Kälte

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,,Hey Diana. Alles gut? Ich hab dich am Samstag gar nicht mehr gesehen. Hast du den Strauß bekommen? Ich hab ihn dir vor dem Training vor die Haustüre gelegt. Marco meinte, du würdest dort wohnen."

Ein anscheinend sehr motivierter Julian begrüßte mich freundlich und schloss mich in eine Umarmung. Ich brauchte einen Moment um meine Antworten auf seine vielen Fragen zu sortieren.

,,Hey, ja ich bin ziemlich schnell abgehauen, als es mir nicht so gut ging. Danke dir auf jeden Fall fürs vorbeibringen, ich habe ihn bekommen."

Lächelnd zeigte er mir einen Daumen nach oben und verabschiedete sich für den Moment von mir, ehe ich mich in Richtung Trainingsplatz begab.

Marco schickte ihn also zu mir, bekam es aber nicht auf die Kette mir ihn persönlich zu geben ? Anscheinend wollte er mir wirklich um jeden Preis aus dem Weg gehen.

Bis auf Julian, den ich gerade getroffen hatte, war noch kein anderer aus der Mannschaft zu sehen, lediglich eine kleine Gruppe des Trainerteams stand zusammen am Spielfeldrand.

,,Morgen, gut von Samstag Abend erholt? Ich war schon relativ früh weg, aber wie ich hörte habt ihr noch ziemlich lange gemacht."

Grinsend sah mich der Trainer an und hoffte auf eine ebenso euphorische Antwort, doch bei mir im Kopf spielten sich augenblicklich die vielen Abbilder des Abends ab. Marco und ich im Vorratsraum wie wir für die Situation viel zu intim waren, er vermeintlich glücklich mit Scarlett und selbstverständlich das Ende des Ganzen. Ganz schön viel auf und ab.

Ich verdrängte jegliche Erinnerung an Samstag. Marco wollte offensichtlich Abstand und auch wenn es mehr als schwer fiel, sollte er diesen bekommen. Deshalb musste ich mitspielen und Rose den Abend etwas schöner schummeln.

,,Tatsächlich ging es noch ganz schön lange. Es war toll mit den Jungs auch abseits des Spielfeldes zu tun zu haben."

Mit Jungs war eigentlich nur Marco und vielleicht noch Julian gemeint, für den Rest hatte und habe ich einfach kein Auge gehabt. Zumindest nicht auf die Art und Weise, auf die ich es für Marco hatte.
Doch der Trainer schien mit der Antwort mehr als glücklich zu sein und stellte zu meinem Glück keine weiteren Nachfragen.

In der Lage ihm etwas vorzuspielen wäre ich in dem Moment sowieso nicht gewesen, denn kaum hatte ich zu Ende gesprochen, verließ die Mannschaft das Gebäude und lief wie eine große Herde aufs Spielfeld.

Suchend wanderten meine Blicke sofort durch die Menge und scannten sie nach Marco ab und tatsächlich, fast genau mittig und eher außen lief er mit der Masse an uns vorbei.

Selbstverständlich würdigte er mich keines Blickes und es schien fast so, als würde er mich nichtmal wahrnehmen, so ignorant und bewusst vermied er den Blickkontakt zu mir. Aua.

Obwohl ich nichts anderes erwartet hatte, traf mich seine Emotionslosigkeit und so fühlte sich mein Herz gegen Ende der Trainingseinheit an wie ein Eisblock, den man im Gefrierfach vergessen hatte. In jeder Situation, in der die Mannschaft bei uns an der Trainerbank war, fand ich Gott sei Dank einen Anlass nicht bei Ihnen zu sein und so gelang auch mir das kleine ignorier- Spiel immer mehr.

Etwas erleichtert war ich dann, als Schluss für Heute war und es für mich in Richtung Feierabend und Marco freie Zone ging. Zügiger als sonst verabschiedete ich mich vom Großteil und war im Handumdrehen an meinem Auto, das Marco offensichtlich an meinem Stammparkplatz geparkt hatte. Ich liebte diese Ecke des Parkplatzes, weil die Sonne diesen Fleck den ganzen Tag traf. Es war also egal, wann Trainingsbeginn sein würde, wenn die Sonne schien, hatte ich meinen Sonnenplatz sicher.
Süß, dass er sich das gemerkt hatte.

Doch heute schien selbst hier die Sonne nicht. Der Tag war ungewöhnlich kühl für ende September und es fühlte sich an, als ob sich der Herbst so langsam ankündigte.

In meinem Auto sitzend, tat es zunächst gut wieder im eigenen Wagen bei den gewohnten Gerüchen und Wahrnehmungen zu sein, bis mein Blick auf einen gelben Post it mitten auf dem Lenkrad fiel.

,,Danke fürs Leihen deines Autos!
Das nächste Mal bekommst du meins :)"

Marco. Es tat gut positive Worte von ihm, wenn auch nur geschrieben und aus meinem Mund vorgelesen, zu hören. Ich vermisste seine Stimme. Das wurde mir mehr als klar, als ich versuchte mir die Worte aus Marcos Mund gesprochen, vorzustellen. Vergebens. Keiner von meinen Gedankenfetzten könnte je ersetzten, wie er in Person auf mich wirkt.

Ich musste mir dringend abgewöhnen so viel an ihn zu denken, doch in diesem Moment hatte es sein gutes , denn mir fiel ein, dass ich heute noch verpeilter als sonst gewesen war. Ich hatte Marcos Jackett vergessen, dass ich ihm heute eigentlich wiedergeben sollte. Fuck.

Ob er es vielleicht auch vergessen hatte? Kurz ärgerte ich mich darüber, dass man ein Jackett nicht so unpersönlich und anonym auf einem Parkplatz abstellen konnte wie ein Auto. Auf der anderen Seite hätte er, als ich seiner unmittelbaren Nähe war, genauso Andeutungen machen können, wann, wie und wo ich es ihm zurückgeben sollte. Aber er sah mich ja nicht einmal an. Wie konnte er es dann wollen, sich mit mir alleine zu unterhalten?

Vermutlich war es doch gar nicht so schlimm, wie ich es mir vorstellte und er war auch ohne seine Jacke ganz glücklich. Damit war er mir schonmal einen ganzen Schritt voraus.

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