Kapitel 16

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Grayson PoV.

Nachdem ich wertvolle Zeit damit verschwendet habe nach Hudson zu suchen, finde ich ihn schließlich in der zweiten Etage der Lagerhalle in einem heruntergekommenen Büro sitzen. Wegen der spärlichen Möblierung gehe ich davon aus, dass dieser Raum normalerweise verlassen ist. Es erweckt jedenfalls den Eindruck. „Grayson alter Freund. Lang ist es her.", fängt er an zu sprechen. „Ja.", kommt es nüchtern und kurzangebunden von mir. „Ich war sehr überrascht, als ich deinen Namen auf der Gästeliste gesehen habe. Du bist doch sonst nicht mehr auf solchen Veranstaltungen. Also was führt dich hierher? Was ist der Grund für deinen Besuch?", drängt er mich zu antworten. „Ich will dieses Mädchen aus dem Keller haben.", sage ich geradeheraus.

„Das hat sich ja schnell rumgesprochen. Wieso?", will Hudson von mir wissen. „In meinem Club gab es in letzter Zeit viele, die mich gefragt haben, ob ich nicht jemanden hätte, der sich nicht wehren kann.", lüge ich ihn an. Er muss nicht alles wissen. Vor allem nicht den richtigen Grund, sonst wird er uns Amber niemals geben. „Mmh. Lass mich kurz darüber nachdenken.", fordert er mich auf. Ich lasse ihm seine Bedenkzeit, sonst kann ich das sofort wieder vergessen. „Ich bin gewillt dir dieses Mädchen zu geben." Na, geht doch. „Natürlich nur wenn der Preis stimmt. Das versteht sich von selbst. Oder was meinst du Grayson? "

Das hätte mir eigentlich schon klar sein sollen. „Was willst du haben?" „Keine Ahnung. Mach mir einen Vorschlag." Das ist hundertprozentig eine Falle. „Sag mir einfach was du willst?", kommt es leicht genervt von mir. „Sag mir was du bereit bist zu zahlen. Sie ist ganz besondere Ware, wenn du verstehst, was ich meine. Ich sage dir ehrlich, weil ich nett bin, dass ich auch einige andere Interessenten für sie habe oder sie selbst behalte. Dein Angebot sollte also durchaus überzeugend sein.", grinst er schelmisch. Dieser Wichser. „Ich geb dir zwanzigtausend für das Mädchen."
„Das ist ein bisschen wenig, meinst du nicht auch."

„Okay. Dreiundzwanzigtausend und ich kann sie gleich mitnehmen." Skeptisch mustert er mich. „Siebenundzwanzig-
tausend. Mein letztes Angebot. Oder du musst sehen, wie du sie losbekommst. Und den Käufer dazu verpflichten regelmäßig mit ihren Verletzungen zum Arzt zu gehen. Sonst ist er sie schneller wieder los, als sie das Geld abgearbeitet hat." Ich weiß das ich hoch pokere, aber eine andere Wahl haben Chiara und ich im Augenblick nicht. „Ich wusste schon immer, dass du ausgezeichnet verhandeln kannst. Meiner Meinung nach hast du dich für den falschen Job entschieden. Du solltest lieber bei mir anfangen. Ich finde bestimmt eine passende Stelle für dich." „Nein danke.", lehne ich sein schmieriges Angebot sogleich ab.

„Was ist jetzt?", werde ich immer ungeduldiger. „Meinetwegen. Du kannst sie mitnehmen. Das Geld will ich aber bis spätestens in zwei Tagen auf meinem Konto haben." „Verstanden."
„Na dann. Du kriegst sie da selbst raus oder muss ich noch mit runter-
kommen?" „Das werde ich wohl gerade noch so schaffen." „Na dann bis zum nächsten Mal mein Freund. Es war schön mit dir Geschäfte zu machen." Bestätigen kann ich das Ganze nicht. „Ich hoffe wir sehen uns nicht allzu bald wieder.", verabschiede ich mich gespielt freundlich von Hudson.

Nach Verlassen des Büros beeile ich mich so schnell wie möglich wieder in den Keller hinunterzukommen. Natürlich funktioniert mein Vorhaben nicht wie geplant. Wann tut es das denn auch mal? Ständig werde ich von verschiedensten Leuten, überwiegend Männern, aufgehalten, die ich noch nie zuvor in meinem Leben gesehen habe. Sie verwickeln mich immer wieder in Gespräche, die mich nicht im Geringsten interessieren. Als meine Geduld sich so langsam dem Ende neigt, verabschiede ich mich höflich von diesen Leuten, um dann schleunigst das Weite zu suchen. Keine Ahnung wie lange ich im Endeffekt von Hudsons Büro bis nach unten brauche. Bestimmt eine halbe Stunde, wenn nicht sogar länger.

Nachdem ich eine gefühlte Ewigkeit später im Keller ankomme, fehlt von Chiara jede Spur. Wo ist sie denn jetzt schon wieder hin? Sie sollte doch hier warten? Suchend blicke ich mich im Keller um. Ihr Verschwinden erklärt sich dann doch recht schnell. Erst traue ich meinen Augen nicht und glaube zu spinnen. Mein Atem stockt, als ich sie entdecke. Was hat sie denn für eine Scheiße angestellt? Statt ihrer Freundin hängt jetzt nämlich Chiara dort. Ihr Kopf ist gesenkt. Würde ihr Körper nicht zittern, könnte man glatt denken, dass sie ohnmächtig ist. Ich stoße zwischen zusammengebissenen Zähnen ein „Fuck!", aus. Was zur Hölle erzähle ich denn ihrem Bruder? Er wird mich eigenhändig umbringen.

Nachdem ich die Situation sacken lassen habe, beeile ich mich in diesen beschissenen Raum zu kommen. Bevor ich diesen allerdings betrete, entledige ich mich meines Jacketts. Welches in irgendeiner staubigen Ecke landet.
Um einschüchternder zu wirken, kremple ich die Ärmel meines Hemdes hoch. Zudem öffne ich noch die obersten Knöpfe. Dann betrete ich den Raum. Diese Typen haben mich bis jetzt noch nicht bemerkt, deshalb räuspere ich mich einmal laut. Leicht überrascht drehen die beiden sich um. „Ab hier übernehme ich Jungs. Ihr könnt gehen.", spreche ich mit autoritärer Stimme.

Ich lasse den beiden gar keine Zeit zum Antworten, sondern spreche sofort weiter. „Oberste Anordnung vom Chef. Ihr seid fertig für heute." Mit meiner Hand deute ich Richtung Tür. Die beiden wechseln noch einen Blick, verlassen dann aber ohne jegliche Widerworte den Raum. Solche Schwachmaten. Sofort laufe ich zu Chiara. Vor ihr stehend bemerke ich, dass sie nur noch Unterwäsche trägt. Sie hat einen Hammer Körper, dass muss man ihr lassen. Okay andere Gedanken Grayson, ermahne ich mich selbst. Im Flur habe ich nicht darauf geachtet, was sie anhat. Oder eben auch nicht mehr anhat. Langsam schaut sie nach oben. „Grayson.", kommt es beinahe tonlos von ihr.

„Was hast du dir dabei gedacht? Ich habe dir verdammt nochmal gesagt, dass du keinen Unsinn machen sollst. Natürlich tust du genau das Gegenteil.", antworte ich ihr schroffer als beabsichtigt. Ihr unüberlegtes Handeln macht mich nun mal wütend und ich glaube sie hört es mir an. „Es tut mir leid.", entschuldigt Chiara sich kleinlaut. „Warum Chiara? Warum hast du das gemacht?", will ich von ihr wissen. „Sie haben angefangen Amber zu schlagen. Das konnte ich nicht zulassen.", gesteht sie mir. Da es in unserer Situation gerade nicht hilfreich ist zu diskutieren, beschließe ich sie damit vorerst in Ruhe zu lassen. ,,Schon gut. Wir sollten uns jetzt lieber darauf konzentrieren hier endlich rauszukommen. Wir reden später darüber."

Ich greife über Chiaras Kopf und löse ihre Hände von dem Haken. Durch den fehlenden Halt an ihren Armen sackt sie sofort zusammen. Bevor sie allerdings zu Boden geht, fange ich sie auf indem ich ihre Taille umgreife. Als Chiara wieder einigermaßen allein stehen kann, entferne ich noch das Seil. Chiara reibt sich über ihre Hand-
gelenke. „Danke."„Kein Problem. Wir sollten trotzdem langsam hier weg. Wo ist dein Kleid?", will ich von ihr wissen. „Hier." Chiara hat es schon längst wieder in der Hand und zwängt sich trotz ihres Rücken hinein. Darum müssen wir uns nachher zuhause kümmern. Hoffentlich ist es nicht allzu schlimm, wobei mir die Striemen was ganz anderes sagen.

So in meinen Gedanken versunken bemerke ich gar nicht, dass Chiara schon bei dem anderen Mädchen ist. Erst jetzt sehe ich zu ihr. Ihre Freundin sitzt zusammengekauert in einer Ecke, während Chiara vor ihr kniet. Ich muss ehrlich zugeben, dass sie verdammt hübsch und vor allem heiß ist. Vorhin musste ich schon schwer schlucken, als ich dieses Mädchen gesehen habe. Sie hat trotz, dass sie immer Narben tragen wird, auch wenn ich mir nicht vorstellen kann, dass sie so schlimm sind, einen ansehnlichen Körper und wirkt dazu noch unschuldig. Vor allem die weiße Unterwäsche unterstreicht meinen Gedanke.

Langsam mache ich mich auf den Weg zu den beiden. Vorher greife ich aber noch nach meinem Jackett. Ich glaube nämlich, dass wir das noch ganz gut gebrauchen können. Hinter Chiara halte ich an und warte auf irgendeine Anweisung ihrerseits.

Wie kommen wir am besten hier wieder heraus? Der Vordereingang wäre zu auffällig. Ob es noch einen Hintereingang gibt? Ich hoffe es mal, sonst könnte das auch noch ein Problem darstellen. Moment! So gesehen gehört dieses Mädchen jetzt mir. Somit kann ich sie auch eigentlich ohne jegliche Fragen hier rausschaffen. Naja, jetzt erstmal abwarten, überlege ich still für mich.
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Heute gibt es mal wieder ein neues Kapitel.

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