26. Chapter: Panic Attack

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Immer noch lag er wach in seinem Bett und grübelte über die Dinge, die sie ihm erzählt hatte. Zwar hatte er ihr versprochen, sie niemals zu betrügen, und er war auch fest entschlossen sich daran zu halten, allerdings konnte er nicht mit Sicherheit sagen, ob ihre Beziehung nicht doch irgendwann an dem selben Grund zerbrechen würde. Der fehlende Sex, und damit auch eine gewisse Art der Intimität, könnte in ein paar Jahren vielleicht doch zu einem Problem werden, selbst wenn es das jetzt noch nicht war. Diese Gedanken ließen Hideto nicht nur sorgenvoll, sondern auch mit einem schlechten Gewissen gegenüber Claire zurück, denn er wollte nicht ebenfalls miterleben, wie sie eine Panikattacke wegen ihm bekam.

Seine Gedanken ließen ihm keine Ruhe mehr, weswegen er die Decke von seinem Körper schlug und ins Wohnzimmer ging. Er holte ein Glas mit Gras aus einem der Schränken unter dem Fernseher und für eine Weile starrte er dieses nachdenklich an, ehe er sich jedoch dagegen entschied. Stattdessen setzte er sich an den Küchentisch, zusammen mit seinem Graphic Tablet. Für ihn gab es keine bessere Medizin gegen Gedankenkarusselle, als etwas zum Zeichnen. Währenddessen wurden seine Gedanken leicht und er vergaß auf Raum und Zeit. Er liebte dieses befreiende Gefühl.

Indessen der Schwarzhaarige sich ganz seiner Leidenschaft hingab, wachte Claire schweißgebadet auf. Ein schrecklicher Alptraum, der von ihren schlimmsten Gefühle und Ängste genährt wurde, hatte sie die wenigen Stunden ihres Schlafes gequält. Jetzt saß sie hier im Dunkeln, mit dem bitteren Gefühl, das Hideto sie gerade verlassen hatte, und als sie hilfesuchend neben sich sah, war er zu ihrem Erschrecken tatsächlich nicht da. Der Anblick des leeren Bettes ließ sie in Tränen ausbrechen. Er war wirklich gegangen, hatte sie in diesem dunklen Zimmer alleine zurückgelassen. Hatte er vielleicht bemerkt, dass er mit einer anderen Frau viel glücklicher werden könnte, als mit ihr...?

Die verwirrten Gedanken der Braunhaarigen wurden von der sich langsam öffneten Tür unterbrochen. ,, Hey, was ist denn los...? Ich hab dich weinen gehört... Hattest du einen Alptraum...? " , fragte Hideto vorsichtig, während er sich zögernd zu ihr ans Bett setzte. Er schloss sie sanft in seine Arme, als sie sich weinend an ihn schmiegte und kaum merkbar nickte. ,, Alles ist gut, meine zarte Kirschblüte... Ich bin ja da... " , flüsterte er liebevoll gegen ihr wirres Haar und ließ seine Finger einige Male durch dieses gleiten.

Nachdem Claire sich wieder etwas beruhigt hatte, wollte er besorgt wissen: ,, Worum ging es denn in deinem Alptraum...? " Sie zögerte lange ihm seine Frage zu beantworten. Das Gefühl ihn mit ihrer Angst ungewollt zu manipulieren, damit er bei ihr bleiben würde, schlich sich in ihr Herz. Allerdings ermutigte sie der Schwarzhaarige offen zu sprechen und schließlich traute sie sich doch: ,, D-Du hast mich verlassen... Und dann bin ich a-aufgewacht und du warst nicht da... " Wieder fingen vereinzelte Tränen an ihre Wangen hinunterzufließen.

,, Ach, ich hab doch nur kurz ein bisschen gezeichnet. Ich wollte dich einfach nicht wecken. Glaubst du denn wirklich, dass ich mich um zwei Uhr morgens aus meiner eigenen Wohnung schleichen würde? " , versuchte Hideto sie etwas aufzuheitern und schenkte ihr dabei ein warmes Lächeln, während er sie behutsam noch ein wenig fester an sich drückte. Leicht schüttelte die Braunhaarige den Kopf. ,, Ich weiß, d-dass das für dich w-wahrscheinlich keinen Sinn ergibt, a-aber für mich war d-das genauso real, wie d-dass du mich jetzt i-in deinen Armen hältst... " Kaum merkbar, dafür jedoch verständnisvoll, nickte er. Schließlich wusste er mittlerweile, dass sich manche Dinge für sie anders anfühlten, als für ihn.

Der Schwarzhaarige war sich nicht sicher, ob das, was sie gerade erlitten hatte, wirklich eine Panikattacke war, doch falls es eine gewesen sein sollte, wollte er sicher gehen, dass er alles richtig gemacht hatte, und in Zukunft noch machen würde. Deswegen hakte er auch nach einer schweigsamen Weile nach: ,, Wenn du eine Panikattacke hast, wie soll ich mich dann verhalten...? " Zuerst etwas verwundert und dann nachdenklich sah Claire ihn an. 

,, Mich in den Arm zu nehmen, wäre ein guter Anfang. Aber was mir auch sehr hilft, ist die 1-2-3-Methode " , antwortete sie nun wieder gefasst. Verwirrt zog er eine Augenbraue in die Höhe. ,, 1-2-3-Methode? " Sie nickte leicht und erklärte: ,, Du fragst mich nach einer Sache, die ich anfassen, zwei Sachen, die ich sehen und drei Sachen, die ich hören kann. Das hat vor allem Michelle immer mit mir gemacht, was mir sehr geholfen hat. Und wenn es für dich okay wäre, dann würde ich dabei gerne deine Hand drücken. Dich zu spüren beruhigt mich nämlich auch sehr. " Er nickte nur langsam, hoffend, dass er sich im Ernstfall an all diese, wenn auch wenigen, Sachen erinnern würde.

Nun saßen sie hier und schwiegen einander an. Es war ein wenig beklemmend, vor allem für Hideto, weswegen er versuchte die Stille zu unterbrechen: ,, Weißt du, ich hab darüber nachgedacht, warum du mich damals nach rechts gewischt hast oder warum du überhaupt auf einer Dating-App warst, wo dir doch schon zweimal das Herz gebrochen wurde und du solche Angst davor hast. " Die Braunhaarige schenkte ihm einen etwas beschämten Blick, als er sie fragte. Warum ihr das wohl peinlich war? 

,, Naja, eigentlich hat das zu meiner damaligen Therapie gehört. Nachdem ich solche Angst vor dem Verlassenwerden hatte, dass ich niemals wieder eine Beziehung anfangen wollte, hat meine Therapeutin, nach einigen Jahren Therapie, mir dazu geraten, es wieder zu versuchen, um mich meiner Angst zu stellen. Und auch, wenn ich am Anfang kein bisschen von dieser Idee begeistert war, bereue ich es jetzt doch nicht. " Verliebt lächelte sie ihn an, als sie dies sagte. Es zauberte ihm ebenfalls ein Lächeln auf die Lippen.

,, Du meintest vorher, du hättest etwas gezeichnet. Darf ich es sehen? " , flüsterte Claire schüchtern und spielte verlegen mit einer ihrer Haarsträhnen. Stolz fing der Schwarzhaarige zu grinsen an. ,, Na klar. " Dann verließ er das Schlafzimmer für einige Momente, bevor er mit seinem Graphic Tablet zurückkehrte. Drauf zu sehen, war ein großer Mond, der jedoch nur aus Schädel und Wirbelsäule bestand. Aber mittlerweile erschreckten sie diese Zeichnungen nicht mehr. Sie fand, es war seine persönliche Note, die jeder Künstler nun mal brauchte. ,, Ich habe aus dem Fenster geblickt und den Mond gesehen, und dann hab ich mich einfach gefragt, wie der Mond wohl als Skelett aussehen würde. Du hast wohl 'nen echt gruseligen Freund " , schmunzelte er etwas unbehaglich. Claire kicherte niedlich: ,, Ach echt? Also ich finde ihn ja einfach nur süß. " Dann hauchte sie ihm einen zarten Kuss auf die Wange, was ihn zugegeben leicht erröten ließ.

,, Darf ich dich mal etwas Intimes fragen? " , druckste Hideto herum, als die Röte seiner Wangen wieder nachließ. Die Braunhaarige nickte nur als Antwort. Ein nervöses Seufzen kam über seine Lippen. ,, Also, wir haben ja letztens über Sexspielzeug und Pornos gesprochen, und ich wollte fragen, ob du jemals versucht hast, es dir selbst zu machen? Ich hoffe die Frage ist nicht zu unangenehm... " ,, Nein, schon gut " , schüttelte sie lächelnd den Kopf, ehe sie auf seine Frage erwiderte, ,, Ich hab es als Teenager mal probiert, aber ganz ehrlich? Das hat sich angefühlt, als würde ich mich selbst vergewaltigen, deswegen habe ich damit auch aufgehört. " Fassungslos starrte er sie an. War dieses Gefühl tatsächlich so schlimm für sie...? Verspürte sie dabei wirklich nichts Gutes...?

,, Könnte es nicht auch sein, dass du für dich einfach noch nicht die richtige Weise gefunden hast...? " , bohrte der Schwarzhaarige vorsichtig nach. Er wusste, dass sie es hasste, wenn er sie und ihre Gefühle so in Frage stellte, aber er konnte sich diese Frage einfach nicht verkneifen. ,, Nein, ich glaube nicht. Es hat mir körperlich zwar nicht weh getan oder mich unwohl fühlen lassen, dafür war es aber emotional einfach nur furchtbar für mich. Ich fand es ekelhaft und wollte es auch nicht mehr machen, nur weil alle anderen es in meinem Alter gemacht haben " , entgegnete Claire mit zusammengezogenen Augenbrauen. Er hörte die versteckte Enttäuschung über seine Zweifel in ihrer Stimme.

,, Tut mir leid... Ich hab's schon wieder getan... " , seufzte er entschuldigend und wich beschämt ihrem Blick aus. Manchmal fiel es ihm immer noch sehr schwer, zu glauben, dass sie all diese Gefühle wirklich nicht toll fand oder sie erst gar nicht verspürte. Und dann begann er einfach sie zu hinterfragen, obwohl sie alleine am besten wusste, wie sie fühlte und dachte. Die Braunhaarige schmiegte sich etwas enger an ihn und flüsterte mit einem hauchdünnen Lächeln: ,, Ist schon gut. Ich kann mir vorstellen, dass das für dich schwer zu glauben ist. Schließlich fühlt sich das für dich ja unglaublich gut an. Aber für mich ist das einfach kein schönes Gefühl, egal, wie ich es mir mache. " ,, Manchmal frage ich mich, womit ich dich verdient habe " , schmunzelte er leise, während er ihr sanft durchs Haar fuhr. Ein neckisches Grinsen schlich sich auf ihre blassen Lippen. ,, Ich mich auch. "

An Ace in BedWo Geschichten leben. Entdecke jetzt