Vom Boulevard

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Es schaut kunstarm aus, sollte es aber nicht sein, weil ich die Alliterationen oder klanglichen Ähnlichkeiten manchmal speziell koordiniert habe und es auch ansonsten recht komplex zu schreiben war.

Ein Reissack rollt sich ab, gehässig
verzehrt, verzerrt's der Boulevard,
verschlägt die Zeilen zuverlässig
gen Volk, das findet's wunderbar.

Des Königs Mut, der Maid Gelüste (1)
wie Weisheit dürftig ausgeprägt,
beim Autor, pissend auf die Büste
des Alten, lüstern abgesägt,

jawohl, erwartet waren Brüste(1)
als Reim in meinem klein' Pamphlet,
das Bild, was Redakteurlein küsste,
ihm bringt, was inhaltlich nicht geht:

Sie könn' beschweren seichte Sinne,
der Inhalt hat halt kein Gewicht.
So wie des Glattwals feine Finne(2),
das Hirn des Grausvereins besticht.

Wo's kracht, da kriegen offne Ohren
der Entertainer, äh, Journalisten nicht genug,
der Blutschwall gluckert, wenn geboren,
durchs Ohr gen Magen, wie im Flug.

Dort frisch verdaut zu alter Hetze,
als Salve für die Welt verspeit's
der Darm, klar gelten Giergesetze,
der Augenschock beschreibt den Reiz.

Wir warn vorhin beim stolzen Recken,
er wird dem Pöbel hochgehievt,
an dem vergossnen Blut zu schlecken –
gefallen gleich er einsam schnieft.

Wer ließe ab, wenn platt am Boden
das Bauernopf'r im Trauma da?
Na gut, ein jeder, doch verboten
wär's jedem in der Schreiber Schar.

Du bist schön krass geschockt am Morgen,
du bist gar bestens informiert,
wie Anstand, der schon längst verborgen,
mit Hass und Hetz' wird massakriert.

Aus Wahnsinnswut Tumore sprießen,
doch meist geht nur der Sinn dahin.
Mit Furor sie, was neu, begrüßen,
als Karzinom im Neubeginn.(3)

1) Sorry. Aber es muss an der Stelle einfach sein.
2) die plumpen Tiere haben gar keine Finne
3) meist passiert trotz Wut doch irgendwie gar nichts bis auf Chaos

Der letzte SommerWo Geschichten leben. Entdecke jetzt