Die Menschen brachten ihnen Decken und trockene Kleidung. Bilbo saß, noch immer zitternd, vor dem Kamin. „Sie passen vielleicht nicht ganz, aber sie halten euch warm!“
„Danke! Vielen Dank“, stotterte der Hobbit und nahm Tilda ein trockenes Leinenhemd ab. Thorin stand am Fenster und sah über die Stadt. Er ließ seinen Blick schweifen, ehe er auf einem der Wachtürme, etwas sah was er für verloren gehalten hatte. Auf dem Turm stand ein aus Metall gefertigtes Geschoss. Es war zierlich und sah nicht sehr gefährlich aus, doch es handelte sich dabei um die wohl wichtigste Erfindung der Zwerge. „Eine Zwergen-Windlanze“, hauchte er vollkommen entzückt über seine Entdeckung. Bilbo trat zu dem Zwerg, eine dampfende Tasse in den Händen, und sah ebenfalls aus dem Fenster, doch seine Augen erkannten nicht auf was Thorin dort starrte. „Hast du einen Geist gesehen?“, fragte er also deshalb schmunzelnd und nippte an seinem heißen Tee. „Das hat er!“, Balin trat zu ihnen, er hatte die Lanze schon entdeckt. Sie hatten sie nach dem Untergang Thals für verloren gehalten! Bilbo sah den alten Zwerg überrascht an. „Das letzte Mal, als wir solch eine Waffe sahen stand eine Stadt in Flammen“, bei den Worten richtete Thorin seinen Blick zu Boden, er schien in Gedanken wieder die brennenden Häuser zu sehen und die Menschen schreien zu hören, „es war der Tag, an dem der Drache kam! Der Tag, an dem Smaug Thal angriff. Girion, der Fürst von Thal, ließ seine Bogenschützen auf die Bestie schießen, aber eine Drachenhaut ist dick. Dicker als die stärkste Rüstung.“ Balins Ton war angespannt und schmerzerfüllt. Es musste schrecklich gewesen sein, dies mit anzusehen. Bilbos Lächeln sank und er hörte gespannt zu. „Nur ein schwarzer Pfeil, von einer Windlanze abgeschossen kann die Haut durchdringen und nur wenige solcher Pfeile wurden je geschmiedet. Der Vorrat ging zu neige, als Girion den letzten Pfeil nahm.“
„Hätte er damals sein Ziel nicht verfehlt, wäre vieles anders gekommen“, fügte Thorin hinzu, sein Blick wieder auf der Windlanze. „Klingt, als wärt ihr dabei gewesen“, sagte Bard neugierig. Er hatte die Unterhaltung der Zwerge und des Hobbits schweigend verfolgt. „Alle Zwerge kennen die Geschichte“, erwiderte Thorin, als sei dies offensichtlich. Er wollte es nicht riskieren, diesen Menschen zu offenbaren wer sie wirklich waren. Noch traute Thorin ihnen nicht genug. „Dann wüsstet ihr, dass Girion den Drachen getroffen hat!“, mischte Bards Sohn sich ein. Bain trat an die Seite seines Vaters. „Er löste eine Schuppe unter dem linken Flügel. Noch ein Pfeil und er hätte die Bestie getötet!“ Dwalin begann hinter ihnen zu lachen. „Das ist ein Kindermärchen, Kleiner“, sagte er und verschränkte die Arme vor der Brust, „nichts weiter.“ Bain sah hilfesuchend zu Bard, der nur die Zähne zusammenbiss. „Ihr habt unser Geld genommen“, wechselte Thorin das Thema, „wo sind die Waffen?“ Bard sah den Zwerg einen Moment lang an, er schien zu überlegen. Kein einziges Gefühl zeigte sich in seinem Gesicht. „Wartet hier“, murmelte er langsam, ehe er die Treppen hinunter verschwand.
Thorin nickte Balin zu, der Fili und Kili ein Zeichen gab. Die Vier zogen sich in eine Ecke zurück und besprachen ihre Lage. „Morgen beginnen die letzten Herbsttage“, murmelte Thorin. „Und der Durinstag ist schon Übermorgen“, fügte Balin hinzu, „wir müssen den Berg vorher erreichen!“ Fili und Kili tauschten einen Blick. Kilis Gesicht war weiß und unter seinen Augen bildeten sich dunkle Ringe. Er sah krank aus, doch er würde es niemals zugeben. „Und wenn wir es nicht schaffen?“, fragte er mürrisch, „was, wenn wir die geheime Tür bis dahin nicht gefunden haben?“ Er sah sich um, während er sprach. Darauf bedacht das niemand diese Unterhaltung mitbekam. „Dann war der ganze Weg umsonst!“, stimmte Fili ihm zu. Sie wurden von Schritten unterbrochen. Bard kehrte, unter dem wachsamen Blick von Thorin und Dwalin, zurück. Er hatte ein längliches Bündel unter dem Arm, es tropfte als habe es im Wasser gelegen. Der Seemensch ließ es klirrend auf den Tisch fallen, während alle Zwerge sich um den Tisch versammelten. Langsam löste er die Bänder und klappte das Leder beiseite. Zum Vorschein kam ein Haufen Metall. Es wirkte rostig, also hatte es tatsächlich im Wasser gelegen. Fili betrachtete es mit zusammengezogenen Augenbrauen. Sofort fielen die Zwerge darüber her und inspizierten die Dinge, die Bard ihnen als Waffen verkaufen wollte. „Was soll das sein?“, schnappte Thorin böse und wand einen langen Stock in den Händen, drei Harken waren an dessen Ende. Es sah aus, als habe man früher Mäntel daran aufgehängt. „Ein Spießharken“, erwiderte Bard, „aus einer alten Harpune gemacht!“
„Und das hier?“, Kili hielt eine Art Hammer in der Hand. „Ein Krähenschnabel, nun so nennen wir das. Aus einem Schmiedehammer!“, sagte Bard und sah dabei in die Runde der missmutigen Zwerge, „liegt schwer in der Hand, zugegeben. Aber zur Verteidigung eures Lebens, ist es wahrlich besser als nichts!“ Glóin warf die 'Waffe', die er in der Hand gehalten hatte zurück auf den Haufen. „Wir haben euch für Waffen bezahlt!“, knurrte er, ganz sicher an seine armen paar Münzen denkend, die er hierfür gegeben hatte, „aus Eisen geschmiedete Schwerter und Äxte!“ Die anderen stimmten ihm lauthals zu und schmissen ihrerseits die Waffen wieder auf den Tisch zurück. „Das ist ein Scherz!“, rief Bofur aus und die anderen Brummten ebenfalls Dinge in ihre Bärte. „Man findet nichts besseres außerhalb der Waffenkammer der Stadt“, versuchte Bard zu erklären, „alle geschmiedeten Waffen sind dort unter Verschluss!“ Thorin und Dwalin tauschten einen vielsagenden Blick, der vor Bard verborgen blieb. „Thorin! Nehmen wir doch was da ist und gehen“, sagte Balin zu seinem König, „ich bin schon mit weniger ausgekommen und du auch!“ Bard runzelte die Stirn. Thorin, der Name sagte ihm etwas, doch ihm wollte nicht einfallen woher er ihn kannte. „Ich sage: Wir brechen auf!“, schlug Balin vor. „Ihr geht nirgendwo hin!“, hielt Bard dagegen, was alle dazu trieb sich zu versteifen und ihn wütend anzusehen. Wollte er sie nun doch verraten? Dachte er vielleicht sie würden nun ihr Geld zurückverlangen? „Was habt ihr gesagt?“, fragte Dwalin und trat ihm drohend entgegen. Thorin an seiner Seite. „Spione bewachen das Haus und vermutlich jeden Steg und Anleger in der Stadt!“, erklärte der Seemensch schnell, „ihr müsst warten bis es dunkel wird!“ Wieder tauschten Thorin und Dwalin einen Blick. Sie würden nicht warten, sie hatten keine Zeit zum Warten!
Kili seufzte erleichtert, fast erfreut darüber sich einen Moment ausruhen zu können. Er hatte sich einen hölzernen Stab gesucht und stützte sich nun schwer darauf ab, während er versuchte sich hinzusetzen. Sein Bein jedoch schrie förmlich auf, als er es bog. Mit schmerzverzerrtem Gesicht ließ er sich nieder. Sein Blick flog schnell über seine Kameraden, betend dass ihn niemand gesehen hatte. Wieder seufzte er, als der Schmerz zu einem Pochen abklang. Solange er sich nicht bewegte, konnte er es aushalten. Er hoffte nur, dass es Ahvril gut geht. Das letzte Mal hatte er sie gesehen, wie sie einen Pfeil in einen ihn angreifenden Ork jagte. Sie hatte wie eine wahre Elbenkriegerin ausgesehen. Seine Hoffnungen, sie könne seine Gefühle vielleicht erwidern schwanden dahin. Dieser Gedanke drückte auf seine Stimmung und ließ ihn sich noch kränker fühlen.
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Fire Princess (Hobbit FF: Band 2)
FanfictionEndlich akzeptiert von den Zwergen und als geliebtes Mitglied der Gemeinschaft steht Ahvril nun vor einem neuen Problem. Längst vergessene Geschichten kommen wieder zum Vorschein und alte Freunde begegnen ihr auf dem Weg zum Erebor. Doch nicht nur F...