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Der Mensch lernt erst nach einem richtigen Sturm, sich nicht von jedem Windstoß aus der Fassung bringen zu lassen;
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Ohne mich weiter diesen Zweifeln in meinem Kopf hinzugeben, zog ich unter seiner stummen Beobachtung meine Schuhe an und schlenderte dann Hand in Hand mit ihm zu seinem Motorrad, an dem angekommen er mir sofort freundlich seinen Helm reichte.

"Und du möchtest wirklich nichts essen?", fragte er zum dritten Mal und wieder verneinte ich, wie zuvor auch schon. Ich hatte überhaupt keinen Appetit und nahm mir trotzdem vor, bei Willy ein paar Bissen Fisch zu essen, um Reahlyn wenigstens etwas zu beruhigen.

Er stieg mit einem sorgenvollem Blick auf, startete die Maschine und ich machte es mir anschließend hinter ihm bequem, um mich wie immer nah an ihn heranzukuscheln, während wir langsam losfuhren.

Es fühlte sich irgendwie schrecklich an, von diesem magischen Ort wegzufahren, auch wenn ich froh war gleich Willy zu sehen, aber es war, als würde ich direkt in ein anderes Leben zusteuern...

Ich fühlte mich schon beim Fahren durch den Wald hin und hergerissen. Nicht was Reahlyn anging, sondern was meine Zukunft anging.

Wie sollte ich das alles nur geregelt bekommen, gleichzeitig mit Reahlyn glücklich zu werden, Esteban im Stich zu lassen und meinen Sohn zu entführen... es schien fast unmöglich ...

Diese ganzen Gedanken waren auf einmal wieder zu viel für mich und ich versuchte nochmal geistig komplett abzuschalten, während ich den Bäumen zusah, die an mir vorbeizogen und mich auf die schöne Natur Alaskas konzentrierte.

Wir kamen schneller als ich dachte dann bei Joshs Mama an und während ich den Lieblingsfisch von Willy aussuchte, unterhielt Reahlyn sich mit ihr über sein Motorrad.

"Wünsche euch einen schönen Tag", meinte sie dann noch zum Abschied und wir liefen gemeinsam Hand in Hand den Hafen entlang.

"Ist alles okay bei dir?", fragte er dann, um die schon viel zu lange bestehende Stille zwischen uns zu brechen und sah dabei besorgt zu mir herüber.

"Ja", erwiderte ich ihm leise und versuchte ihn dabei nicht anzuschauen, denn er würde beim Blick in meine Augen sicher sofort meine Lüge enttarnen können.

"Du weißt, dass ich spüren kann, wenn dich etwas belastet?"

Ich blieb bei seinen Worten stehen, atmete einmal tief durch und wandte mich dann zu ihm, während meine Gedanken nur noch darum kreisten, dass ich ihm von dem wahren Ableben seiner Schwester und von Benjamin erzählen müsste ... doch meine Angst hielt mich zurück...

"Love?"

Er umfasste meine Hüften und starrte mir so intensiv in die Augen, als würde er versuchen mich so zum Reden zu bringen, doch ich konnte es nicht, aufgrund meiner Angst vor den Konsequenzen.

"Ich bin nur müde", gab ich ihm dann schnell zurück und löste seine Hände von meiner Tailie, um einfach weiterzulaufen. Ihm in die Augen zu sehen, während ich ihn belog, brachte ich nicht über mein Herz.

"Müde?", wiederholte er mich irritiert und holte mich dabei ein. "Dann sag wenigstens, dass du mir anscheinend nicht vertraust, denn belogen zu werden, habe ich nicht verdient! Wenn es wegen letzter Nacht ist und es dir zu schnell ging, dann sag es einfach!"

"Was?!", wurde ich sofort lauter und schaute ihn dann ernst an. "Reahlyn! Es hat überhaupt nichts mit letzter Nacht zu tun! Es war mir nicht zu schnell! Um genau zu sein, es war perfekt!", gab ich erschocken über seine Zweifel an sich selbst von mir und legte ihm dabei meine Hand beruhigend auf seine Wange. "Glaub mir das. Es liegt in keinster Weise an dir. Ich habe e-"

Schnell unterbrach ich mich selbst und schaute frustriert zu Boden. Wie gerne hätte ich ihm alles, wirklich alles erzählt, doch was, wenn er dann abhauen würde? Wenn er mich alleine lassen würde? Das würde ich nicht verkraften...

"Was hast du?", flüsterte er und hob dabei mein Kinn vorsichtig an, um mich anschauen zu können. "Egal was du hast, du kannst mir vertrauen."

"Und was, wenn du mich verlässt?"

Er schaute mich verwirrt an und nahm mein Gesicht fürsorglich in seine Hände, um seine Stirn für eine kurze Zeit an meine zu legen.

Ich spürte seinen Atmen auf meinem Gesicht, schloss meine Augen dabei und genoss diese intime Nähe, bis er sich viel zu schnell wieder von mir löste und mich beruhigend ansah.

"Spürst du diese Verbindung? Ich werde dich sicher nicht verlassen, Kleine. Ich weiß, dass du kein einfaches Leben hattest und man kann es fühlen, wie du täglich einen Kampf mit dir selbst führst, aber ich meine es vollkommen Ernst. Ich bleibe an deiner Seite, egal wie dunkel es auch um uns wird."

"Wirklich?", fragte ich unsicher und wurde zeitgleich rot, während er mit seinen lieben Worten mein Herz zum Springen brachte.

"Ich verspreche es dir", hauchte er und dann wollte ich ihm von Benjamin erzählen, doch gerade, als ich meinen ganzen Mut zusammengenommen hatte, unterbrach uns jemand.

"Hallo, ihr zwei", kam es freundlich von Willy, der anscheinend selbst schon Fisch kaufen war.

"Hey", begrüßte ich ihn mit einem Lächeln und schaute flüchtig zu Reahlyn, dem ich ganz genau ansah, dass es an ihm nagte, dass wir unterbrochen wurden, doch er riss sich schnell wieder zusammen.

"Hey Willy", lächelte er und zu dritt liefen wir dann zu unserm Stammplatz.

Jetzt war der Moment verflogen, die Zeit vorbei und obwohl ich erleichtert darüber war, mein Geheimnis noch eine Weile wahren zu können, ärgerte es mich auch.

Ich wollte einfach nicht, das etwas zwischen uns stehen würde...

Begierig auf ihn und seine Nähe, griff ich nach seiner Hand, während er mit Willy redete, woraufhin er sie sofort leicht drückte und mir ein flüchtiges Lächeln schenkte.

Alles wird gut ...

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The split Mate - Only by nightWo Geschichten leben. Entdecke jetzt