging es wieder nicht so gut, deshalb wollte sie raus. Plötzlich kamen zwei Männer, die sie mitgenommen haben. Bevor sie gegangen sind, meinte der eine, dass sie viel Geld machen wird."

„Haben die beiden irgendeinen Namen erwähnt?", hakt sie weiter nach. „Ja. Da war ein Name. Aber ich weiß nicht mehr genau, wie er ging. Irgendwas mit H. Hu..." Verzweifelt schüttelt das kleine Mädchen den Kopf, „Ich weiß es nicht mehr genau. Ich werde Mummy nie wieder sehen." „Sag sowas nicht mein Schatz. Wir finden sie wieder, dass verspreche ich dir.", drückt ihr Chiara einen Kuss auf die Stirn. „Gib mir mal bitte die Decke!", richtet Chiara ihr Gesagtes an mich.

Ohne zu zögern, komme ich ihrer Aufforderung nach. Hailey hebt sie von ihrem Schoß und legt sie in die Mitte von uns, mit dem Kopf auf ihre Beine. Danach breitet sie die viel zu große Decke über ihr aus. Beruhigend streichelt sie dem Kind über den Kopf, „Versuch dich ein bisschen auszuruhen. Ashton und ich überlegen uns was.". „Er heißt Ash.", kommt es müde von der Kleinen.

„Richtig er heißt Ash. Trotzdem versuchst du jetzt zu schlafen und wenn du wieder aufwachst, sieht die Welt schon wieder anders aus.", macht Chiara dem Kind falsche Hoffnungen. „Okay.", murmelt die Kleine und schließt ihre Augen. Ihr Atem wird immer gleichmäßiger und es dauert nicht lange, bis sie eingeschlafen ist.
_________________________________________
Heute gibt es auch hier ein neues Kapitel.

Ich hoffe es gefällt euch.

AmberWo Geschichten leben. Entdecke jetzt