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Wer bist du, wenn du niemand sein musst;
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Außer Atem und immer noch überwältigt von seinen Berührungen, lag ich zugedeckt da und beobachtete ihn dabei, wie er sich mit dem Rücken zu mir gewandt wieder anzog.

Gedanklich versuchte ich zu verstehen, was überhaupt zwischen uns passiert war. Es schien jedoch so, als wäre mein Verstand die letzte Stunde nicht da gewesen. Ich erinnerte mich an nichts - nur an seine Hände auf mir und an das Gefühl, mit ihm eins zu sein, wovon ich erneut ein Kribbeln im ganzen Körper bekam.

"Wie viel?", fragte er plötzlich mit seiner gewohnten, kalten Stimme und drehte sich zu mir herum. Ich sah ihn fragend an und verstand nicht ganz, was er meinte, bis ich das Portemonnaie in seiner Hand sah und innerlich tausend Tode starb. Mit einem einzigen Satz schaffte er es, mich mit einem harten Schlag wieder auf den Boden der Tatsachen zu katapultieren... und es tat einfach nur weh. Doch was hatte ich mir auch gedacht? In seinen Augen war ich nicht das, was ich in Reahlyns war und ich wünschte mir nichts sehnlicher, als wieder eine erfundene Märchenfigur zu sein.

"Ich will dein scheiß Geld nicht", brachte ich mit bebender Stimme wütend hervor und stand im selben Moment mit meiner Decke um mich gewicktelt auf, um mich nah vor ihn zu stellen. "Das war also alles? Dafür wolltest du mich nach Hause bringen? Schieb dir dein scheiß Geld sonst wohin!"

Ich lief an ihm vorbei zu meiner Tür und riss diese auf. Ich bemühte mich dabei nicht in Tränen auszubrechen, aus Scham darüber, alles was geschah, falsch gedeutet zu haben.

"Hör auf so dramatisch zu reagieren!", befahl er kühl und legte einige Scheine auf meinen Nachttisch, um sich mir anschließend wieder zuzuwenden. "Das macht die Sache nur klarer. Ich bin wegen etwas anderem hier, also schließ die Tür und hör mir einfach nur zu."

Hätte ich nur Reahlyns Pistole genau jetzt in meiner Hand...

Ich knallte die Tür frustriert wieder zu und lief aufgebracht zu meiner Couch, um mich mit meinem vernichtenden Blick auf ihn gerichtet auf ihr niederzulassen...

"Wegen was bist du dann hier?", zischte ich immer noch fassungslos und sofort holte er tief Luft und starrte mich mahnend an. Ihm gefiel es anscheinend überhaupt nicht, dass ich so laut ihm gegenüber wurde. War mir aber in dem Moment absolut egal. Er hatte mir weh getan und das, obwohl er nur das tat, was alle taten.

"Ich wollte nur wissen, wie es gestern Nacht mit Ronald war", erklärte er sich und richtete sein weißes Hemd, das eben noch auf dem Boden gelegen hatte.

"Wieso?", fragte ich skeptisch und stand sofort wieder auf, um einige Schritte auf ihn zuzugehen. "Denkst du, du könntest hier einfach auftauchen, dir nehmen was du willst und mich dann auch noch über andere Männer ausfragen?", warf ich ihm durch meine vor Wut zusammengepressten Zähne entgegen, doch er legte nur den Kopf schief und musterte mich von oben bis unten, während er etwas aus der Tasche seiner Hose hervorholte.

"Ich bin der leitende Polizist in dem Fall von Ronald Linn. Er wurde heute morgen tot aufgefunden und die letzte, die mit ihm gesehen wurde, warst du."

Mit weit aufgerissenen Augen schaute ich mir seine Marke an und bekam plötzlich das Gefühl, ich hätte mich meinem größten Feind gerade hingegeben. Ich verstand überhaupt nicht mehr, was diese ganze Show davor von ihm sollte und trotzdem huschten meine Augen wieder flüchtig über seine Lippen. Ich wandte meinen Blick eilig wieder zu Boden und trat nervös von einem Fuß auf den anderen.

"Er ist sofort nachdem wir das All in verlassen haben gegangen. Er meinte, er müsste sich noch mit jemanden treffen", log ich und starrte dabei mit rasendem Herzen meinen hellen Holzboden an, doch Esteban kam einen Schritt auf mich zu und hob mein Kinn, sodass unsere Augen sich gegenseitig fixierten. Ich verlor mich in seinen und wusste ganz genau, dass er sich auch in meinen verlor. Da war mehr, als nur die Frage eines Polizisten an eine Hure. So viel mehr, was ich mir nicht erklären konnte.

"Hör mir zu, okay. Ich habe den Fall nur übernommen, weil dein Name gefallen ist. Wenn du ihm das angetan hast, dann sag es mir und ich werde das irgendwie lösen. Andernfalls muss ich weitermachen mit meinen Ermittlungen."

Er sprach zwar kühl, doch ich spürte an seinem Blick, dass er mich wirklich nicht verraten würde und ich vertraute ihm auf eine mir nicht zu erklärende Weise vollkommen.

Mir fiel sofort wieder Reahlyns Schwester ein und wenn ich jetzt nicht lügen würde, dann würde Esteban sicher bald auf Reahlyn kommen. Immerhin war ich bei ihm, also wusste er wahrscheinlich sowieso schon das er etwas damit zu tun hatte, oder dachte es sich zumindest und wollte nun nur noch eine Bestätigung von mir...

"Das du Polizist bist, hätte ich nicht gedacht", hauchte ich ihm nur entgegen, wodurch er seine Stirn runzelte und mein Kinn endlich wieder losließ.

"Und wieso nicht?"

"Naja, würde ein Polizist seinem Bruder dabei zusehen, wie er Frauen verkauft?", fragte ich und bemühte mich dabei, ihm nicht zu viele meiner aufgewühlten Emotionen zu zeigen. Ich war in dem Moment immer noch wütend, doch auch verwirrt und fühlte mich irgendwie plötzlich einsamer denn je.

"Love, du hast mir mehrmals deutlich klargemacht, dass du dieses Leben für dich gewählt hast und glücklich damit bist. Ich weiß, dass es nicht so ist, aber ich bin kein Hund, der dir hinterher läuft wie manch anderer. Willst du meine Hilfe, egal bei was auch immer, dann verlange ich, dass du mir vertraust und selbst auf mich zukommst."

Er sah mich noch eine kurze Minute eindringlich an, dann kehrte er mir den Rücken und zog seinen Mantel über, um an der Tür angekommen nochmal inne zu halten.

"Ich warte heute Abend im All in auf dich und dann will ich Antworten, Love."

Das war das Letzte, was er sagte und dann verschwand er aus der Tür und ließ mich völlig durcheinander zurück...

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The split Mate - Only by nightWo Geschichten leben. Entdecke jetzt