My Brother's Keeper

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»Ich dachte, wir wären uns einig«, presste Brian verkrampft hervor

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»Ich dachte, wir wären uns einig«, presste Brian verkrampft hervor. Eine seltsam einseitige Definition des Wortes einig, fand ich. In Sams Gesicht veränderte sich etwas, und ich konnte nicht ganz einschätzen, was es war. Er schluckte und trat ein paar Schritte auf Abstand zu mir, was mich mehr schmerzte, als es vermutlich sollte.

»Einig wobei?«

»Gar nichts, das ...«

»Ich habe Jo gesagt, sie soll sich von dir fernhalten.« Klar, wieso nicht? Ehrlichkeit. Auch gut. Nur, dass Sam jetzt alles andere als glücklich aussah. Er blickte erst zu mir, wahrscheinlich, um abzuchecken, ob es stimmte, was sein Bruder gesagt hatte. Ich senkte den Blick ein Stück, das musste reichen.

»Drehst du jetzt völlig durch?«, fragte Sam Brian in einer derart ruhigen Stimme, dass ich es eigentlich kaum fassen konnte. Er sah auch verwirrt aus. Nicht wütend oder aggressiv, einfach nur verwirrt. »Wieso ... Kannst du mir mal erklären, wieso du mich nie in Ruhe lassen kannst?«

»Sammy, ich will einfach nicht, dass du verletzt wirst.« Offensichtlich hatte es Brian tatsächlich mit der Ehrlichkeit. Ich blickte auf, seine Augen waren etwas glasig, vielleicht sogar ein wenig verängstigt. Das irritierte mich, weil Ängstlichkeit ungefähr das Letzte war, was ich Brian als Attribut zugeschrieben hätte.

»Fick dich, Brian.« Ich bekam eine Gänsehaut. »Ich bin ein erwachsener Mann, verdammt.«

»Hör zu, ich wollte echt nicht ...«

»Alles ruinieren?«, kam Sam ihm dazwischen und entließ daraufhin ein spöttisches Schnauben. »Herzlichen Glückwünsch, dafür ist deine Bilanz aber ziemlich herausragend. 2/2. Nicht schlecht.«

Ich begann mich unwohl zu fühlen. So fehl am Platz, dass ich am liebsten gehen wollte. Aber das käme seltsam rüber, oder? Sam sprach so ruhig, und Brian war so ehrlich. Das hier war kein Streit, nur ein Gespräch, also warum sollte ich auf einmal panisch den Raum verlassen?

Vielleicht weil ich nicht wusste, wovon Sam da gerade sprach. Was wäre denn passiert, wenn Brian nicht reingekommen wäre? Und was wäre gestern passiert? 2/2? Was bedeutete das? Wir hätten uns vielleicht geküsst. Nur vielleicht. Und nur geküsst. Oder? Und es wäre nicht einmal unser erster Kuss gewesen. Hatte er den ersten Kuss vergessen? Und den Fast-Kuss, den wir ja auch gehabt hatten?

»Erklär mir eines, Brian«, sprach Sam gelassen weiter, während er seinem Bruder ein Stück näherkam. Brian blieb einfach stehen sah ihn an und wartete. Die beiden waren fast gleich groß, sie sahen sich auch so unwahrscheinlich ähnlich. Nur hatte Brian kürzere Haare und einen etwas ordentlicheren Kleidungsstil. Nur um eine Nuance. Sie hatten beide einen stoppeligen Dreitagebart, Sams war vielleicht schon vier Tage alt, beide breite Schultern und weiche Gesichtszüge, die aber durch ihre dunkle Haarfarbe und Ausstrahlung an Härte gewannen. »Erklär mir, wieso du dich nicht endlich zurückhalten kannst. Ich verstehe das nicht. Wieso bist du überhaupt hier?«

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