Kapitel 20

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•zwanzig•

Eines Tages wird der Tag kommen, wenn du realisieren musst, dass das beste Gefühl der Welt das überblättern einer Seite sein wird. Du wirst verstehen, dass es nicht sinnvoll ist auf einer Seite festzustecken. 

DIE KLEINEN WIMPEL an der Flusspromenade hingen seit dem letzten Sturm träge an ihren Stangen und warteten nur darauf, dass sich ein Mensch ihnen annahm und sie wieder zurück auf den höchsten Punkt des Mastens zog. Es war unglaublich, wie ausgewechselt die Luft nach jedem Regenguss war und nichts mehr an die heißen Temperaturen erinnerte.

Vielmehr erinnerte es mich an Brighton und die Tage, an denen es nicht geregnet hatte und das rege Treiben zurück in die Fußgängerzonen gekommen war. Die dünne Jeansjacke wärmte zum Teil meinen Oberkörper, und doch hätte ich sie gerne gegen meinen Lieblingspulli ausgewechselt.

Nachdem ich für einen kurzen Augenblick innegehalten hatte und die kleinen Fähnchen betrachtete, wurde mir schlagartig bewusst, wie wenig ich über Städtepartnerschaften zwischen den unterschiedlichsten Städten wusste und warum sich die Mühen diese aufrecht zu erhalten, nie ermüdeten. Mein Dad hatte mir immer erzählt, dass eine Partnerschaft zu einer anderen Stadt sorgfältig gepflegt werden musste. Ich war traurig darüber, dass ich mir in meinen jüngeren Jahren nicht wirklich Gedanken darüber gemacht habe und jetzt keine Ahnung davon hatte.

Großmutter war es immer, die mir sagte, dass man den Großteil des Wissens, nur in seinen jüngeren Jahren bekommen würde. Ich hielt es, wie so vieles damals, für den größten Quatsch, denn man einem Kind einreden konnte, doch wenn ich genauer darüber nachdachte, hatte sie Recht. Viele Sachen, die ich in der Grundschule wie ein Schwamm aufgesaugt hatte, würde ich niemals wieder vergessen; Dinge jedoch, die ich in der Highschool während meiner Teenager-Phase erworben hatte, hatte ich bereits zum Großteil vergessen.

Die letzten Sonnenstrahlen dieses Tages spiegelten sich im Wasser und ließen Menschen mit strahlenden Gesichtern an mir vorbei ziehen. Es entsprach der Wahrheit, dass Menschen bei strahlendem Sonnenschein freundlicher waren, als bei tristem Wetter. Ein kleines Mädchen lächelte mich im Vorbeigehen an, was ich sofort erwiderte und auch ihre Mutter, hatte einen entspannten Ausdruck in ihrem Gesicht. Ich bevorzugte Menschen, die glücklich und zufrieden durch die Welt gingen, als Menschen, die die ganze Welt als grauen Erdball ohne Lebensfreude sahen.

"Hier bist du." Eine schwer atmende Sophie riss mich aus meinen Gedanken und ließ sich auf der Holzbank neben mir nieder. Ihr Körper wurde mit einer enormen Menge an Adrenalin durchströmt.

"Drei Kilometer", sagte sie stolz und streckte mir ihren Schrittzähler, der auf ihrem Handgelenk einen fixen Platz gefunden hatte, unter die Nase.

"Bin stolz auf dich", lachte ich und drückte ihre Hand weg. Ihre Stirn war mit kleinen Schweißperlen bedeckt, welche sie mit ihrer linken Hand wegwischte, ehe sie einen kräftigen Schluck aus ihrer Trinkflasche zu sich nahm. Mein ganzes Leben hatte ich Menschen bewundert, die mühelos durch die Gegend joggen konnten, ohne auch nur für einen Augenblick, zu ermüden.

"Ich nicht", seufzte Sophie und griff ein weiteres Mal nach ihrer Trinkflasche, "ich wollte wenigstens eine weitere Hürde schaffen, aber anscheinend bin ich noch nicht so weit." Sie war traurig.

"Noch nicht so weit?", fragte ich spöttisch, musste jedoch sofort zu grinsen beginnen. "Ich an deiner Stelle wäre über meinen kleinen Vorgarten gerannt und danach sofort erschöpft auf dem Bürgersteig zusammen gebrochen", lachte ich.

"Jetzt übertreibst du aber", tadelte Sophie. "Mit einer gewissen Menge an Disziplin, würdest du mühelos einen Marathon bestreiten." Mit einer gewissen Disziplin, die ich nicht aufbringen wollte. Ich bevorzugte an der Stelle von Marathonläufen, beruhigende Spaziergänge durch die blühende Natur. Vielleicht war es nicht wirklich die Freizeitbeschäftigung, welcher viele Menschen in meinem Alter nachgingen.

PrudenceWo Geschichten leben. Entdecke jetzt