Immer wieder warf sie ihm flüchtige Blicke zu. In ihren Augen spiegelte sich dunkle Angst wider, die noch furchterregender zu sein schien, als sonst. Und auch ihr zierlicher Körper, der jedes Mal zusammenzuckte, wenn er seine Kaugummiblase zerplatzen ließ, zeichnete ihre Nervosität ab. ,, Hör bitte endlich auf damit...! " , krächzte sie schließlich angespannt. Ihre Stimme bebte fast. ,, Hey, ich will nicht behaupten, dass ich mir auch nur ansatzweise vorstellen kann, wie schlimm sich das gerade für dich anfühlt, aber du musst mich nicht anschreien. Außerdem kann ich immer noch absagen, wenn du nicht willst, dass ich sie wiedersehe " , entgegnete er mit zusammengezogenen Augenbrauen und auch in seiner Stimme lag eine gewisse Gereiztheit. Ihre schlechte Laune schien langsam aber sicher auf ihn abzufärben.
Ein entschuldigendes Seufzen kam über Claires Lippen, als ihr Blick wieder sanfter wurde. ,, Tut mir leid... Es war wohl keine gute Idee, dass du mich mitgenommen hast... Ich bin ein nervliches Wrack... " , schniefte sie, während sie versuchte ihre kommenden Tränen vor ihm zu verstecken. Schnell schwand die Angespanntheit des Schwarzhaarigen wieder und er drückte stattdessen behutsam ihre Hand etwas fester, während er erwiderte: ,, Dann lass uns einfach umdrehen. Holly hat viele Freunde hier. Sie findet schon jemanden, der sie abholt. " Allerdings schüttelte Claire als Antwort nur entschlossen den Kopf und atmete einige Male tief durch, bis ihre Hand endlich aufhörten unter der seinen zu zittern. ,, Ich will mich dieser Angst immer und immer wieder stellen und nie wieder vor ihr wegrennen müssen... " Mit einem besorgten Funkeln in den Augen musterte er sie, drückte ihr dann jedoch einen zärtlichen Kuss auf die Schläfe und hauchte liebevoll: ,, Du bist nicht alleine. Wir stellen uns dieser Angst gemeinsam. "
Holly wartete bereits vor dem Flughafen und als die Braunhaarige sie erblickte, erlosch der wenige Mut, der eben noch in ihr gebrannt hatte, schnell wieder. Hollys wellige, erdbeerblonde Haare funkelten genauso sehr unter dem matten Sonnenlicht, wie ihre graublauen Augen, die an zwei helle Wassertropfen erinnerten. Außerdem betonte der kirschrote Lippenstift ihre vollen Lippen, die keine Makel aufzuweisen schienen. Und auch ihre kurvige Figur ließ sie nicht minder attraktiv aussehen. Diese Frau war eine wahre Schönheit und nur ein einziger Blick genügte, um Claires mühsam aufgebautes Selbstwertgefühl für ihren Körper einfach zu zerschmettern. Sie konnte Holly mit ihrem zierlichen Körper, den spröden Lippen und dem wirren Haar nicht das Wasser reichen.
,, Hey, es ist unhöflich sich nicht vorzustellen " , riss Hidetos tiefe Stimme die Braunhaarige aus ihren Gedanken. Verwirrt sah sie zuerst zu ihm und dann wieder zu der Schönheit vor ihr, die mit einem warmen Lächeln ihre Hand ausgestreckt hatte. Schnell errötete sie peinlich berührt und nahm ihre Hand zitternd an, während sie schüchtern nuschelte: ,, Ich b-bin Claire... " ,, Freut mich. Meinen Namen kennst du sicher schon, also erspare ich mir das " , schmunzelte Holly ein wenig unbehaglich, jedoch auch humorvoll. Selbst ihre Stimme klang schöner. Die Braunhaarige hatte wirkliche Schwierigkeiten sich vorzustellen, wie Hideto sie nicht für so eine Frau verlassen könnte. ,, Na gut, jetzt wo wir uns alle kennen, lasst uns was essen gehen! Ich bin nämlich echt schon wieder verdammt hungrig! " , lachte der Schwarzhaarige, um die angespannte Stimmung etwas zu lockern. Holly verdrehte neckisch die Augen. ,, Dein Magen ist also immer noch wie ein schwarzes Loch! "
Obwohl der Schwarzhaarige seinen Arm bestimmt um sie gelegt hatte, spürte Claire die eiskalte Angst, die sie frösteln und ihre Kehle trocken werden ließ. Doch sie versuchte positiv zu bleiben, dieses eisige Gefühl im Nacken auszublenden. Schließlich schien Holly so nett zu sein und es wäre unfair ihr gegenüber gemein zu werden. Also gab sich Claire die größten Mühen freundlich zu lächeln, während sie aufmerksam dem Gespräch der beiden über alte Zeiten lauschte, und immer wieder ein paar Pommes von Hidetos Teller stahl, die durch die draußen herrschende Wintersluft sehr schnell kalt wurden. Es war schade um die Pommes, aber im Restaurant hätte die Braunhaarige es einfach nicht ausgehalten.
,, Sag mal, wie habt ihr euch eigentlich kennengelernt? Auch auf einen von Nicks schrägen Partys? " , wollte Holly schließlich schmunzelnd wissen und wandte ihre Aufmerksamkeit Claire zu. Ihr Blick war abschätzend, fast durchbohrend und die Braunhaarige fing an, sich zunehmend unwohler zu fühlen. ,, N-Nein... W-Wir haben uns auf e-einer Dating-App gefunden... " , antwortete sie mit zitternder Stimme und ein eiskalter Schauer zog sich über ihren Körper, als sie Hollys Lächeln sah. Sie schien sie doch tatsächlich für ihr Stottern auszulachen. Oder bildete sich Claire das einfach nur ein...? Sie hatte keine Antwort auf diese Frage, jedoch wurde sie das Gefühl, Holly könnte sie nicht wirklich leiden, auch für den restlichen Nachmittag einfach nicht mehr los.
Schwer seufzend sank die Braunhaarige noch etwas tiefer in den Autositz, nachdem sie Holly zu einem ihrer vielen Freunde gebracht hatten, bei dem sie für eine Weile unterkommen würde. Endlich war sie befreit von den stichelnden Blicken dieser einschüchternden Frau. ,, War es wirklich so schlimm für dich...? " , hakte Hideto besorgt nach. Zwar war ihm das kritische Funkeln in Hollys Augen nicht wirklich aufgefallen, jedoch hatte er die bittere Angst, die in denen Claires tobte, bemerkt. Sie hatte schon lange nicht mehr so gestottert und auch ihr Zittern war diesmal besonders stark. Er fragte sich, ob seine Idee vielleicht doch schlechter war, als er anfangs geglaubt hatte. ,, Nein... " , murmelte Claire nur knapp und kaum hörbar, als wollte sie, dass er ihre Worte überhörte. Und tatsächlich war ihre Angst, die Wahrheit könnte ihn der Freiheit berauben, die er sich so sehr wünschte, wie ein Siegel vor ihren Lippen.
Skeptisch zog der Schwarzhaarige eine Augenbraue nach oben, während Besorgnis in seinen Augen funkelte. ,, Sicher...? " Nur ein Nicken ihrerseits erhielt er als Antwort. Sie wollte nicht, dass er all ihre Ängste, die manchmal hochangsteckend zu sein schienen, irgendwann teilen würde. ,, Aber du sagst mir, wenn du dich mit dem Gedanken, dass ich noch mit Holly befreundet bin, unwohl fühlst, ja...? Denn auch dafür können wir sicher gemeinsam eine Lösung finden, mit der wir beide zufrieden sind " , ermahnte er sie nochmals sorgenvoll und wieder nickte Claire kaum merkbar. Nun schenkte Hideto ihr ein warmes Lächeln und zog sie etwas näher an sich, um ihr einen flüchtigen, aber liebevollen Kuss auf die Lippen zu hauchen, der ihr ein wenig der alten Sicherheit zurückgab.
In dieser Nacht fiel es Hideto besonders schwer in das Land der Träume zu finden. Die Gedanken über seine damalige Beziehung mit Holly hielten ihn wach. Er konnte sich noch gut an die Leidenschaft erinnern, an das Begehren, das ihre Beziehung überhaupt erst entflammt hatte. Sie teilten blühende Fantasie, heißen Spaß und innige Intimität. Doch irgendwie war das auch schon alles, was sie aneinander hatten. Sie wollte die Freiheit, das Reisen, die Jugend, deswegen konnte sie auf seine besondere Frage auch nicht mit einem Ja antworten.
Und was wollte er in dieser Beziehung eigentlich? Zum ersten Mal stellte er sich diese Frage, doch die Antwort zu finden war nicht schwer. Er wollte Hochzeit, Haus und Kinder. Das war die Vorstellung seiner Freiheit. Schnell war klar, keiner von beiden würde in dieser Beziehung wirklich frei werden. Und damit endete es langsam, das Begehren und auch die Verliebtheit.
Selbst wenn die Gefühle für Holly schon lange versiegt waren, so befürchtete er doch, dass tief in seinem Inneren die alte Leidenschaft wieder aufflammen könnte, jetzt, wo er wusste, dass Sex mit der Frau, in die er wahrhaftig verliebt war, niemals möglich sein würde. Noch allerdings war Claire die einzige Frau, die er an jeder Stelle ihres wunderschönen Körpers berühren wollte, und er war fest entschlossen, dies auch so bleiben zu lassen. Nie wieder sollte sie den Schmerz, einfach ersetzt zu werden, verspüren. Nie wieder sollte sie sich ungeliebt fühlen. Und nie wieder sollte sie die Angst vor dem Verlassenwerden so tiefgehend erleben.
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An Ace in Bed
Romance,, Einmal Liebe ohne Sex, bitte! " Wenn man aus der Norm fällt, dann ist Dating wohl eines der schwierigsten Dinge, das weiß die asexuelle Claire ganz genau. Nach zwei bitter gescheiterten Beziehungen, vielen tröstenden Übernachtungspartys mit ihren...