Kapitel 23: Sie hat sich nicht verändert...

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Isaac William
15. Oktober; Freitag

Noch bevor Thea mich bemerken konnte, stieg ich wieder in das Auto und signalisierte dem Fahrer loszufahren.
"Wohin soll es gehen?", fragte einer meiner Männer, der auf dem Beifahrersitz saß.

"Zu Zack. Ich bring ihn um", zischte ich und lockerte die Krawatte um meinen Hals, die mir allmählich die Luft zu schnürte. Innerlich kochte ich vor wut. Es wurde ganz heiß im Auto, sodass ich mein Jacket auszog und dieses zur Seite schmiss. Ebenfalls öffnete ich die oberen zwei Knöpfe meines Hemdes.

Wie konnte er das nur zulassen?

An das große Glasgebäude angekommen stürmte ich durch den überfüllten Flur und rannte die Treppen hinauf, anstatt den Fahrstuhl zu benutzen. Ich war energiegeladen, mir fehlte jegliche Geduld.

Bei dem Apartment angekommen klingelte ich ununterbrochen und sobald die Tür geöffnet wurde, drückte ich Zack in das Zimmer und schloss sie hinter mir. Ich holte aus zum Schlag, doch mein bester Freund wagte es, meine Faust abzufangen, bevor sie in seinem Gesicht landen konnte. "Liam!", rief er erschrocken.

"Wie konntest du das zulassen?", zischte ich außer Atem und versuchte meine Faust aus seiner Hand zu lösen. Mir fehlte die Kraft dazu. Mein ganzer Körper zitterte. Aber ich wusste nicht, ob es aus Wut war oder Angst.

"Seit wann bist du wieder da?", fragte der Junge vor mir, immernoch perplex über mein auftauchen. "Thea... Sie...", stotterte ich. Langsam gab mein Arm nach und ich ließ meine Hand sinken. "Warum hast du nicht bescheid gegeben, das du kommst??", wollte er wissen, doch ich hörte ihm nicht zu. Wir redeten aneinander vorbei.

"Meine Thea... Sie war mit diesem Mann... und und sie haben... Sie haben sich geküsst", meine Stimme bebte. Ich war den Tränen nah. Mein Herz pochte wild. Irgendwas stimmte mit mir nicht. Warum tut es so weh? Nicht einmal die Folter in Russland bereitete mir solche Schmerzen, wie der Gedanke daran, das ich mein Mädchen mit jemandem anderen gesehen habe.
Mein Mädchen.
Meine Thea.

"Liam...", hauchte Zack und trat ein Schritt auf mich zu. Er legte seine Hände an meinen Schultern und schaut mich leicht überfordert an. Dennoch wagte er Worte auszusprechen, die ich niemals hören wollte: "Liam... sie... sie hat geheiratet..."

Meine ganze Welt brach in sich zusammen. All die Träume die ich mir ausgemalt hatte, zersplitterten in tausend Teile. Ich schaute Zack mit leicht offenem Mund an. Mein Herz hörte auf zu schlagen. Ich spürte wie eine Träne aus dem Augenwinkel meine Wange hinunter lief.

"Nein... nein... nein das kann nicht sein...", stammelte ich. Meine Stimme gab nach. "Wie... wie konnte das passieren??", fragte ich etwas lauter, was eher nach einem leisen Geflüster klang.

"Komm... setz dich erstmal...", meint Zack und deutet mir vorzugehen. Ich ging in den nächsten Raum, der sich als ein Wohnzimmer entpuppte und ließ mich auf die Couch sinken.

Zack erzählte mir alles ins kleineste Detail.
"Ich habe mich mehrmals mit ihr gestritten. Ich habe gefragt, warum Sie denn nicht auf dich gewartet hat, direkt nachdem ich von dem Antrag erfuhr... aber eine richtige Antwort gab es nicht. Wir stritten uns über Loyalität", Zack lachte verachtend. "Was?", fragte ich verwirrt. "Als ich ihr Handeln hinterfragte, zweifelte Sie an meiner Loyalität, Liam. Ich weiß zwar nicht was in ihr gefahren ist, aber das ist definitiv nicht mehr die Thea, die du geliebt hast" Ich schluckte schwer.

"Wie ging es weiter?", wollte ich wissen. Ich fuhr mir gestresst durch die Haare und lehnte mich leicht nach vorne. "Ich habe sie gefragt, ob sie wirklich Gefühle für Antonio hat, was sie mit einem nicken bejahte. Dann hab ich gefragt warum Sie denn auf den Kerl so abfährt, aber sie begann mit Gegenständen auf mich zu schmeißen. Ich hab versucht sie zu provozieren, zugegeben. Aber ich sah keine Zweifel. Sie meinte das alles ernst... und als Thea dann auch noch meinte, das sie sich auf die Hochzeitsnacht freut, war es das komplett... ich bin einfach rausgegangen, weil ich dieses Weib nicht mehr ertragen konnte", Zack schnaubte verächtlich. Ich schluckte schwer. Der Kloß in meinem Hals hinderte mich daran, irgendwas zu sagen. Meine Hände ballte ich zu Fäusten. Allein der Gedanke Thea mit einem anderen im Bett zu sehen, machte mich rasend.

"Sie haben nur standesamtlich geheiratet. Also nur eine Unterschrift auf Papieren, ohne schnick schnack. Und kurz daraufhin ist sie sogar freiwillig zu ihm gezogen..."

Ich raufte mir die Haare, versuchte mir die Situation vorzustellen. Ich ging alles in meinem Kopf ab. Wieder und wieder. Vielleicht war dies auch der Grund, warum seit langem kein brief mehr von ihr kam. Ich schrieb ihr jeden Monat mindestens einmal, doch erhielt keine Antwort zurück.

Hatte sie mich vielleicht doch aufgegeben?
Kann ich es ihr verübeln? Sieben Jahre.... Fast Sieben Jahre waren wir getrennt. Ich sah sie nicht aufwachsen. Ich sah nicht wie sie ihr Studium meisterte, ihr Praktikum absolvierte, ihre Geburtstage, die hoffentlich eine Party in einem Club beinhalteten und gut ausgingen. Ich habe so vieles verpasst...
Zwar hatte ich meinen Männern den Befehl erteilt, sie zu beschützen. Doch vielleicht war ich derjenige, der versagte.

Ich habe sie im Stich gelassen...

"Ich kann das immer noch nicht fassen...", murmelte ich. "Das ist alles meine Schuld...", flüsterte ich und fuhr mir verzweifelt über mein Gesicht. "Sie hat sich nicht verändert... Sie hat nur andere Wege gefunden, glücklich zu sein...", sagte ich und schaute Zack leicht geknickt an.
Zack lächelte mich nur traurig an.
Mitleidig.
Aber Mitleid war das letzte, was ich brauchte.

Und dann... auf einmal... als hätte eine Tarantel ihn gestochen, änderte sich Zacks Gesichtsausdruck in verwundert und er sagte: "Ach, was ich vergaß zu erzählen... Als ich rausging, aus ihrem Apartment, hörte ich sie sagen: ,bleib so wie du bist'. Das hat mich sehr irritiert. Aber ich schenkte es keine Beachtung und bin gegangen. Ich wollte nur so schnell wie möglich weg von ihr, bevor ich ihr wehtue", den letzten Satz flüsterte er nur vor sich hin.

Ich setzte meine Stirn in Falten, überlegte, was dies zu bedeuten hatte.
Und dann fiel es mir wieder ein.
Mir fielen die Schuppen von den Augen.

Ein Geheimcode.

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