Chapter 4: Bratwa

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15 März; Mittwoch
Isaac William

Alle Knochen schmerzten mir. Wirklich alle.
Was zum Teufel haben die mit mir gemacht?

Vorsichtig öffne ich meine Augen und sah erst nur verschwommen. Gott, selbst das Sehen fiel mir schwer...
Ich legte eine Hand neben mich und versuchte mich aufzusetzen, ohne Erfolg. Ich seufzte schmerz erfüllt auf.

„Scheiße", zischte ich.
Ich hatte mich schon sehr oft mit den verschiedensten Mafias angelegt. Die Spanische, Irische, Italienische... Doch die Bratwa war am schlimmsten. Die lassen einen nicht leben. Aber auch nicht sterben.
„Verdammte scheiße!", krächzte ich hervor, als ich es nach mehrmals versuchen doch noch schaffte mich auf zu setzten.

Vorsichtig führte ich meine Hand zu meinem Kopf. Ich fuhr mir durch die Haare und spürte etwas warmes, dickflüssiges an meiner Stirn.

Erneut wage ich es meine Augen zu öffnen und muss erleichtert feststellen, das ich wieder normal sehen konnte.
Ich schaute auf meine Hand, die so eben mit meinem Gesicht in Kontakt gekommen war. Blut.

Jede Faser meines Körpers schmerzte. Wirklich jede.
Was haben die mit mir gemacht?

Ich scannte meine Umgebung ab, doch muss zu meinen bedauern feststellen, das ich nicht viel sah. Eine schwache Lampe leuchtet über mir. Der Raum sah aus wie aus einem Horrorhaus entsprungen.

Blutspuren zierten die Wände und hinten, an dem anderen Ende des Raumes lag sogar ein Körper. Ich verzog angeekelt das Gesicht, als ich es erblickte. Ein toter Körper. Daher kam dieser widerliche Geruch... Diese Leute sind ernsthaft krank.

Ein klackendes Geräusch lässt mich aus meinen Tagträumen erwachen. Mein Kopf schnellt zu der Tür, die sich mit einem lauten quietschen öffnet. Sofort verdecke ich meine Ohren. Scheiße, war das laut!

Vielleicht aber war ich einfach zu empfindlich geworden.

Der Junge in meinem Alter trat hinein.
„Gott sei Dank du lebst noch!", sprudelt es aus Seth heraus. Er schloss die Tür hinter sich und kam auf mich zu. In einer Hand hielt er einen Teller, in der anderen einen Schlüssel.

„Nicht mal die Bratwa kann mich so schnell umbringen", scherzte ich und stöhne auf, als ein widerliches zucken in meinem Rücken durchfährt.

„Na immerhin hast du deinen Sinn für Humor nicht verloren", merkte er an und setzte den Teller vor mich. Eine Scheibe Brot und irgendein schleimiges Gemisch lag auf der metallnen runden Scheibe.

„Ich erinnere mich nur daran, wie die ein Sack über mir gezogen haben. Was ist passiert?", fragte ich leise. „Die haben dich verprügelt, mein großer."
Seth setzte sich neben mir auf dem Boden und schaute zu mir.
„Die anderen sind nicht da. Die Ware ist bereits platziert, du kannst nichts mehr dagegen tun" - „Hättest du nicht etwas anständiges zu essen mitbringen können? Ich bitte dich", sage ich und schaue auf den Teller. Mit Müh und Not griff ich nach der Brotscheibe und biss hinein. Schmerz durchzuckt meine Zähne. Ich klopfte mit dem Brot auf dem Boden und schaute zu Seth. „Dein ernst?", fragte ich. Das Brot ist auch noch steinhart.
„Ich musste glaubwürdig aussehen. Tut mir leid", entschuldigt er sich. Ich seufzte.

„Es ist tatsächlich ein Wunder das du noch lebst, so wie die dich als Boxsack benutzt haben. Wie machst du das?" Seine Augen weiteren sich ein wenig. Ich schnaubte. „Ich darf noch nicht sterben", entgegne ich nur.

„Wieso? Was hast du noch zu erledigen, auf dieser Dreckswelt?"

Für einen kurzen Moment dachte ich nach. Was hab ich noch auf dieser Dreckswelt zu erledigen?
Ich überlegte viel zu lange. Doch die Antwort stand schon seit Ewigkeiten fest.

„Leben. Ich hab ein Grund zum Überleben gefunden", antworte ich und lächelte leicht, als ich an ihre wunderschönen Augen dachte.

„Kannst du mir einen gefallen tun?" - „jederzeit", antwortet der Junge.
Behutsam griff ich in die innentasche meiner Jacke.
Ich holte ein kleines Papierstück heraus und zeigt es Seth.

„Das ist dein Grund zu Überleben?", stellte er schnell fest und nahm das Papier in die Hand. Ich grinste schief und nickte vorsichtig.
„Sie hat bald Geburtstag. Ich hätte bereits vor einer Woche in den Flieger sitzen sollen. Ich hab seit bestimmt schon drei Jahren mich bei ihr nicht gemeldet. Könntest du für mich eine Nachricht überbringen?" Seth nickte hastig.

„Gut", sage ich und atmete tief ein und aus.
Ich sagte ihm was er zu tun hat und erklärte auch, wem er das Paket überbringen soll.

Für ein paar Minuten lässt mich Seth alleine und kommt mit Briefpapier und einem Stift wieder.

Ich wischte mir die Hände an meinen dreckigen Klamotten ab und wischte mit meinem Jackenärmel über meine Stirn, damit bloß kein Blut auf das Papier tropft.

Als er wieder da ich griff ich nach dem Stift und Papier und begann sofort zu schreiben. Ich hatte Kontakt zu einer Handvoll von meinen Männern gehabt, die sie beobachten sollten. Sie sollten mir berichten, falls es ihr schlecht gehen sollte oder falls sie angegriffen werden sollte. Und genau dies geschah vor etwa einen Monat. Einer meiner Männer teilte mir auf Befehl mit, wie es ihr momentan geht. Das sie aussieht wie ein Zombie und wahrscheinlich aufgehört hat ordentliche Nahrung zu sich zu nehmen.

Ich schrieb auf dem Blatt Papier nieder, das Sie sich keine Sorgen machen soll und das ich wieder kommen werde. Ich muss einfach.

Nachdem ich den Brief fertig geschrieben habe, faltete ich diesen Sorgfältig und gab Seth weitere Anweisungen.

Er sollte das Paket an Lukas, eines meiner Männer überbringen und dieser würde sich um den rest kümmern. Niemals würde ich den Aufenthalt von Thea preisgeben. Zu niemandem. Auch wenn ich Seth vertraute.

Lukas würde es weiterleiten an Paul und dieser wiederum würde es an Leo senden. Leo und ich sind uns sehr vertraut. Wir waren in dem selben Waisenhaus aufgewachsen. Er hatte mein vollstes vertrauen. Genau wie Zack, Enzo und Charles.

Ich schmunzelte, als ich die letzten paar Zeilen niederschrieb. Ich würde mit einem Kuchen und einem Partyhut auf meinem gemütlichen Bett sitzen. Davon konnte ich jetzt nur Träumen.

Seth gab mir das Bild, was ich ihm gegeben hatte zurück. "Sie ist hübsch", sagt er und lächelt. "Die schönste im ganzen Land", antworte ich und grinste.
"Ich hoffe das sie es auch Wert ist zu überleben", antwortet er und fuhr sich durch die Haare. "Jeden noch so schmerzhaften Atemzug würd' ich standhalten, wenn es hieße das ich sie bald wieder sehen werde", antworte ich und lehnte mich an der Wand hinter mich.

Seth grinste und dreht sich um, und steuert auf die Metall Tür zu. "Ach übrigens...", rief ich ihm hinterher. Seth dreht sich und schaut mich erwartungsvoll an. "Könntest du bitte diese Leiche entsorgen. Sonst kotze ich hier. Das riecht ekelhaft", meinte ich und verzog das Gesicht.

Seth nickte. "ich komm gleich wieder", murmelte er und verschwand aus dem Raum.

Ich schaute hinunter zu meinen Händen, in denen ich das Bild hielt. Es war der Abend an dem ich den Ball organisiert hatte. Ich hatte ein paar Abzüge von den Bilder machen lassen, die George geschossen hatte. Doch dieses hier war eindeutig mein Favorit.

In diesem wirkten wir beide Sorgenlos.
Wir beide blickten uns gegenseitig an. Wir waren kurz davor uns zu küssen, wenn George nicht hineingeplatzt wäre...

Hier mal ein weiteres Kapitel aus Liam Sicht 👀
Nächstes wir aus Theas Sicht sein 👀
Soll ich öfters aus seiner Sicht schreiben oder lieber nicht?

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