»Joanie?« Noch fünf Minuten. »Hey ...« Ja, ich höre dich ja, Sam! »Joanie!« Er rüttelte an meiner Schulter, und ich hasste ihn. Ab jetzt würde ich wieder im Schuppen schlafen. Auf dem Sofa war ich Sams Launen viel zu sehr ausgesetzt. Seit über einer Woche war mir jetzt keine ruhige Nacht mehr vergönnt gewesen. Heute können wir ausschlafen – oder doch nicht, mach mir bitte Sky fertig. Ich gehe heute früh ins Bett – vielleicht sehe ich mir doch die gesamte Nacht Yellowstone an. Wie jetzt, dir gefällt meine Musik zum Einschlafen nicht? – Sorry, aber heute brauche ich Vollbeschallung. Anscheinend schlief dieser Mann wirklich, wirklich schlecht ...
»Joanie! Wenn du jetzt nicht sofort aufstehst, werfe ich dein Handy gegen einen Baum!«
»Was?«, brummte ich. Meine Augen waren noch verklebt, weshalb meine Sicht irgendwie trüb war. Sam stand vor mir, und ... okay, er trug kein Oberteil. Nur Boxershorts. Hübsche Boxershorts, dunkelrot mit weißen Streifen. Ich schluckte, als er sich zu mir runterbeugte. Träumte ich noch? Vielleicht war das ein Traum und Sam würde gleich ...
Nein. Er packte mein Handgelenk und zog mich in eine aufrechte Position. »Dein Handy summt seit einer halben Stunde. Ohne Unterbrechung«, grummelte er mich an. »Es ist Sonntagmorgen, verdammt!«
Mein Handy? Immer noch fühlte ich mich irgendwie benebelt, aber jetzt hörte ich es auch. Das Summen war mir fast fremd, so lange hatte mich schon keiner mehr angerufen. Laurie schrieb immer vorher eine Nachricht oder wartete sowieso, bis ich sie anrief.
Ich starrte auf den Bildschirm. Das war eine österreichische Nummer, weshalb mir gleich mal das Herz in den Magen rasselte. Versteinert saß ich da, Sam stand vor mir, halb nackt, aber dafür hatte ich gerade gar keinen Sinn mehr.
Österreich rief mich an.
Zuhause.
Ob das meine Eltern waren? Oder ... oder irgendjemand meiner Freunde? Meiner ehemaligen Freunde. Es würde doch wohl nichts passiert sein. Irgendwann verstummte das Summen, und ich atmete hörbar auf.
»Freu dich nicht zu früh«, brummte Sam, der sich jetzt mit beiden Händen über sein Gesicht rieb und sich dann neben mir aufs Sofa fallen ließ. Halb auf meine Bettdecke, weshalb ich mich jetzt irgendwie eingefangen fühlte. Er hatte seine Augen geschlossen und stöhnte auf, als das Summen erneut losging. »Siehst du ...«, knurrte er. »Da will jemand ganz dringend deine Aufmerksamkeit, Prinzessin.«
Mir entglitt ein Wimmern. Er hatte recht. Es schien tatsächlich dringend zu sein. Sam musterte mich, und als hätte er in diesem Moment die Erkenntnis gewonnen, dass ich dieses Telefon niemals wieder berühren würde, griff er danach. Schockiert fuhr ich zu ihm herum, als er doch tatsächlich den Anruf annahm.
»Hallo, wie geht's?« Ich starrte ihn nur an, nicht wissend, ob ich ihn gerade lieben oder hassen sollte. Küssen oder erwürgen? Vielleicht ging ja beides irgendwie. »Gut, danke. Sam Finley«, gab er seinen Namen preis und nickte dabei. »Und Sie sind?« Sein Blick fuhr hoch, direkt in meine Augen, und mir gefror das Blut durch die Intensität dieses Moments. Wer war es? Wer rief mich so derart penetrant an? »Nein, Sir ...«, ich schluckte heftig, »... diesen Namen habe ich noch nie gehört. Tut mir leid, Sie müssen sich verwählt haben.«
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You See My Heart
RomantizmJoana Fraser braucht eine Auszeit. Von ihren Freunden, ihrer Familie, ihrem Leben, das sie schlichtweg nicht mehr erträgt. Sie flieht also, und sie landet im Outback Kanadas, mitten im Wald, in einer Kleinstadt namens Chester's Creek, wo sie bald ih...