Kapitel 24

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Amber PoV.

In der Küche deckt Ash zusammen mit Grayson den Tisch. Wobei ich überrascht bin, dass Zweiter sich hier so gut auskennt. Na gut, wenn die beiden sich seit dem Kindergarten kennen, sollte es mich nicht wirklich überraschen. Chiara hatte gestern so etwas in dieser Art erwähnt. Doch trotzdem überrascht es mich mit welcher Selbstverständ-
lichkeit und Leichtigkeit Grayson sich in dieser Wohnung bewegt.
Zu meiner zusätzlichen Verwunderung decken sie nicht den Tisch mit den Hockern, sondern den größeren. Chiara und ich sehen uns den ganzen Prozess von der Tür aus an. Hailey steht neben mir und hält meine Hand. Denn meine Freundin war der Meinung, dass ich sie nicht noch länger rumtragen soll. Deswegen stehen wir drei nebeneinander, eingequetscht im Türrahmen.

„Wollt ihr die ganze Zeit dort stehen bleiben oder wollen wir langsam frühstücken?", fragt Ash ungeduldig. Statt zu antworten geht Chiara zum Tisch und setzt sich neben Grayson. Ihr Bruder hat am Tischende Platz genommen, sodass ich mich mit Hailey auf die gegenüberliegende breite Seite setzen kann. „Guten Appetit.", meint Chiara. Während die anderen schon anfangen zu frühstücken, rede ich mit meiner Schwester. „Was möchtest du essen?" „Ähm...Ein Croissant mit Nutella?", klingt ihre Antwort eher nach einer Frage.

„Du darfst essen was du möchtest."
„Dann möchte ich bitte das." „Okay." Ohne irgendwas zu sagen, reicht mir Grayson den Brotkorb. „Danke." „Bitte.", sagt er. Neben mir spannt Hailey sich merklich an. Was hat sie denn nur? So ganz verstehe ich es nicht, aber da werden wir uns nachher nochmal in aller Ruhe drüber unterhalten.
Die restliche Zeit des Frühstücks unterhalten sich Chiara, Ash und Grayson miteinander. Hailey und ich halten uns größtenteils aus den Gesprächen raus. Ich konzentriere mich lieber aufs Essen. Immerhin habe ich die letzten Tage nicht besonders viel davon bekommen.

Meine kleine Schwester zieht an meinem Ärmel, deshalb drehe ich mich in ihre Richtung und sehe sie fragend an. „Darf ich aufstehen?", flüstert sie ganz leise. „Natürlich. Du gehst, bevor du spielst, aber noch Hände waschen.", erlaube ich ihr. Eifrig nickt Hails mit dem Kopf und steht vom Tisch auf. Es dauert keine zwei Minuten, bis sie wieder in der Küche steht. „Was ist los meine Maus?", will ich von ihr wissen. Weil sich die anderen drei ebenfalls zu ihr umdrehen, senkt sie schüchtern ihren Kopf.

„Ich...ich bin zu klein." Sie redet so leise, dass ich sie beinahe nicht verstanden habe. „Wofür bist du zu klein?", kommt es jetzt von Chiara. „Zum...zum Hände waschen.", stottert sie. Ich weiß nicht, was Grayson gemacht oder auch nicht gemacht hat, aber so verhält sich meine Schwester normalerweise nicht. Ich will gerade aufstehen, um mit ihr ins Bad zu gehen, da erhebt sich Chiara von ihrem Stuhl. „Na komm Prinzessin. Wir gehen Hände waschen." Mit Hailey an der Hand verlässt sie die Küche.

So kommt es, dass ich mit den beiden Männern allein in der Küche sitze und mich unwohl fühle. Vor allem wegen Graysons Anwesenheit. Denn ich weiß nicht so recht, was ich sagen soll. Anscheinend mache ich mir unnötig Gedanken, denn die beiden Jungs setzen ihr Gespräch unbekümmert fort. Unbewusst wandert meine rechte Hand zu meinem Rücken und bleibt darauf liegen. Ich habe irgendwie das Gefühl, dass meine Narbe wieder aufgegangen ist. So wie es in meinem ganzen Rücken zieht. Sollte ich vielleicht doch nochmal zu meinem Arzt gehen? Ich lasse Chiara nachher nochmal drüber schauen und warte ab, was sie sagt. Vielleicht ist es auch einfach nur gereizt von den Schlägen.

„Alles okay?", werde ich aus meinen Überlegungen gerissen. Leicht schüttle ich den Kopf, um zurück ins hier und jetzt zu kommen. „Was?", sehe ich die beiden Männer an. „Ich habe gefragt, ob alles in Ordnung ist.", wiederholt Ash seine Frage. „Ja alles bestens. Warum?" „Du warst gerade so abwesend." „Ja...Nein... Alles gut. Wirklich.", richtig überzeugend klingt das nicht, dass muss ich sogar selbst zugeben. „Man soll doch nicht lügen.", kommt es belustigt von Grayson. Ich schaue ihm kurz in die Augen bevor ich antworte, „Ich habe nicht gelogen.".
„Sondern?", fragt Ash. „Ich habe nur über etwas nachgedacht." „Und über was?" „Nichts wichtiges." Gleichgültig zuckt er mit den Schultern, „Dann eben nicht.".

Als Chiara wieder da ist, bin ich erleichtert. „Wo ist Hailey?", will ich wissen. „Ich hab sie ins Wohnzimmer gesetzt. Sie spielt. Du brauchst dir keine Sorgen zu machen." „Danke." „Nicht der Rede wert. Sie ist doch meine kleine Prinzessin." Ihre Worte bringen mich zum Lächeln. Da hat sie recht. Seit ich Chiara kenne hat sie Hailey immer als ihre Prinzessin bezeichnet, weshalb es auch kein Wunder war, dass meine Schwester bis letztes Jahr noch Prinzessin werden wollte. Bis ich ihr erklärt habe, dass das nicht so einfach geht und man viel Glück haben muss. Seitdem hat sie damit abgeschlossen.

„Los geh schon rüber zu ihr.", kommt es komischerweise von Ash. „Was?", sehe ich ihn an. „Du sollst rüber gehen. Wir räumen noch die Küche auf." „Aber ich kann doch mithelfen." Er schaut mich mit strengem Blick an. „Na schön.", gebe ich schließlich nach. Dann erhebe ich mich und mache mich auf den Weg Richtung Wohnzimmer. Dort angekommen setze ich mich aufs Sofa und sehe meiner Schwester beim Spielen zu. In ihren Händen hält sie ihre Lieblingspuppe. Die hat unsere Mum damals noch für sie gekauft.

Mit ihrer Puppe im Arm kommt sie zu mir aufs Sofa. Erneut zieht sie meinen Pullover hoch und legt sich auf meinen Bauch. Liebevoll streichle ich ihr über die Wange. „Willst du mir sagen, was los ist. Du bist doch sonst nicht so ängstlich?", versuche ich ihr eine Antwort zu entlocken. „Nichts." „Das funktioniert bei mir nicht Hailey. Ich würde gerne einen Grund wissen. Hat er irgendwas gemacht oder zu dir gesagt?" Leicht schüttelt Hailey den Kopf. „Was ist es dann?" Langsam regt es mich auf, dass sie mir keine vernünftige Antwort gibt.

„Er ist unheimlich. Er hat so viele Ringe im Gesicht und dann schaut er immer so unfreundlich. Hat er nur schlechte Laune?" Über ihre Aussage muss ich schmunzeln. „Nein meine Maus. Nicht alle Leute schauen immer freundlich. Das liegt aber nicht daran, dass sie schlechte Laune haben. Das lernst du später auch noch." Grummelnd nickt sie. „Was hast du gesagt?" „Das ist ja noch so viel was ich lernen muss."
„Man lernt sein ganzes Leben nicht aus, mein Schatz." „Mhm.", kommt es von ihr.

Nach kurzer Zeit in Stille, breche ich diese, „Du brauchst vor ihm keine Angst zu haben. Er ist wirklich nett.". „Der Mann hat dir geholfen, oder?" „Ja. Das hat er wohl.", lächle ich schwach. „Aber du brauchst dir darüber keine Gedanken zu machen." „Haben sie dir dort, wo du warst, wehgetan?" Wie beantwortet man einem Kind so eine Frage. „Nein meine Maus. Mir geht es gut." „Okay." Danach kehrt wieder Stille ein, die wir für weitere Streichel-
einheiten nutzen. Dafür liegt meine eine Hand auf Haileys und mit der anderen streichle ich über ihren Kopf.
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Entschuldigt, dass erst so spät ein neues Kapitel kommt. Ich versuche mich ranzuhalten und wieder regelmäßiger zu uploaden.

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