Am nächsten Morgen war Flo nicht mehr so glücklich. Schon als er die Augen aufschlug spürte er ein undeutliches Pochen in seinem Schädel, das er zunächst versuchte zu ignorieren. Er ging nach unten, frühstückte mit Dani und seiner Mutter, weil Niki schon in der Schule und sein Vater an der Arbeit war, und versuchte sich danach irgendwie abzulenken. Irgendwie war er daran gewöhnt nichts zu tun zu haben, aber hier war es schlimmer, denn er traute sich nicht nach draußen zu gehen.
Wenn er hier aufgewachsen war kannte ihn mit Sicherheit jeder aus der Nachbarschaft und auf mitleidige Blicke oder Wie-geht-es-dir-Fragen hatte er so gar keine Lust. Als auch sein Bruder und seine Mutter zur Arbeit verschwunden worden waren, nachdem sie sich versichert hatten, dass er alleine zurechtkommen würde, saß er also auf dem Sofa und scrollte mal wieder durch Instagram. Er folgte einigen seiner Teamkollegen und likte vieler ihrer Beiträge.
Doch die Kopfschmerzen wurden immer schlimmer und so legte er das Handy weg und schloss die Augen.
Er hasste Kopfschmerzen. Mal abgesehen davon, dass er sich fühlte als wäre er gerade von einem Zug überrollt worden, schien sich auch noch alles um ihn herum zu drehen, was Übelkeit auslöste, das das ganze nicht unbedingt besser machte. Nach seinem Unfall hatte er oft Kopfschmerzen gehabt. Doktor Harrison hatte ihm erklärt, das das durch den Schädelbruch ausgelöst wurde. Allerdings waren sie schon lange nicht mehr so schlimm gewesen. Jeder einzelne Herzschlag schien in seinem Kopf nachzuhallen, als würde sich eine Lautsprecherbox darin befinden und das Geräusch verstärken. Er schloss die Augen und versuchte alles auszublenden. Das Sonnenlicht, das durch die Terassentür und das Fenster hereinschien, schien ihm unnatürlich hell durch seine geschlossenen Augenlider. Das Einzige was in ihm diesen Zustand gewöhnlicherweise half, war Schlaf. Er ließ seine Gedanken wandern, versuchte an alles zu denken außer an die Kopfschmerzen.
Langsam wurde er müder.
Seine Gedanken schweiften, er dachte an Fußball, seinen Traum und bemerkte fast gar nicht, wie er in den Schlaf glitt:Flo war noch jung. Höchstens 14 oder 15 Jahre alt. Er befand sich in einem Schloss, so wie es aussah. Alles um ihn herum war aus Marmor gebaut. Er war in einer großen Halle, vielleicht ein Ballsaal? Ihm gegenüber stand ein blondes Mädchen, etwa in seinem Alter. Sie hatte einen Ball in der Hand und die Augen zu Schlitzen verengt. Halb registrierte Flo ihre Flügel, mächtige, schneeweiße Flügel, die aus ihren Schultern ragten. Doch er machte sich keine Gedanken darum. Es war ganz normal. Sein Herz hämmerte, aber ausnahmsweise mal nicht aus Angst, sondern aus Aufregung und Anstrengung. Das Mädchen kniff die Augen noch ein wenig mehr zusammen und begann auf ihn zu zu dribbeln. Ihre Ballkontrolle war unglaublich, sie schien kein einziges mal zu zögern und obwohl der Ball in einer Schnelligkeit gedribbelt wurde, dass er fast gar nicht mehr scharf zu erkennen war, schien er immer genau dort zu landen, wo sie ihn hin haben wollte. Flo wartete ab, musterte sie und ihre Verhaltensweisen und sprang genau im richtigen Moment zur Seite, als sie rechts an ihm vorbeiziehen wollte. Allerdings hatte er nicht mit der Finte gerechnet, die sie links um ihn herum schlug und damit an ihm vorbei zum Korb laufen und den Ball einwerfen konnte. Flo stöhnte genervt auf und trat in die Luft, um ein wenig Dampf abzulassen. Das Mädchen drehte sich lachend um: „Zu einfach! So langsam solltest du den Trick mal draufhaben." „Du weißt doch ganz genau, dass mir Fußball viel besser liegt", grummelte Flo. Er ging zur Seite, ließ sich an der Wand hinunterrutschen und griff nach der Wasserflasche, die dort stand. „Kurze Pause", keuchte er. Das Mädchen grinste und ließ sich neben ihn fallen. „Tut mir leid", sagte sie, ganz und gar nicht beeindruckt von der Anstrengung. Obwohl Flo nicht wusste, was in den Minuten davor passiert war, hatte er die dumpfe Ahnung, dass er die meiste Zeit nur hinter ihr her gerannt war. „Das nächste Mal spielen wir wieder Fußball. Versprochen." Er grinste sie an: „Hab ich nichts gegen." Auch sie lächelte zurück. Eine Weile saßen sie nebeneinander, irgendwann ging sie dazu über sich an seine Schulter anzulehnen. Flo wusste, er war mehr als nur vertraut mit diesem Mädchen. Instinktiv spürte er, dass er sie schon lange kannte und sie seine beste Freundin war. Plötzlich setzte sie sich auf und schaute auf die Uhr. „Er kommt gleich zurück. Wir müssen hier weg", Flo nickte und sprang auf, denn auch wenn er nicht wusste wer gemeint war, wusste er es war wichtig. Er zog sie nach oben, wartete, bis sie ihr T-Shirt zurecht gerückt hatte und lief dann gemeinsam mit ihr los, quer durch die Halle auf eine kleine Holztür zu, die er vorher gar nicht bemerkt hatte. Er wurde nervös, spürte das drohende Unheil und lief noch ein wenig schneller. Sein Herz hämmerte wieder, dieses mal aus dem altbekannten Gefühl der Angst. In diesem Moment donnerte eine Stimme durch die Halle: „Flo!" Eine Tür knallte zu und...
DU LIEST GERADE
Angelfoot
FanfictionEin junger Prinz, dazu bestimmt seine Jahre auf der Erde zu verbringen. Ein Unfall, der ihm das Gedächtnis raubt. Ein Team für das er alles gibt. Ein außergewöhnlicher Weg zu sich selbst zurück. Ein Leben, das ihn für immer verändern wird. ...