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Als ich fallengelassen wurde, habe ich fliegen gelernt ...
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Flackerndes Neonlicht. Gröhlende Männer.  Laute Musik und eine Mischung aus dem Geruch von Zigaretten und Bier. Das Alles umgab mich jede Nacht in diesem Club.

All in, all out

"Und - wo kommt ihr beide her?", versuchte ich ein Gespräch mit den Fremden aufzubauen. Anscheinend war ich aber dem Unbekannten schon uninteressant geworden, denn nur Howard war Feuer und Flamme für mich.

"Ich lebe schon immer hier. Habe diese Bar jedoch wegen meiner Frau ... Exfrau... nie besucht", erzählte Bärchen und schaute dabei betrübt in sein halbleeres Glas Bier.

Ich gab Männern, von denen ich mir sicher war, sie öfter zu sehen, immer Spitznamen. So musste ich mir ihre echten Namen nie merken und hielt das Ganze auch irgendwie auf Distanz.

"Und du?", sprach ich dann Silence an, der sich seinen Spitznamen damit verdiente, mich immer nur schweigend zu mustern. Ich hätte ihm auch sicher einen Namen geben können, der seine Perfektion wiedergespielt hätte. Das wäre mir irgendwie verzweifelt vorgekommen.

Während er mich nur flüchtig ansah, dabei seine Augen fast zu schnell über meinen Körper huschen ließ, sprang Howard plötzlich auf und zückte sein Handy, was mich ihn fragend mustern ließ.

"Ich werde Käthe um Verzeihung bitten", lallte er und trank anschließend noch sein Bier auf Ex, von dem die Hälfte in seinem vollen Bart landete.

Ich hatte solche Verzweiflungstaten schon oft miterlebt, denn es gab nachts viele Howards hier, die alles Vergangene nach ein paar Bier bereuten und zu ihrem liebevollen Frauchen zurückkehren wollten.

Neben ihnen gab es dann noch die Typen, die einfach nur Spaß haben wollten und die Sorte Kerle, die auf der Straße kaum Beachtung von Frauen bekamen. Dieser Gedanke ließ mich meinen Blick wieder auf Silence lenkte.

Ich starrte ihn nachdenklich an. Bemerkte seine ruhige Atmung und auch, dass er sich kaum bewegte, während er nur gedankenverloren ins Nichts sah. Das weiße Hemd spannte fast schon an seiner trainierten Brust und auch sonst wirkte er gleichzeitig elegant, doch auch absolut männlich. Das brachte mich ein klein wenig aus der Fassung und warf mir Mal wieder die Frage auf, was er hier überhaupt wollte.

Als er plötzlich meinen Blick erwiderte, wich ich ihm sofort ertappt aus und trank vor lauter Nervosität einen Schluck meines Orangensafts.

"Wieso arbeitest du hier?", fragte er plötzlich aus dem nichts und es klang sogar ein wenig vorwurfsvoll, doch davon ließ ich mich nicht beirren.

"Weil es mir Spaß macht", gab ich lässig zurück, doch sein Gesicht zeigte überhaupt keine Reaktion. Er lehnte sich vor und sah mir so tief in meine Augen, dass ich wie hypnotisiert die Luft anhielt.

Er hatte mit seinen eindringlichen Blicken eine magische Wirkung auf mich, auch wenn ich es niemals zugeben würde.

"Lüge."

Ganz leise formte er dieses Wort mit seinen Lippen, dass umso lauter durch meinen Verstand wehte. Wie konnte er es wagen, mich so einzuschätzen? Mch so zu verurteilen, obwohl er mich nicht einmal kannte?!

Ich ließ mir meine Unsicherheit nicht anmerken und zog nur eine Augenbraue provozierend nach oben, ohne seinem Blick auch nur eine Sekunde auszuweichen.

"Du denkst also, dass ich es nötig hätte, einen Fremden zu belügen?", gab ich ihm selbstsicher zurück, woraufhin er nur flüchtig lächelte und sich wieder zurücklehnte.

"Du versteckst dich hinter deinen wilden Locken, deinem Porzellanpuppen Blick und deinem Selbstbewusstsein. Auch wenn die anderen Männer hier denken, dass du sie gerne amüsierst, sehe ich in deinen Augen immer noch Träume, die dir bis jetzt noch nicht erfüllt wurden. Mir brauchst du nichts vormachen, Love. Ich kenne dich."

Ohne ihm etwas zu erwidern, stand ich auf und wollte sofort abhauen. Ich kam mir seit ich hier arbeitete noch nie so bloßgestellt vor, denn zum Glück interessierten Männer sich hier nur für mein Äußeres. Das war mir viel lieber, als so eine Unterhaltung.

"Und jetzt ergreifst du die Flucht, um dich nicht der Wahrheit zu stellen", hörte ich ihn dann noch hinter mir und drehte mich daraufhin nochmal zu ihm um.

"Welcher Wahrheit?", fragte ich wütend und stellte mich dabei so nah vor ihn, das er zu mir aufschauen musste.

"Das du besseres verdient hast."

Mein Blick fiel zu Boden und nachdem ich der Musik gelauscht und einmal tief durchgeatmet hatte, suchte ich wieder seine mich musternden Augen.

"Du hast ja keine Ahnung, Silence", lächelte ich meinen Schmerz weg und kehrte ihm dann entgültig den Rücken, um meine aufkommenden Tränen zu verbergen.

Ich lief die Treppe herunter, warf einen Blick zur Bühne, auf der im Moment niemand zu tanzen schien und rannte dann schon fast an Josh vorbei zu unserem Umkleideraum.

Als ich die Tür hinter mir schloss, flossen auch schon die ersten Tränen und innerlich verfluchte ich ihn dafür, mir solche Gefühle zu entlocken.

Ich entschied mich damals wegen Pablo genau hierher zu kommen und hier zu arbeiten, aus den Gründen, dass ich in Ruhe gelassen werden wollte. Ficken ging ohne nachzudenken - genauso wie tanzen und auch wenn es andere sicherlich anwiderte, mit Fremden zu vögeln, war es mir zuwider, meine Seele so zu offenbaren.

Lüge...

Besseres verdient...

Träume in den Augen...

Porzellanpuppen Blick...

Das Schlimmste daran war - er hatte Recht. Genau das war es auch, was mich so sehr  verletzte.

Ich hatte mal Träume, aber das war lange her und nachdem was ich getan hatte, glaubte ich kaum noch, dass ich besseres verdient hatte, als benutzt zu werden.

Meine Tränen wegwischend lief ich zum Spiegel, trug ein wenig frisches Make Up auf und ließ Vergangenes einfach vergangen sein.

Silence würde sicher nicht zu oft hierher kommen und wenn doch, würde ich mich für diese Zeit einfach krankmelden.

So einfach war das...

"Love?"

Mein Blick fiel zur Tür und sofort setzte ich mein Lächeln auf und lief zu ihm herüber.

"Alles okay? Du hast so-"

"Alles gut", gab ich Josh freundlich zurück und drückte ihm einen dankbaren Kuss auf seine Wange, der ihn verliebt zum Schmunzeln brachte.

Er war wirklich immer für mich da, was zwar lieb und selbstlos schien - doch er erhoffte sich mehr. Zu mehr, als einem lockeren Arbeitsverhältnis, war ich aber nicht im Stande.

Nur weil ich auf einem Drahtseil über der Hölle balancierte, musste ich da niemanden mitmachen lassen...

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The split Mate - Only by nightWo Geschichten leben. Entdecke jetzt