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Johnnys bester Freund, ein Kerl, der sich Ten nannte, würde in ein paar Tagen zu Besuch kommen und Johnny war auf einmal der festen Überzeugung, die chaotische, dreckige WG könnte noch einigermaßen gerettet werden. Seit Tagen ging er Mark und den anderen Jungs auf den Wecker, weil er wegen jedem Mist meckerte, bei Wind und Wetter die Fenster aufriss, penibel auf die Mülltrennung achtete und ohne Staubwedel quasi nicht mehr anzutreffen war. Aber Mark - und auch Jungwoo und Taeil - dachte, dass "Ten" nicht nach sterilem Spießer klang, der immer sein eigenes Desinfektionsmittel parat hatte. Außerdem war er Johnnys bester Freund; da sollte ihn Chaos nicht stören.

"Ist das dein scheiß Ernst?", fragte Mark und blickte aus dem Fenster. Der Regen ließ nach. "Wie wäre es mit lüften? Und denkst du ernsthaft, wir besitzen sowas wie Raumerfrischer? Taeil hat dezentes Deo, nimm das, wenn es unbedingt sein muss, aber nicht zu viel, sonst stinkt es tagelang krass danach! Und wag dich damit nicht in mein Zimmer, sonst zünde ich deinen Kaktus an!"

"Seit du gefeuert worden bist, bist du echt unerträglich", maulte Johnny und Mark seufzte nur. "Keine Ursache, ich helf doch gerne."

Mürrisch legte er auf und riss den Zettel mit Jobangeboten aus seinem Büchlein. Nach wenigen Augenblicken wurde sein Getränk an seinem Tisch abgestellt. Mark schlürfte seine heiße Schokolade und sortierte die Stellenanzeigen nach Gehalt.

Als sein Getränk ausgetrunken war und der Regen sich fast vollständig aufgelöst hatte, stopfte er den aktuellsten Jobzettel in seine Jackentasche und checkte erneut sein Handy.

Taeil.

Ey, bist du um 7 zu Hause?

Jaehyun.

Jetzt verpestet er mit Deo die Luft, wtf hast du ihm gesagt??

Jungwoo.

Ich wander aus, Johnny hat endgültig den Verstand verloren.

Hat der vergessen, dass hier auch noch andere Leute leben wollen?

Gibt es einen Grund, dass Johnnys Kaktus jetzt im Wohnzimmer steht?

Mark, tu was!

Er beschloss nach Hause zu gehen, schlüpfte in seine Jacke, schulterte seinen Rucksack, und stand auf. Doch kaum hatte er seinen ersten Schritt getan, prallte er mit jemandem zusammen. Etwas Nasses, Heißes breitete sich auf seiner Brust aus. „Oh, tut mir leid! Ist dir etwas passiert?" Der Kerl ihm gegenüber trug eine Kellnerschürze, hatte schneeweißes Haar, als wäre er aus einem Forschungsinstitut geflohen, und schien nur ein paar Jahre älter als Mark zu sein. Und er hatte eine Tasse in der Hand, halbvoll mit Kaffee. Die andere Hälfte hing warm an Marks Oberteil.

"Alles in Ordnung. Und bei dir?" Die Flüssigkeit auf seinem Körper war immer noch sehr warm, fast zu warm, aber Mark war Schlimmeres gewohnt. Stundenlang Pose stehen für Jungwoos Studium oder Versuchperson von Halbdoktor Jaehyun zum Beispiel. Der Andere schüttelte den Kopf. "Nichts passiert. Komm, wir versuchen, den Kaffee so gut es geht da raus zu kriegen." Der Weißhaarige ging voraus durch eine Tür fürs Personal. Mark folgte ihm und fragte sich, ob gefärbte Haare hier ein Einstellungskriterium waren.

"Nochmal sorry." Der Typ hatte ihn in einen Lagerraum gebracht und reichte ihm einen Stapel Papiertücher. "Alles okay, ist ja nichts passiert", winkte Mark ab und schälte sich erstmal aus seiner Jacke. „Ist das dritte Mal, dass ich ein Getränk über jemanden schütte. Ich bin also schon geübt. Ich heiße übrigens Taeyong." Er lächelte und half dem Kanadier, über sein Shirt zu rubbeln. „Mark, freut mich. Warum machst du dann nicht einfach was anderes?", fragte er verwirrt. So ein kompetenter, gutaussehender Kerl würde doch bestimmt keine Probleme haben, jeden Job zu bekommen, den er wollte.

„Ich muss ja irgendwie mein Hobby finanzieren. Und ich war schon mal Babysitter und Pizzalieferant. Ich sage dir, es gibt nichts Schlimmeres als schreiende Kinder oder gut riechende Pizzen durch die Gegend zu fahren." Taeyong zuckte mit den Achseln und tauschte die alten, benutzten Tücher gegen neue aus.

"Ich hab mal in einem Restaurant gejobbt, das war echt in Ordnung."

„Es riecht die ganze Zeit nach Essen, du musst nett zu den Kunden sein, egal wie bescheuert sie sich aufführen, und mit viel Glück kommt einmal im Monat ein netter Kerl wie du vorbei." Er knüllte den Lappen in seiner Hand zu einer Kugel. "Und die Schürzen sind mega unbequem. Ich finde, es gibt Besseres. Übrigens, warum kellnerst du nicht mehr?"

"Lange Ge-"

Marks Handy erlöste ihn, indem es die penetrante Melodie von Baby Shark von sich gab. Mark schaute auf sein Display. Jaehyun. Der rief sonst nie an, also musste es wichtig sein. "Entschuldige, da muss ich ran!" Taeyong nickte, grinste und nahm Mark die Papiertücher ab. "Netter Klingelton!"

Das Erste, was Mark hörte, war etwas, das klang wie ein weinerlicher Johnny. Dann ein genervtes Grummeln und ein leiser, verzweifelter Schrei.

"Hyung?"

"Mark!"

"Was ist los?"

„Der Staubsauger ist irgendwie kaputt!"

"Johnny hat doch erst am Samstag gesaugt!"

Johnnys Quengeln wurde leiser und auch das Grummeln verschwand fast, vermutlich entfernte Jaehyun sich von der Geräuschquelle. Im Hintergrund hörte man Taeil noch immer schimpfen und Jungwoo gab ein Geräusch von sich, das so klang, als hätte der Andere mit seinem Leben abgeschlossen. Dann schrie er wieder, diesmal deutlich näher am Telefon. Jaehyun brummte etwas, dann wandte er sich wieder an Mark. "Er fand es schon wieder dreckig", meinte er. "Wir bekommen das Ding nicht ausgeschaltet. Also, wenn du unsere Ausgaben diesen Monat nicht in die Höhe jagen willst, komm und rette uns. Oder Taeil stirbt an Kopfschmerzen und wir dürfen uns einen neuen Mitbewohner suchen. Oder die Miete durch drei teilen. Ich weiß nicht, wie es um deine Mathekenntnisse steht, aber du müsstest dann meh-"

"Okay, okay, ich bin auf dem Weg. Zur Not zieht den Stecker. Ich brauche mindestens zwanzig Minuten", sprach Mark und legte auf. Er warf Taeyong einen entschuldigenden Blick zu. „Tut mir leid, ich muss los", sagte er und der Kellner nickte verständnisvoll. "Notfall zu Hause. Hat mich gefreut, Taeyong. Vielleicht sieht man sich mal wieder." Das mit dem Notfall stimmte, dass er aus purer Unfähigkeit entstanden war, war eine Info, die Mark nicht preisgeben wollte.

Taeyong hob die Hand zum Gruß und der Kanadier schnappte sich seine Jacke, um damit ins Café zurück zu irren. Er steuerte auf die Kasse zu, wo ein Kerl stand, von dessen schwarzen Haaren Mark nicht sagen konnte, ob sie gefärbt waren oder nicht. "Ich würde gerne bezahlen. Tisch 13 oder so." Mark wartete bemüht geduldig, bis der junge Mann etwas in seinen Computer getippt hatte, und sah nach draußen. Es war noch immer bewölkt, aber es schien stabil zu sein. Wenn er Glück hatte, würde Mark trocken in der Wohnung ankommen – vielleicht war dann auch der stark riechende Kaffee auf seinem Shirt ganz getrocknet.

"Ahh, ein Getränk, richtig?" Ohne auf Marks Antwort zu warten, fuhr er fort: "Das geht aufs Haus. Taeyong richtet liebe Grüße aus." Mark schwankte zwischen Enttäuschung und Freude. Sein Geldbeutel machte Luftsprünge, doch er hätte gerne noch ein oder zwei Worte mit dem Weißhaarigen gewechselt. "Alles klar, vielen Dank. Liebe Grüße zurück!"

Der Kassierer schenkte ihm noch ein letztes Lächeln, dann trat Mark aus dem Café in einen kühlen, unangenehmen Wind und verfluchte sowohl Johnny als auch den Staubsauger. Er würde keine zwanzig Minuten brauchen, bei diesem Wetter würde er sich extra beeilen.

café dream [markhyuck]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt