Kapitel 38

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Die Dunkelheit der Nacht zwang Ahvril dazu den ganzen Weg bis zum Erebor zu Fuß zu gehen. Zwar rannte sie in der Form ihres Wolfes so schnell wie der Wind, doch kam es ihr trotzdem so vor als brauche sie eine Ewigkeit. Sie hatte Angst. Ihr Herz pochte nicht nur wegen der rasanten Geschwindigkeit, sondern mehr wegen der Ungewissheit. Wenn sie ehrlich war, hatte sie sich während der gesamten Zeit auf dem Weg zum Erebor, nicht einmal Gedanken darum gemacht was sie überhaupt tun würde, wenn sie vor dem Drachen stand. Zu viele Dinge waren geschehen, die all ihre Aufmerksamkeit gebraucht hatten. Die Celva hatte schon einmal vor der Bestie gestanden, vor langer langer Zeit und versagt. Was, wenn sie auch diesmal scheiterte? Was, wenn sie ihr Volk nicht rächen konnte? Was musste sie anders machen, damit sich die Prophezeiung erfüllte?

Ahvril hatte keine Zeit mehr sich nun darum zu Sorgen, denn sie hörte die Stimmen der Zwerge. Nach ein paar letzten Sprüngen sah sie sie. Schnell änderte die Celva ihre Form und rannte das letzte Stück. „Thorin!", rief sie bereits aus der Ferne und alle Zwerge erhoben sich. Sie saßen vor einer geöffneten Tür, Ahvril fiel sofort Bilbos Fehlen ins Auge und wurde wütend. „Ahvril!", Balin kam ihr als erster Entgegen, doch die Celva sah noch immer auf Thorin. Ohne den älteren Zwerg zu beachten ging sie an ihm vorbei und direkt auf den König unter dem Berge zu. „Du hast ihn allein da rein gelassen? Wieso?", fragte sie harsch und aufgebracht. Er hätte ihn begleiten müssen! Thorin verschränkte nur die Arme vor der Brust und sah sie herausfordernd an. Er hatte sich verändert. Nicht nur durch all die teuren und sauberen Mäntel, die er nun trug, sein Blick war kalt und berechnend. Ahvril verengte die Augen und verzog das Gesicht: „Ich habe bereits schlechte Seiten an dir gesehen, Thorin Eichenschild, aber das du ihn einfach so dem Tod überlässt -"

„Du hast Angst!", unterbrach er sie und sprach es so aus, als sei dies eine Blamage. „Wir haben alle Angst!", mischte sich Balin nun ein, „ich kenne dich gar nicht mehr wieder! Der Thorin, den ich kenne, würde nicht zögern hineinzugehen und -"

„Ich riskiere diese Unternehmung nicht für das Leben eines Diebes!" Ahvril trat einen Schritt zurück und schüttelte ungläubig den Kopf. „Bilbo. Sein Name ist Bilbo!", murmelte Balin genauso fassungslos. „Ich gehe hinein", sagte Ahvril entschlossen, „es ist meine Pflicht und außerdem lasse ich einen Freund nicht im Stich!" Thorin wand den Blick ab und sah zu Boden. Er biss die Zähne fest zusammen, sodass die Venen an seinen Schläfen hervortraten. „Legenden besagen, dass dieses Gold von einer Krankheit befallen ist. Ich mache mir Sorgen um dich Thorin. Vergesse neben all den Reichtümern nicht das, was wirklich wichtig ist!", damit nickte sie einmal kurz in die Runde und rannte in den Eingang des Erebor.


„Pass gut auf dich auf Kind", flüsterte Balin für sich selbst und sah ihr zu, wie sie verschwand.


Ahvrils Schritte hallten in dem steinernen Flur und echoten in den Weg vor ihr. Ihr Atem dröhnte laut in ihren Ohren und sie spürte wie ihr Herzschlag am Hals klopfte. Meter um Meter schlich sie sich nach vorn, jeden Moment einen Drachen erwartend. Sie ging noch ein wenig weiter, bis endlich eine Art Durchgang erschien. Von dahinter warf sich goldenes Licht an die Wände. Ahvril legte eine Hand gegen den Stein und sah vorsichtig um die Ecke, was sie dort sah ließ sie erstarren. Ihr Mund öffnete sich leicht und sie riss ihre Augen auf. Vor der Celva lag eine Halle voller Gold. Der Boden war nicht mehr zu erkennen, nicht mal die Treppen hatten ein Ende. Der Erebor war so groß, dass sie das andere Ende nur erahnen konnte. Überall lagen goldene Münzen, Krüge, bunte Edelsteine und Schmuck.

Was sie aber noch mehr entsetzte, war der winzige Hobbit, der inmitten all diesem Gold stand. Er hatte die Schultern ängstlich zusammengezogen und hielt den Kopf gesenkt. Seine Hände kreuzte er hinter dem Rücken, die Finger panisch ineinander verkrampft. Vor ihm lauerte ein Schatten, er war so groß das er alles Licht um ihn herum verschluckte. Seine Schuppen waren braun und schimmerten golden. Der lange Schwanz war übersät mit Stacheln und schlug lauernd auf und ab. Jedes Mal, wenn er die Luft schnitt ertönte ein beunruhigendes Geräusch. Die Schwingen des Drachen streiften die Wände und seine Krallen hinterließen Spuren im steinernen Untergrund. Sein Kopf ragte weit über Bilbo und er sah mit blitzenden Augen auf ihn herab. Unter den riesigen, ledernen Lefzen schauten Zähne hervor, so lang wie Speere. Mit jedem Atemzug vibrierte seine Kehle. Ahvril ging ein Schauer durch den Körper, bei dem Anblick des alten Feindes. Seine Stimme ertönte und ließ die Wände beben: „Und?! Glaubst du es jetzt?"

Fire Princess (Hobbit FF: Band 2)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt