Kapitel 8

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Nachdem der lange Schultag endlich rum war, war ich froh mich endlich etwas ausruhen zu können. Da die anderen anders beschäftigt waren, machte ich mich alleine auf dem Weg ins Wohnheim. Ich vergaß schnell wieder die Idee zum Schloss zu gehen. Wer war ich, dass ich jemanden hinter her renne, der es im Endeffekt nicht mal Wert ist? Ich war nicht abhängig von Ben. Sollte er machen was er für richtig hält. Selbst wenn er es für richtig hielt mich zu ignorieren.

Als ich den Flur entlang lief und meine Zimmertür aufschloss, stockte mir der Atem, als ich Charlotte zusammen mit Ben in unserem Zimmer sah. Bevor ich überhaupt was sagen konnte, schob mich Charlotte ins Zimmer und schloss die Tür wieder hinter mir. Was geht hier vor sich? Wieso war Ben hier? Und wieso machte Charlotte darauf so ein Versteckspiel?

"Hallo.", sagte ich etwas verwirrt und legte meine Tasche auf mein Bett. Währenddessen Ben mich leicht anlächelte, schaute Charlotte immer wieder aus dem Fenster. Was machte sie?
"Was machst du da?",fragte ich sie verwirrt und lenkte ihren Blick auf mich. Sie schaute kurz zwischen Ben und mir hin und her und machte dann die Gardine wieder vor das Fenster. Ich hatte Charlotte noch nie so gesehen.

"Wenn du es noch nicht bemerkt hast, steht Ben gerade hier im Zimmer. Ich habe keine Lust, dass erstens gleich alle unser Zimmer stürmen und dass zweitens Miss Williams davon Wind bekommt.", sagte sie etwas paranoid und blieb mit ihren Blick bei mir.
"Ben, das ist Charlotte. Sie ist etwas paranoid.", sagte ich und zeigte auf sie. Sie schlug mir meine Hand weg und schaute mich aufgeregt an.

"Adelina, ich meine es ernst. Was denken die anderen, wenn Sie Ben hier sehen?", sagte sie besorgt und schaute nochmal kurz aus dem Zimmer. Nicht viel.
"Nicht viel. Nach meiner Aktion gestern in der Umkleide, denken wohl alle, dass wir was miteinander haben, also mache dir keine Sorgen: Niemand wird was falsches denken.", sagte ich und richtete mich an Ben, der immer noch auf seinen Platz stand und mich anlächelte.

"Was machst du hier?", fragte ich ihn und verschränkte leicht meine Arme. Erst meldete er sich nicht und jetzt steht er plötzlich hier?
"Ich wollte dich sehen und mich entschuldigen. Ich hätte dir antworten sollen. Es war nur etwas sehr stressig bei mir Zuhause.", sagte er und kam einen Schritt näher auf mich zu. Ich verstand das. Er brauchte sich dafür nicht entschuldigen.

"Du bist also nicht hier um etwas normales zu machen?", fragte ich ihn lächelnd und brachte ihn zum grinsend. Er schaute mich kurz mit einem schiefen Kopf an und kniff daraufhin seine Nase zusammen.
"Durchschaut.", sagte er und brachte uns beide kurz zum lachen. Als Charlotte sich kurz räusperte, bemerkten wir beide erst, dass sie noch mit uns im Zimmer war. Etwas peinlich.

"Ich nehme dir mal deine Sorgen und entführe Ben nach draußen. Da brauchst du dir keine Sorgen mehr machen, dass ihn jemand sieht.", sagte ich und nahm mir mein Handy, eine dünne Jacke und meine Tasche, ehe ich meine Zimmertür aufmachte.
"Es war nett dich kennenzulernen Charlotte.", sagte Ben und verließ lächelnd das Zimmer. Ich verdrehte kurz meine Augen und machte hinter mir die Tür zu.

* * *

Als Ben und ich kurze Zeit später aus dem Wohnheim heraus kamen, war der Trouble um uns beide groß. Ben hat sich die perfekte Zeit ausgesucht um zu kommen. Außerdem war das Wetter heute gut, also waren ziemlich viele draußen auf dem Gelände.

"Willkommen in der Normalität. Dort wo dich jeder ansehen wird.", sagte ich und winkte kurz Maria und Luana zu, die im ersten Moment genauso winkten, aber dann geschockt schauten, als sie sahen mit wem ich unterwegs war. Das Geheimnis ist nun raus.

"Das gute ist, dass hier Regeln gelten und niemand auf uns zukommen wird.", sagte Ben und lächelte mich etwas an. Ich lächelte ihn genauso an, aber es verschwand direkt wieder als Caleb auf uns zu lief. Was will er?

"Was willst du?", fragte ich ihn etwas genervt und war verwirrt, als Caleb und Ben sich umarmten. Habe ich etwas verpasst oder wieso kannten beide sich so gut, dass sie sich umarmten?
"Ade, es dreht sich nicht alles um dich. Ich wollte einfach nur meinen Cousin mal Hallo sagen. Man trifft nicht oft auf dich".

Sein was? Wieso wusste ich nicht, dass die beiden verwandt sind? Wieso hatte Caleb das nie erwähnt? Als Caleb nach kurzer Zeit realisierte, dass Ben und Ich vor ihm standen, schaute er uns beide verwirrt an.

"Was machst du hier? Vorallem was machst du mit ihr hier?", fragte Caleb und schaute mich kurz an, bevor er sich voll und ganz an Ben richtete.
"Adelina und Ich waren gerade auf dem Weg etwas zu machen. Ich wollte etwas von dem ganzen Schlossleben weg und sie hat sich angeboten was mit mir zu machen.", sagte Ben. Caleb schaute mich wieder an und sah mein Lächeln. Ich fand es schön, dass Ben es so offen heraus sagte.

"Um dich dreht sich auch nicht alles Caleb. Wir haben leider keine Zeit für dich.", sagte ich und lächelte ihn nochmal übertrieben an, bevor ich Ben anschaute und los lief. Er verabschiedete sich kurz von Caleb und holte mich ein, um wieder neben mir zu laufen. Ich wusste genau, dass er was zu der Situation sagen wollte.
"Sag nichts. Ich kläre dich irgendwann mal auf.", sagte ich und lief mit ihm vom Gelände des Internats. Einige der Schüler standen am Zaun und schauten uns so lange hinterher, bis wir hinter der nächsten Ecke verschwunden waren.

"Also Adelina: Was hast du schönes geplant?", wechselte Ben das Thema und lächelte mich von der Seite an. Ich lächelte ihn genauso an und schaute kurz geradeaus, ehe ich ihn wieder anschaute.
"Lass dich überraschen"

* * *

Bens Geständnis, dass er Klavier spielen konnte, ging mir seit Tagen nicht mehr aus dem Kopf. Ich war schon immer beeindruckt, wenn jemand Instrumente spielen konnte und das Klavier tat es mir am meisten an. Ben war etwas verwirrt, als wir uns plötzlich vor dem Bahnhof von Aredon wieder fanden.

"Was machen wir am Bahnhof? Fahren wir irgendwo hin?", fragte er mich und drehte sich zu mich um. Ich schüttelte meinen Kopf und holte eine Mütze und einen Schal aus meiner Tasche. Obwohl ich den Gedanken liebte, dass Ben von jeden möglichen Menschen angesprochen wird, sorgte ich mich schon etwas um seine Sicherheit, vor allem wenn wir so weit vom Schloss entfernt waren.

"Zieh das an. Dich müssen nicht unbedingt gleich alle erkennen.", sagte ich und drückte ihn die Mütze und den Schal in die Hände. Ohne weitere Fragen zog er sich beides an und schaute mich wieder an. Es war vielleicht nicht die beste Verkleidung, aber es ist unwahrscheinlich ihn direkt zu erkennen. Vorallem auch, weil Ben wie jeder zweite Junge auf dieser Insel aussieht.

"Willst du mir jetzt verraten, was wir machen?", fragte er mich wieder, als ich ihn die Tür zur Bahnhofshalle aufhielt. Wir beide gingen hinein und liefen durch die recht volle Halle.
"Du meintest zu mir, dass du gut Klavier spielen kannst. Ich glaube einige Reisende würden sich über ein wenig Entspannung freuen.", sagte ich und blieb mit Ben einige Meter vor dem Klavier in der Haupthalle des Bahnhofes stehen.

Warum hier überhaupt Klaviere standen,wusste ich nicht genau. In dem Moment war ich aber froh, dass hier einige rumstanden und noch frei waren. Die perfekte Möglichkeit für Ben zu spielen.

"Ich soll hier Klavier spielen? Vor allem?", fragte er mich etwas skeptisch und zuckte nur mit seinen Schultern, als ich ihn zu nickte. Er zog sich seine Jacke aus und drückte sie mir in die Hand, ehe er auf das Klavier losging. Ich ging ihn nach und legte unsere Sache an das Klavier, bevor ich mich an der Seite abstützte.

"Egal was. Spiele irgendwas.", ermutigte ich ihn weiter, aber dies war nicht mal nötig, da Ben komplett aus eigenem Willen spielen wollte. Er schaute sich kurz einige Tasten an und fing daraufhin an zu spielen. Am Anfang blieb niemand stehen um ihn zu zu hören. Erst als ich meine Jacke auszog und mich vor das Klavier stellte und etwas dazu tanzte, blieben einige Leute stehen.

Obwohl mich Ben als die Adelina kennenlernte, die nicht tanzen kann war an der Aussage nicht alles wahr. Ich konnte tanzen. Nur halt keine Paartänze. Ben realisierte das genauso und fing an zu lächeln, als er mich tanzen sah. Immer mehr Leute kamen zu uns und schauten uns beide fasziniert an. Nach einiger Zeit, kam ein junger Mann auf uns zu und stellte sich zu Ben um ihn mit seiner Gitarre zu unterstützen. Ben lachte ihn kurz an und schaute dann zu mir, die mit der Begleitung des Mannes zu der Melodie tanzte.

Als ich kurz zu Ben schaute, erkannte ich ihn nicht wieder. Er war wie ausgetauscht und genoss den Moment in vollen Zügen. Ihn war es total egal wer er war. Er war indem Moment einfach nur einer wie viele auf dieser Insel. Er fühlte sich zum ersten Mal frei. Er konnte das erste Mal er selber sein.

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