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-Erens Sicht-

Als ich Levis Penthouse betrat, schaltete ich mein Handy aus, damit Jeans Anrufe und Nachrichten mich nicht störten. Ich hatte ihm nämlich vor wenigen Minuten geschrieben, dass ich das Kind abtreiben würde und dass ich die Konfliktberatung, die man vor einer Abtreibung gemacht haben musste, gestern bereits gemacht hatte.

In drei Tagen hatte ich meinen Termin für die Abtreibung. Levi würde niemals erfahren, dass ich schwanger gewesen war. Es gäbe dann nichts mehr, was uns beide veband und ich konnte mit ihm abschließen, auch wenn das nicht einfach werden würde.

Ich ging in den Abstellraum und holte einen Eimer und einen Lappen aus diesem hervor, ehe ich den Eimer mit Wasser füllte und anfing, die Möbel zu wischen. Als ich dann das Lesezimmer betreten wollte, um dort weiterzumachen, fiel mein Blick auf Levi, der auf der Couch saß und ein Buch las, weshalb ich für einen Moment im Türrahmen stehen blieb.

Ich zögerte, bevor ich den Raum betrat und mich vor sein Bücherregal stellte, um die ganzen Bücher auszuräumen. Eigentlich wollte ich ihm aus dem Weg gehen - Ich wollte ihn nicht sehen. ,,Guten Morgen." Mein Blick schweifte zu Levi, der mich für einen kleinen Moment ansah und seine Aufmerksamkeit dann wieder seinem Buch schenkte.

,,Guten Morgen", erwiderte ich mit schwacher Stimme. Ich richtete meinen Blick wieder zum Regal und legte ein Buch nach dem anderen stapelweise auf den Tisch. Als ich dann den Roman mit den Briefen in meine Hand nahm, betrachtete ich das Cover und ein kleines Lächeln erschien auf meinen Lippen.

Damit hatte doch alles angefangen, oder?

,,Du weißt, dass ich beim Lesen nicht gestört werden möchte." Ich wandte meinen Blick von dem Cover des Buches ab und richtete ihn auf Levi. Dabei bemerkte ich, dass Petra den Raum betreten hatte und ihrem Ehemann einen sanften Kuss auf die Lippen drückte. ,,Geht das schon wieder los", erwiderte Petra und in ihrer Stimme lag etwas sanftes und liebevolles.

,,Ich fahre in meine Firma", sagte sie, woraufhin Levi sie küsste. ,,Bis nachher", erwiderte er lächelnd, ehe Petra ihm zuwinkte und den Raum verließ. Als Levi mich dann ansah und unsere Blicke sich trafen, wandte ich meinen sofort von ihm ab.

Ich runzelte meine Stirn. Seit wann hatte Levi etwas dagegen, beim Lesen unterbrochen zu werden? Ich hatte das bereits mehrmals getan und er hatte mir nie gesagt, dass ich ihn nicht stören sollte. Ganz im Gegenteil; er hatte sich auch mit mir unterhalten.

Ich schluckte leicht und begann, das Regal mit einem feuchten Lappen zu wischen und mit einem weiteren Lappen zu trocken. Als ich die Bücher wieder in das Regal stellte und das Buch mit den Briefen in die Hand nahm, blickte ich zu dem schwarzhaarigen Mann, nach dessen Küssen ich mich sehnte.

,,Weiß sie davon?", brachte ich schließlich hervor und deutete auf den Roman, der in meiner Hand lag. Levi blickte von seinem Buch hoch und sah mich an. ,,Sie ist sehr selten in diesem Zimmer", antwortete Levi etwas ungenau und umging somit meiner Frage. ,,Also weiß sie nicht, dass Sie sich auch für Männer interessieren?", hakte ich nach.

Levi sah mich für einen Moment schweigend an, ehe er die Luft in seinen Lungen entweichen ließ und seinen Blick von mir abwandte, um ihn auf die Seite seines Buches zu richten, die er am Lesen war.

Ich wollte nicht wissen, wie Petra sich fühlen würde, wenn sie erfahren würde, dass ihr Ehemann das, was in seinen Büchern beschrieben stand, mit mir - und vielleicht auch mit anderen Männern - ausgelebt hatte und vielleicht sogar noch auslebte. Sie wusste noch nicht einmal, dass Levi Romane mit homosexuellen Inhalten besaß und las.

Wie konnte das jemand einer Person antun, die einen liebte? Hatte Levi kein schlechtes Gewissen?

Als ich fertig war, putzte ich auch die anderen Räume und erledigte meine übrigen Aufgaben, ehe ich in die Küche ging und zu kochen anfing. Ich schnitt etwas Gemüse, briet es in einer Pfanne an und kochte nebenbei Nudeln. Dann gab ich die Nudeln zu dem Gemüse und gab noch Gewürze und eine Soße hinzu.

Während ich die Pfanne bei niedriger Hitze auf dem Herd stehen ließ, deckte ich den Tisch für Levi, da Petra immer noch in ihrer Firma war. Ich schaltete den Herd aus und stellte die Gemüsepfanne auf einen Untersetzer, der sich auf dem Esstisch befand. Kurz darauf rief ich Levi und räumte die Küche auf.

Normalerweise würde Levi sagen, dass ihm das Essen schmeckte oder ich würde ihn fragen, wie er das Essen fand, aber keiner von uns beiden machte Anstalten, etwas sagen zu wollen. Ich hasste diese Stille. Ich hing die Schürze an den Haken und wandte meinen Blick zu Levi. ,,Ich würde jetzt gehen, wenn Sie nichts weiter benötigen", sagte ich.

,,Du musst mich nicht siezen, wenn wir alleine sind", erwiderte Levi. ,,Das weiß ich", entgegnete ich. ,,Eren, ich...", fing Herr Ackermann an und unrerbrach sich selbst, indem er seinen Kopf schüttelte. ,,Bis morgen", sagte er stattdessen. ,,Bis morgen", gab ich von mir, ehe ich sein Penthouse verließ und mich auf den Weg zum Bahnhof machte.

Während ich auf die Bahn wartete, holte ich mein Handy hervor und bemerkte, dass Jean mir weitere Nachrichten geschickt und mich angerufen hatte. Ich runzelte die Stirn und öffnete unseren Chat, woraufhin sich meine Augen weiteten.

...

Wir sind Krankenhaus, Armin hat starke wehen.

Frau Zoe sagt, dass bisher alles in Ordnung sei.

...

Es sieht nicht sehr gut aus.

Es muss ein Kaiserschnitt gemacht werden.

...

Ich schluckte leicht, zwischen seinen Nachrichten lagen Stunden. Ich fühlte mich schlecht, weil ich während meiner Pause nicht auf mein Handy geschaut hatte. Ich wählte ohne zu zögern Jeans Nummer und hoffte, dass er sofort abnehmen würde und zu meinem Glück tat er das auch.

,,Wie geht es Armin?", war das erste, was ich über meine Lippen brachte.

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Pregnant [Ereri/Riren]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt