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Welches Glück, welche Geborgenheit, welche Seligkeit, wenn jemand dir zuhört, zu dem du zu sprechen wagen darfst, als sprächest du zu dir selbst;
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Nachdem ich mich in seinen Armen liegend einigermaßen beruhigt hatte und nur ab und zu noch leise schluchzte, löste er sich von mir und sah mich mitfühlend an. Es brauchte keine Worte mehr, damit er verstand, dass ich im Moment nur seine Nähe wollte.

Ganz vorsichtig legte ich mich aufs Bett und zog mir die Decke dabei wieder über meinen Körper. Einfach, weil ich mich dadurch sicher fühlte.

Reahlyn stand währenddessen auf, lief dabei zu den zwei kleinen Fenstern und zog die Gardinen zu, sodass nur noch sehr wenig Licht das Zimmer erhellte. Man sah genug, um alles zu erkennen und so beobachtete ich ihn nervös dabei, wie er zurück zum Bett kam und sich mit dem Blick in meine Augen gerichtet nah neben mich legte.

Der Geruch, der von ihm und seinem Zimmer ausging, ließ mich immer wieder tief einatmen und nach außen hin hätte man sicher meinen können, ich wäre die Ruhe in Person, doch innerlich rauschte mein Blut nur so durch meine Adern.

Er war, außer meinem Stiefvater und Pablo, der erste Mann, der ohne Bezahlung Zeit mit mir in einem Bett verbrachte. Es fühlte sich ungewohnt an und ich wusste nicht mal so Recht, wie ich mich verhalten sollte. Reahlyn war auch überhaupt nicht aufdringlich, was mich dann doch mit dem Blick auf sein Gesicht gerichtet entspannen ließ.

Fürsorglich deckte er mich zu, strich dabei einige Strähnen meiner Locken aus meinem Gesicht und stützte sich seitlich auf seinem Arm ab, um mich schweigend zu mustern.

Mir gefiel das Leuchten seiner Augen und auch, wie ruhig er immer schien. Er strahlte eine Ausgeglichenheit aus, die einem das Gefühl gab, dass alles in der Welt in Ordnung sei - obwohl es nicht so war.

Leider drifteten meine Gedanken dann wieder dahin ab, dass egal wie lange wir hier noch liegen würden, ich vor 20 Uhr noch zurück musste.

Es war ein schöner Gedanke, einfach für immer hier zu bleiben, doch ich wollte für mich selbst sorgen können und mich nicht abhängig machen, auch wenn es wahrscheinlich das Beste für mich gewesen wäre.

"Woran denkst du?", fragte Reahlyn plötzlich und riss mich damit aus meinen düsteren Gedanken. Ich spürte seine Hand auf meiner Taille und schaute ihn nachdenklich an.

"Das ich meinem Leben nicht entfliehen kann", flüsterte ich wehmütig und sah auch ihm an, dass meine Worte ihm nicht gefielen. Sein Blick wurde härter und auch das Funkeln seiner Augen veschwand für einen kurzen Moment.

"Du kannst dein Leben aber ändern, Love", sprach er leise und fuhr mit seiner Hand hoch zu meiner Wange, um sanft über diese zu streicheln, was mich entspannt die Augen schließen ließ.

"Und dann?", hauchte ich fast lautlos und rückte dabei ein Stück auf ihn zu, sodass ich meinen Kopf an seine Brust legen konnte, unter der ich sein Herz schlagen hörte. Es klang so wunderschön....

"Dann suchst du dir eine normale Arbeit und jeden Abend werde ich dich abholen und du wirst mir von deinem Tag erzählen."

Ich hörte das Lächeln während er das sagte und musste darüber dann auch schmunzeln. Es war eine schöne Vorstellung, doch sie schien ohne Ausbildung unerreichbar. Erst Recht in einem Ort wie Juneau, der abgeschieden vom Rest der Welt nur für Hafenarbeiter geeignet war.

"Und wie werden meine Tage so sein?", wollte ich wissen und gab mich einfach verträumt dieser Illusion hin. Es war, als würde er mir ein Märchen erzählen, was mich wenigstens für diese Zeit der Realität entfliehen ließ.

"Total aufregend, Kleines. Morgens wird dir ein wirklich attraktiver Mann täglich ein tolles Frühstück bringen. Anschließend fährt er dich mit seinem coolen Motorrad zu deiner Arbeit im Büro, wo du einen eigenen Schreibtisch hast, vollgestellt mit Bildern von ihm. Er wird draußen auf dich warten, auch wenn du dich dagegen wehrst, aber er wird sich so sehr lieben, dass er dich jede einzelne Sekunde in Sicherheit wissen muss. Nachdem er mit dir dann wieder nach Hause fährt, sitzt ihr am Lagerfeuer und schaut euch stundenlang an wie frisch Verliebte, denn für ihn wirst du immer der schönste Anblick sein ..."

Ich hörte ihm zwar lächelnd zu, doch auch Tränen sammelten sich in meinen Augen. Sehnsüchtig nach so einem Leben, klammerte ich mich noch fester an ihn, sodass ich sofort sein schneller schlagendes Herz wahrnahm, dass wohl auf meine Berührungen reagierte.

"Reahlyn?", hauchte ich seinen Namen und löste meinen Kopf von seiner Brust, um ihn genau anschauen zu können.

Er starrte mich fragend an und zog mich an meiner Taille plötzlich noch näher an ihn, sodass ich unerwartet dieses atembraubende Gefühl im Magen bekam, dass ich nie zuvor gespürt hatte.

"Meinst du wirklich, dass ich so ein Leben führen könnte?"

Sofort zog er seine Augenbrauen hoch, als würde er nicht fassen können, dass ich daran überhaupt noch Zweifel hatte.

"Natürlich. Wie kommst du immer nur darauf, dass du Gutes nicht verdient hättest?"

"Wenn dir etwas jahrelang eingeredet wird, dann glaubst du irgendwann selbst daran", gab ich ihm beschämt zurück und wollte seinem Blick ausweichen, doch er nahm mein Kinn in seine Hand und schaute mir tief in die Augen.

"Wer auch immer dir sowas eingeredet hat, der kann zur Hölle fahren und wenn ich ihn höchstpersönlich dort hinbringe", erklärte er und löste sich plötzlich komplett von mir. Er stand eilig auf, was mich irritiert zurückließ.

"Weißt du, was ich am meisten hasse?!", sprach er aufgeregt und lief dabei vor dem Bett hin und her. "Dass diese Leute es wirklich geschafft haben, dass du der Meinung bist, du müsstest leiden und alleine sein! Dass du wirklich der Meinung bist, Schmerz und Ablehnung verdient zu haben! Aber das hast du nicht und diese Arschlöcher wollten dich nur brechen, damit du dich ihnen vollkommen unterwirfst! Ich könnte sie alle...!"

Er unterbach sich selbst und schlug mit voller Wucht in die Wand neben sich, sodass ich meine Augen erschrocken aufriss und mich sofort aus dem Bett erhob.

"Reahlyn", versuchte ich ihn zu beruhigen und legte ihm meine Hand auf seine bebende Schulter. "Es ist alles okay. Ich komme damit klar", flüsterte ich und ich wusste genauso gut wie er, dass es eine Lüge war.

Gerade, als er sich mir zuwenden wollte und ich regelrecht spürte, wie er sich wieder im Griff hatte, hörte ich draußen ein Auto vorfahren und schaute neugierig zur Tür.

"Esteban", knurrte Reahlyn und sofort war er wieder auf 180.

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The split Mate - Only by nightWo Geschichten leben. Entdecke jetzt