Chiara PoV.
Als wir in dem dunklen Kellergewölbe stehen, überzieht mich eine Gänsehaut. Hier unten sind es gefühlt 10 Grad weniger als oben und dort war es schon ziemlich frisch. Außerdem ist mein Kleid nicht gerade lang und eine Jacke fehlt mir auch. Inständig hoffe ich, dass wir Amber endlich finden. Auch wenn das nicht gerade meiner Vorstellung entspricht. Ich habe wenigstens gehofft, dass sie woanders festgehalten wird. Natürlich haben sich meine Wünsche nicht erfüllt. Das wäre auch zu schön gewesen. Ehrlichgesagt hätte ich damit rechnen müssen, aber die Hoffnung stirbt bekanntlich ja zuletzt.
Die Räume des Kellers sind aufgebaut wie Schaufenster. Die vorderen Wände sind komplett verglast, sodass man hindurchschauen kann. Meine Hoffnung Amber noch zu finden habe ich beinahe schon aufgegeben, als ich sie im vorletzten Raum erblicke. „Nein.", abrupt bleibe ich stehen.
Das zwingt auch Grayson anzuhalten. Mit fragendem Blick sieht er mich an, während ich mit meinem Kopf auf die letzte Scheibe deute. Hinter dieser befindet sich nämlich Amber.
Sie hat nichts weiter an als weiße Spitzenunterwäsche, welche verdreckt ist. Zu meinem Entsetzen trägt sie einen engen BH. Der garantiert nicht von ihr stammt, da sie in letzter Zeit, aufgrund ihrer frisch genähten Narbe, keinen getragen hat.Ihre Hände sind an einem Haken an der Decke festgemacht und ihre Augen verbunden. Grayson folgt mit seinen Augen meinem Blick. „Ist sie das?", will er von mir wissen. „Ja. Das ist Amber.", flüstere ich. „Ich schaue mal wo Hudson ist. Wartest du hier oder willst du mitkommen?", bietet er mir an. „Ich warte. Ich will sie nicht allein lassen.", sage ich zu Grayson ohne den Blick von meiner Freundin abzuwenden. „In Ordnung. Mach keinen Unsinn. Ich beeile mich auch.", sind seine letzten Worte. Dann wirft er noch einen,
meiner Meinung nach, etwas zu langen Blick auf Amber, dreht sich um und läuft den langen Gang wieder zurück, um nach oben zu gehen.Jetzt wo Grayson weg ist, sehe ich wieder zu Amber. Fieberhaft überlege ich, was sie mit ihr gemacht haben könnten. Oder was sie gemacht hat, um überhaupt in diese Lage zu geraten. Hoffentlich nichts allzu Schlimmes.
Als ich sehe, wie zwei in schwarz gekleidete Männer den Raum betreten, weiche ich unwillkürlich ein Stück zurück. Was haben sie mit Amber vor? Der eine Mann verlässt den Raum schon wieder, während der andere auf meine beste Freundin zugeht. Vor ihr kommt er zum Stehen. Dann beugt er sich ein Stück zu ihr und fängt an zu reden. Anscheinend ist es nichts Gutes, denn ich sehe wie Amber sich augenblicklich anspannt.
Da kommt der andere Mann schon wieder zurück. In einer seiner Hände hält er einen stockähnlichen Gegenstand. Während der zweite Mann sich ein paar Schritte entfernt, läuft der andere geradewegs auf meine beste Freundin zu. Ambers gesamter Körper zittert und ihre Hände sind zu Fäusten geballt. Plötzlich holt der Mann mit dem Stock aus und schlägt ihr auf den Rücken. Amber schreit auf und versucht nach vorne auszuweichen, doch die Fesseln halten sie davon ab. Erneut holt der Mann aus. Der nächste Schlag trifft sie hart auf den Rücken. Meine Freundin ist frisch operiert, so grausam können doch selbst diese Menschen nicht sein.
Noch bevor ich begreife, was ich mache, trete ich aus meinem Versteck hervor. So schnell ich kann bin ich in diesen blöden Raum gerannt und halte die beiden Männer auf sie erneut zu schlagen. „Stopp.", rufe ich. „Was will die denn hier?", kommt es verwirrt von dem Mann mit dem Stock. „Lasst sie in Ruhe. Seht ihr denn nicht, dass sie eine Verletzung am Rücken hat.", frage ich entsetzt. „Wir haben Augen im Kopf. Das sehen wir schon, aber das ist unserem Chef relativ egal. Das ist nun mal ihre Strafe. Das muss sie aushalten. Anordnung von oberster Stelle."
„Macht sie los. Bitte. Nehmt stattdessen mich.", flehe ich sie an. Die beiden Männer wechseln einen Blick, bevor sie sich an mich wenden. Mit ihren Augen scannen sie meinen ganzen Körper ab und bleiben schließlich an meinen Oberschenkeln hängen. Natürlich dort, wo mein Kleid endet. Widerlich! „Na schön. Mach sie los.", fordert er den anderen auf. Sie kommen meiner Bitte nach und lösen ihre Hände von dem Haken. Amber ist so schwach auf den Beinen, dass diese sofort nachgeben. Wer weiß, wie lange sie schon hier hängt. Schnell fange ich sie so gut ich kann mit meinen Armen auf.
Schwer stützt sie sich auf mir ab, während ich sie langsam in eine Ecke des Zimmers führe und sie dort hinsetze. Als ich mich von ihr lösen will, umgreift sie zitternd meine Hände. „Chiara?", fragt sie schniefend. „Ja. Ich bin hier. Wir holen dich hier raus.", beruhige ich sie. „Kommst du Mädchen?", ertönt es ungeduldig von hinten. „Ja.", antworte ich schwach. „Tu das nicht. Chiara. Bitte.", versucht mich Amber von meiner Idee abzubringen. „Ich mach das schon. Vertrau mir." Mit diesen Worten lasse ich ihre Hände los. Die Augenbinde hat sie noch immer auf. Ist wahrscheinlich auch besser so.
„Komm her und zieh dich aus." Ich würde nicht sagen, dass ich von seiner Aufforderung überrascht bin. Ich habe es mir schon fast gedacht. Trotzdem habe ich gehofft es nicht tun zu müssen. Zögerlich ziehe ich den Reißverschluss meines Kleides nach unten. Dann streife ich es mir ab. Jetzt stehe ich nur noch in einem schwarzen Spitzen-BH und einem Tanga vor den Typen. Die beiden Kerle sehen mich mit lüsternem Blick an. Ekelhaft! Der eine kommt auf mich zu gelaufen und bindet, wie auch bei Amber meine Hände zusammen.
Fertig damit macht er diese ebenfalls an dem Haken über mir fest. Allein deswegen erfasst mich schon die Angst. Aber ich habe es mir selbst eingebrockt. Ich mache das für Amber, rede ich mir selbst gut zu. Wenigstens verbinden sie mir meine Augen nicht auch noch. So kann ich sehen, wann Grayson wiederkommt. Er soll sich mal bitte ein bisschen beeilen! Obwohl? Wenn er mich so sieht, ist er bestimmt stinksauer. Aber ich kann doch nicht zulassen, dass ihre Narbe wieder aufgeht. Das könnte ihr und dem ganzen Heilungsprozess mehr als nur schaden.
Der erste Schlag trifft mich vollkommen unvorbereitet. Deshalb entweicht mir ein heiserer Schrei. Auf was habe ich mich nur eingelassen, bereue ich sogleich meine Entscheidung. Der nächste Schlag lässt nicht lange auf sich warten. Vorbereitet bin ich trotzdem nicht. Er schmerzt genauso wie der Erste auch. Wenn nicht sogar noch schlimmer. Ich bin mir sicher, dass mein Rücken nachher übersäht ist mit Striemen, die mich um meinen Schlaf bringen werden. Da muss Ash später zuhause wohl einiges an Arbeit leisten.
Ich weiß nicht, wie lange oder wie oft der Mann mich mittlerweile geschlagen hat. Die Hoffnung das Grayson zeitnahe wiederkommt habe ich aufgegeben. Mein Blick liegt auf Amber. Sie sitzt noch immer so auf dem Boden, wie ich sie dort hingesetzt habe. Zusammengekauert und zitternd. Sowohl ihre Hände als auch ihre Augen sind noch verbunden. Ich schätze mal sie hat einfach keine Kraft mehr, dass allein zu machen. Hoffentlich ist es nicht schon öfter vorgekommen, dass sie geschlagen wurde. Sonst wäre meine ganze Aufopferung vielleicht umsonst und der Schaden an ihrem Körper bereits angerichtet.
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Ich hatte heute irgendwie Lust noch ein Kapitel hochzuladen. Deshalb gibt es noch eins.Viel Spaß beim Lesen.
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Amber
RomanceWas ist, wenn ein einziger Tag dein gesamtes Leben verändert. Das erfährt Amber am eigenen Leib. Eigentlich sahen ihre Pläne für die Zukunft anders aus. Doch auch wegen ihrer kleinen Schwester versucht sie alles dranzusetzen, ihr vorheriges Leben w...