Kapitel 17

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Amber PoV.

Als Chiara vorhin hier aufgetaucht ist, war ich so erleichtert, dass ich es schon gar nicht mehr in Worte fassen kann. Eine bekannte Stimme zu hören, hat mir die Tränen in die Augen getrieben. Auch wenn man das höchstwahrscheinlich nicht gesehen hat, wegen dieser blöden Augenbinde. Als Chiara dann auch noch die Strafe auf sich nehmen wollte, war ich geschockt. Das wollte ich nicht, aber trotzdem war ich ihr in dem Moment so dankbar. Ich weiß nicht mal, wie ich das je wieder gut machen soll. Das geht wahrscheinlich gar nicht.

Vor etwa fünf Minuten kam noch eine weitere männliche Stimme hinzu. Am Anfang hatte ich echt Angst, dass sie Chiara und mir noch Schlimmeres antun würde. Als der Mann mit dieser dominanten, rauchigen Stimme, die anderen beiden Typen aber wegschickte, war ich schonmal erleichtert. Als er sich dann auch noch normal mit meiner besten Freundin unterhielt, betete ich zu Gott, dass er zu den Guten gehörte. Anscheinend wurden meine Gebete erhört, denn aus seiner Stimme konnte ich deutliche Besorgnis heraushören.

Im Moment kniet Chiara vor mir. Vorsichtig öffnet sie meine Augenbinde und zieht sie herunter. Endlich kann ich ihr ins Gesicht schauen. Sofort kommen wieder Tränen, die ungehindert über meine Wangen laufen. Mit ihren Fingern streicht sie diese weg. „Was machst du nur für Sachen?", fragt sie mich besorgt. „Es tut mir so leid.", schluchze ich. Um mich zu trösten, nimmt sie mich behutsam in den Arm. „Shh. Ist schon in Ordnung. Wie geht es dir?", sorgt sie sich zuerst um mein Wohlergehen. Obwohl es ihr auch nicht allzu berauschend geht. „Nicht so gut. Ich habe Angst, dass meine Narbe wieder offen ist. Ich möchte das nicht nochmal durchmachen."

„Shh. Schon gut. Wie lange bist du schon hier unten?" „Ich weiß es nicht.", schüttle ich den Kopf. „Ich weiß nicht mal, wie lange ich überhaupt schon weg bin.", füge ich leise hinzu. „Drei Tage.", kommt es von meinem Gegenüber. „Woher weißt du das?", will ich wissen. „Von Hailey." „Sie lebt noch.", platzt es freudig aus mir heraus. „Natürlich lebt sie noch. Was dachtest du denn?" „Dieser eine Mann meinte zu mir, dass ich sie nie wieder sehen werde. Deshalb bin ich davon ausgegangen, dass er sie umbringen lassen hat. Du weißt gar nicht, wie erleichtert ich bin, dass zu hören." „Ich kann es mir vorstellen.", streicht sie mir einige Strähnen aus dem Gesicht.

„Wie habt ihr Hailey gefunden?", möchte ich Gewissheit. „Ash hat sie zufällig im Park aufgegabelt. Er hatte aber keine Idee wer sie ist." „Gott sei Dank.", entkommt es mir. „Ich will euch ja nicht stören, aber ich würde sagen, dass wir so langsam von hier verschwinden sollten. Außer ihr wollt unbedingt noch hierbleiben und mitfeiern.", wirft der Mann ein, der hinter meiner Freundin steht. Unwillkürlich weiche ich ein Stück zurück. Chiara scheint mein Unwohlsein zu bemerken und fängt an zu reden. „Das ist Grayson. Ein sehr guter Freund von Ash und mir. Er hat mir geholfen hier überhaupt reinzukommen, um dich zu holen."

Anstatt zu antworten, sehe ich den Mann hinter Chiara an. Er ist groß, muskulös, hat dunkle Haare und helle Augen. Auf den ersten Blick würde man nicht denken, dass er einer von den Guten ist. Aber der erste Eindruck kann einen gewaltig täuschen. Als ich meinen Blick zurück auf meine beste Freundin richte, nicke ich ihr schwach zu. Sozusagen als Einverständnis. Chiara hilft mir langsam aufzustehen, wobei sie selbst Schmerzen hat. Das kann ich ihr deutlich ansehen, auch wenn sie es zu überspielen versucht. Dafür kenne ich sie mittlerweile einfach zu gut. Wieder auf den Beinen löst sie das einschneidende Seil von meinen Händen.

Meine Handgelenke sind blau. Einerseits von den Seilen. Andererseits auch von dem festen Griff dieses grusligen Mannes. Zusätzlich habe ich einen Schnitt auf der Wange, der durch meine salzigen Tränen anfängt zu brennen. „Was ist passiert?", fährt meine Freundin behutsam über meine Handgelenke. Nebenbei untersucht sie mein Gesicht. „Nichts Schlimmes. Wirklich.", versuche ich sie zu überzeugen. Grayson räuspert sich erneut. „Wir sollten langsam wirklich von hier verschwinden." „Ist ja gut.", antwortet Chiara genervt. Aufgrund ihrer Antwort verdreht der Mann hinter ihr seine Augen. „Wo sind deine anderen Sachen?", will Chiara wissen. Ahnungslos zucke ich mit den Schultern und schüttle erneut meinen Kopf, „Ich weiß es nicht.".

AmberWo Geschichten leben. Entdecke jetzt