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-Erens Sicht-

Ich war von Dunkelheit umhüllt und je näher ich der Hauptstraße kam, desto mehr sehnte ich mich nach meiner Wohnung. Ich lief durch die gut beleuchtete Seitenstraße und landete schließlich an meinem Ziel. Anstatt des weißen Lichts der Straßenlampen, erhellten nun bunte Lichter die Umgebung.

Ich stellte mich - wie gestern auch - an den Straßenrand und versuchte zu zeigen, dass ich zu haben war. Ich lächelte die vorbeikommenden Männer an und es dauerte nicht lange, bis ich jemanden fand.

Es war der selbe Mann, mit dem ich gestern im Hotel geschlafen hatte.

,,Wieder hier, Kleiner", sagte er und grinste. ,,So wie gestern? Oder darf ich Ihnen etwas anderes anbieten?" Ich ekekte mich beinahe vor mir selbst. Vielleicht sollte ich mich auf die Straße, wo sich der Autostrich befand, stellen und hoffen, dass mich jemand überfährt. Auch wenn ich das gerade dachte, würde ich das niemals tun.

,,So wie gestern und vielleicht bin ich so gütig und gebe dir etwas Trinkgeld, Kleiner", antwortete er. Ohne ihn darauf hinzuweisen, dass er mich nicht so nennen sollte, folgte ich ihm ins Hotel. Sobald wir auf einem Zimmer waren, gab er mir zuerst das Geld und machte sich dann an mich ran. Es war zwar nicht sehr sanft, aber es war in Ordnung.

Als er fertig war, bekam ich von ihm tatsächlich etwas mehr Geld. Ich war glücklich darüber. Der Mann verließ das Hotel und ich machte mich im Badezimmer für den nächsten fertig, ehe ich ebenfalls raus ging.

Kurz darauf kam wieder jemand zu mir und hätte ich gewusst, welche Absichten er hatte, hätte ich mich nicht auf ihn eingelassen. Wir gingen auf eine öffentliche Toilette und schlossen uns in einer Kabine ein. Er gab mir zuerst das Geld, welches ich in meine Hosentasche stopfte und dann ging ich in die Knie.

Ich öffnete seine Hose und fing an, den Mann zu befriedigen. ,,Hast viel Übung drin, so wie du's machst", sagte er. Ich musste ihn noch nicht einmal ansehen, um zu wissen, dass ein dreckiges Grinsen auf seinen Lippen lag. Und spätestens jetzt hätte ich aufstehen und gehen sollen.

Der Mann entzog sich aus meinem Mund und spritzte in Toilettenpapier ab, welches er in den Mülleimer warf. Ich stand auf und gerade, als ich die Kabine verlassen wollte, hielt er mich an meinem Arm fest und zog mich so heftig zurück, dass ich auf den Boden fiel und mit dem Kopf gegen die Kabinenwand knallte.

Als er sich dann zu mir beugte und anfing, mich anzufassen, befürchte ich, dass er sich an mir vergehen würde. Ich war unter Schock und rührte keinen Muskel. Der Mann ließ schnell wieder von mir ab und verließ die Kabine.

Ich blieb für einen Moment auf dem Boden sitzen und wischte die Tränen weg. Ich hatte Angst. Dann bemerkte ich, dass mein Geld fehlte und im nächsten Moment wurde mir klar, dass der Mann es mir geklaut hatte. Ich erhob mich vom Boden und verließ zögerlich die Toilette, als wäre nichts gewesen. Ich konnte ohnehin nichts machen.

Aber wenigstens hatte er es nur auf das Geld abgesehen...

[...]

Ich zog meine Kleidung wieder an und behielt den Mann, den ich meinen Körper verkauft hatte, im Auge. Aber er schien nicht den Anschein zu machen, mich beklauen zu wollen. Er war reich; er trug einen teuren Anzug - sie war sogar von Herr Smiths Modemarke. So jemand wie er würde einen Stricher doch nicht bestehlen, oder?

Als der Mann das Zimmer verließ und mir einen guten Abend wünschte, blickte ich ihm irritiert hinterher. Das war der erste Freier, der so höflich zu mir war. Aber ich war so perplex, dass ich nichts erwiderte.

Ich setzte mich auf das Bett und zählte das Geld, das ich heute verdient hatte. Obwohl ich bestohlen worden war, hatte ich sogar etwas mehr als gestern verdient. Wenn das weiterhin so gut lief, hatte ich in einer Woche mehr Geld zusammen, als Herr Smith mir für zwei Treffen gegeben hatte.

Ich verstaute die ganzen Scheine in meinen Hosentaschen und verließ das Hotel. Draußen hielt ich genügend Abstand zu jedem, weil ich Angst davor hatte, dass mir jemand erneut das Geld stahl.

Ich kam an Marcos Bar vorbei und blieb kurz stehen. Doch ich schüttelte meinen Kopf und ging weiter zum Bahnhof. Die nächste Bahn kam sofort und ich fuhr nach Shiganshina. Als ich dann das Wohngebäude betrat, in dem meine Wohnung lag, hörte ich im Treppenhaus Geräusche.

Furlan...

Ich ging mit langsamen Schritten nach oben und sah Furlan und Reiner an der Wand vor meiner Wohnung lehnen. ,,Wo warst du gestern?", zischte er und stieß sich von der Wand ab. ,,I-Ich", brachte ich hervor, doch als ich das Grinsen auf Furlans Lippen sah, hielt ich inne.

,,Warst du auf dem Strich?"

Ich senkte meinen Blick und ging an ihm vorbei, um meine Wohnung aufzuschließen. Ich holte meinen Schlüssel hervor und wollte diesen in das Schlüsselloch führen, doch meine Hand zitterte zu sehr. Als ich es dann schaffte und die Tür öffnete, stieß mich Reiner in die Wohnung.

,,Hol das Geld", sagte der große Mann, woraufhin ich in mein Schlafzimmer ging und die Scheine aus dem Kleiderschrank hervorholte. Ich legte das Geld, das ich heute verdient hatte, zusammen und ging zurück zu Furlan, der im Wohnzimmer auf mich wartete. Er riss mir das Geld aus der Hand und fing an zu zählen.

Ich wusste, dass es nicht genug war.

,,Tust du dich als Stricher so schlecht, dass du nur dieses Bisschen aufgetrieben hast?", zischte Furlan und kam mir näher. Ich wollte zurückweichen, doch Reiner stand direkt hinter mir. ,,Ich war lange nicht mehr hier, Eren. Solltest du da nicht etwas mehr für mich haben?! Vielleicht sind wir zu sanft mit dir gewesen", meinte Furlan.

Ich ahnte nichts gutes.

,,Gestern haben wir deine Wohnung durchsucht und Reiner hat etwas interessantes gefunden. Denkst du wirklich, du kannst unter solchen Umständen ein Kind großziehen? Lass mich dir helfen." Mein Gesicht wurde augenblicklich blass und ich hatte Angst. Sie mussten die Ultraschallbilder gefunden haben, als sie meine Wohnung durchsucht und eine Unordnung hinterlassen hatten.

Reiner riss mich zu Boden und hielt gewaltsam meine Arme fest in der Luft. Ich konnte sie ihm nicht entreißen und mich - und mein Kind - schützen. Ich fing an, unruhiger zu atmen. ,,H-Hör auf... b-bitte", brachte ich unter Tränen hervor.

,,Hätten deine Eltern ihr ganzes Geld nicht für Mist ausgegeben, wärst du jetzt nicht in dieser Situation. Deinen Eltern ging es so gut, dass sie noch arbeiten konnten, aber Grisha hat sich mehr für Wetten und andere Dinge interessiert als für seinen eigenen Sohn. Und deine Mutter hat er da auch mit reingezogen. Carla war eine hübsche Frau, schade um sie", erzählte Furlan.

Ich wollte nichts davon wissen.

Furlan kam mir näher und kniete sich vor mich hin, ehe er mit seiner Hand unter mein Oberteil fuhr. ,,Wenn du Glück hast, überlebt es die Schläge, die du einstecken musst", meinte er kalt und erhob sich dann vom Boden. Überleben...? ,,B-Bitte... Ich tue alles was du willst", brachte ich hervor, doch Furlan hörte mir nicht zu.

Er ließ seine Wut an mir aus, um seine eigenen Probleme für einen Moment zu vergessen, während Reiner mich festhielt. Er wusste, dass ich niemanden davon erzählen würde, dass ich schweigen würde... Er konnte machen, was immer er wollte und das kam ihm gelegen.

Und niemand war hier, um mir zu helfen. Ich war ganz alleine und die Schmerzen waren kaum auszuhalten.

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Wie sehr willst du Eren leiden lassen?

Autorin: Ja.

Pregnant [Ereri/Riren]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt