Kapitel 18

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Chiara PoV.

Die gesamte Fahrt über schläft Amber. Wahrscheinlich hat sie die letzten Tage kaum geschlafen. Jedenfalls sieht sie so aus. Ihre Haut ist ganz blass und unter ihren Augen zeichnen sich bläuliche Ringe ab. Grayson und ich reden während der Fahrt nicht. Er konzentriert sich voll und ganz auf die Straße vor sich. Worüber ich ehrlichgesagt ganz froh bin, da ich die ganze Situation erstmal verarbeiten muss. Unterdessen lasse ich meine Freundin nicht aus den Augen und bemühe mich dabei eine angenehme Sitzposition zu finden. Denn mein Rücken in diesem Kleid ist die reinste Hölle. Zuhause muss ich unbedingt aus diesem Fummel raus. Glücklicherweise dauert die Fahrt nur 15 Minuten. Die mir in meinem Zustand trotzdem wie Stunden vorkommen.

An unserem Wohnkomplex angekommen, hebt Grayson die schlafende Amber wieder auf seine Arme. Dabei verzieht sie schmerz-
verzehrt ihr Gesicht, schläft aber trotzdem weiter. „Warte mal kurz. Sie hat Schmerzen." Sofort hält er inne und sieht auf sie herunter. „Willst du sie jetzt deswegen wecken?" „Nein. Vielleicht wacht sie von selbst auf. Lass uns erstmal reingehen." Mit diesen Worten setzen wir unseren Weg fort bis hoch zu unserer Wohnung. Vor der Tür schreibe ich Ash schnell eine Nachricht, dass er die Tür aufmachen soll, damit wir die Kleine durch die Klingel nicht wecken.

Nicht mal eine Minute später öffnet sich die Tür. „Ihr habt sie gefunden.", kommt es ungläubig von unserem Gegenüber. „Ja. Sieht ganz so aus.", kommt es leicht genervt von meinem Hintermann, welcher Amber noch immer im Arm hält. „Sorry kommt erstmal rein." „Wo hast du Hailey hingelegt?", will ich wissen. „Bei mir. Ich wusste nicht, wenn ihr sie findet, ob du sie lieber mit zu dir nimmst.", gibt er seine Antwort. „Dann kannst du sie in mein Bett legen.", sage ich halb umgedreht zu dem besten Freund meines Bruders. Er nickt nur, dann gehen wir in mein Zimmer.

Dort legt Grayson Amber auf meinem Queen Size Bett ab. „Kannst du kurz rausgehen? Ich möchte mir was anderes anziehen.", stelle ich ihm eine Frage. „Nein. Wir sollten uns deinen Rücken anschauen. Du kannst dich nicht einfach umziehen und hoffen, dass es von selbst heilt." „Na schön." Ich laufe zu meinem Kleiderschrank und hole mir ein langes T-Shirt und eine Leggings heraus. Dann drehe ich mich wieder um. „Wir sollten ins Bad gehen.", schlägt er vor. „Okay. Dann los."

Im Bad nehme ich auf der Toilette Platz während Grayson hinter mich tritt. Ash steht mit verschränkten Armen an der Tür angelehnt und beobachtet das ganze Geschehen kritisch. Langsam zieht Grayson meinen Reißverschluss herunter. Wahrscheinlich, weil er nicht an meinen Rücken kommen möchte. Mein Bruder atmet laut aus. „Was ist das?" „Das erkläre ich dir nachher. Bitte ich möchte jetzt nicht darüber reden."
„Na schön. Aber ich verarzte meine Schwester und du nimmst gefälligst die Finger von ihr.", fordert er seinen Freund auf.

Mit erhobenen Händen tritt Grayson zurück, „Ich habe gar nichts gemacht.". Als ich mein Kleid selbst herunterziehe, zieht mein Bruder zischend die Luft ein. „Was hast du da an?", fragt er entsetzt. „Ich diskutiere garantiert nicht mit dir, was ich für Unterwäsche trage. Wenn es dir nicht passt, dann lass es halt Grayson machen." „Auf keinen Fall. Das mache ich." Schleunigst holt er zwei Handtücher. Eins davon gibt er mir in die Hand. Das andere legt er mir um die Taille, damit man meinen String nicht mehr sieht. Obwohl das hinfällig ist, da Grayson mich vorhin eh schon in Unterwäsche gesehen hat. Das werde ich meinem Bruder nur ganz sicher nicht unter die Nase reiben.

Dann fahren seine Hände zu dem Verschluss meines BHs, um ihn zu öffnen. Nachdem ich diesen vorne heruntergezogen habe, halte ich das zweite Handtuch vor meine Brust. Es dauert nicht lang, bis mein Bruder meinen Rücken verarztet hat. Zuerst nimmt er ein nasses Handtuch. Mit diesen entfernt er das Blut von meinem Rücken. Aus dem Badschrank holt er Desinfektionsmittel und eine kühlende Salbe, welche Ash mir vorsichtig aufträgt. Als letztes hilft er mir noch mein neues T-Shirt anzuziehen. Dann bin ich fertig.

„Was ist passiert?", will mein Bruder jetzt, nachdem wir wieder in meinem Schlafzimmer stehen, von mir wissen. „Sie haben Amber mit einem stockähnlichen Ding..." „Gerte", verbessert mich Grayson. „Ja. Naja, sie haben meine Freundin mit einer Gerte geschlagen und das konnte ich nicht zulassen. In dem Moment habe ich nicht mehr an mich gedacht. Nur noch an Amber und ihre Verletzung. Deswegen habe ich mich selbst angeboten. Zum Glück haben sie meinen Vorschlag angenommen. Ich will mir gar nicht vorstellen, was die ganzen Schläge vielleicht für sie bedeutet hätten. Es tut mir leid Ash.", weine ich.

„Shh." Nimmt mein Bruder mich in den Arm. „Du musst dich nicht entschuldigen. Ich verstehe das. Aber versprich mir, dass du sowas nicht nochmal machst. Bitte." „Natürlich nicht. Ich verspreche es dir.", schluchze ich an seiner Brust. Beruhigend streicht er mir über den Hinterkopf, während ich mich regelrecht an ihn klammere. „Mhm.", kommt es vom Bett. Amber! Schnell löse ich mich von meinem Bruder und laufe auf das Bett zu. Dort setze ich mich auf die Bettkante, streiche meine Tränen von den Wangen und warte bis sie die Augen aufmacht.

Als sie diese endlich öffnet, flüstere ich, „Amber.". Ihre Augen brauchen kurz, um mich zu finden. „Chiara.", kommt es leise von ihr. „Ich bin hier.", streiche ich ihr ein paar Haare aus dem Gesicht. „Es ist kein Traum?", sagt sie mehr zu sich selbst. Ich antworte trotzdem, „Nein. Es ist kein Traum. Du bist wieder zuhause.". Erleichtert atmet Amber auf. „Hast du Schmerzen?" „Ja.", haucht sie leise. „Wo?" Amber schüttelt schwach den Kopf. Sie will es mir nicht vor den Jungs erzählen. Deshalb drehe ich mich zu ihnen um.

„Könnt ihr uns allein lassen?" Die beiden wechseln einen Blick, dann nickt Ash. „Klar. Ich schau nochmal nach Hailey. Danach setzen wir uns ins Wohnzimmer. Ruf einfach, wenn was ist?" „Okay. Danke." Mit dem Geräusch der schließenden Tür drehe ich mich wieder zu meiner besten Freundin. „Wo hast du Schmerzen?" „Unten." Nach ihrer Antwort lege ich meine Hand auf ihren Bauch. „Hier?" „Nein. Noch weiter unten." Ihre Augen werden glasig. Ich schaue auf meine Hand und noch weiter runter. „Was haben sie mit dir dort gemacht?"

„Diese Männer waren schon vorher dagewesen. Ich habe nicht gesehen, was die beiden mit mir gemacht haben. Aber plötzlich war mein Slip weg und sie haben mir irgendwas reingeschoben." „Und es ist immer noch drinnen. Habe ich recht?" Wieder nickt sie nur schwach. „Willst du versuchen es rauszubekommen?" „Ich komme nicht ran. Mein Rücken macht das nicht mit. Außerdem habe ich Angst, dass es noch mehr wehtut als sowieso schon."
„Du kannst das, was auch immer es ist, nicht einfach drinnen lassen." „Was soll ich denn sonst machen?", flüstert Amber zittrig.

Ich atme tief durch. „Soll ich es mal versuchen?" „Nein. Bitte nicht." „Was willst du sonst machen? Vielleicht gehen deine Schmerzen dadurch weg." Erneut schüttelt Amber den Kopf. „Sollen wir ins Krankenhaus fahren? Zu deinem Arzt? Er könnte gleich nochmal nach deinem Rücken sehen." „Ich möchte weder ins Krankenhaus noch zu meinem Arzt. Weißt du wie peinlich das ist?" „In deiner Situation ist gar nichts peinlich. Du kannst froh sein, dass nichts Schlimmeres passiert ist.", rede ich ihr ins Gewissen.

Geschlagen schließt Amber ihre hübschen grauen Augen. „Okay. Aber wir fahren nicht zum Arzt. Bitte Chiara." „Wenn du das nicht möchtest, probiere ich es. Aber wenn es nicht funktioniert, müssen wir zum Arzt. Abgemacht?" Ergeben lässt meine Freundin sich zurück auf das Kissen fallen.
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Sorry, dass solange nichts kam. Heute gibt es hier mal wieder ein neues Kapitel.

LG lenlavie

AmberWo Geschichten leben. Entdecke jetzt