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-Erens Sicht-

Das erste, was ich nach dem Aufwachen tat, war es, aus dem Bett zu steigen und die Balkontür zu öffnen. Ein kühler Windzug streifte meinen Körper, aber das hielt mich nicht davon ab, den Balkon zu betreten und barfuß über den hohen Schnee bis hin zum Geländer zu laufen.

Ich hielt mich an dem kalten Metall fest und blickte auf die Stadt herab. Ein Lächeln erschien auf meinen Lippen. Alles war weiß.

,,Eren, komm wieder rein oder zieh dir etwas warmes an", hörte ich meinen Freund von drinnen rufen. Ich ließ von dem Geländer ab und lief wieder rein, nur um mich dann in Levis Arme fallen zu lassen und zu spüren, wie seine Wärme mich umhüllte.

,,Du benimmst dich so, als hättest du noch nie Schnee gesehen", sagte mein Freund schmunzelnd, während er seine Arme um mich legte und ich mein Gesicht in seiner Halsbeuge vergrub. ,,Ich habe noch nie eine Großstadt gesehen, in der Schnee liegt", erwiderte ich.

Levi löste die Umarmung etwas, sodass wir uns in die Augen schauen konnten. ,,Dann beginnen wir unseren Spaziergang in der Stadt und schauen uns den Sonnenuntergang anschließend im Park an", beschloss Levi. ,,Aber vorher frühstücken wir gemeinsam, schauen einen Film-" Ich grinste und sprach meinem Freund dazwischen. ,,Haben Sex in deinem Büro."

Levi hielt mit einem Mal inne und sah mich schweigend an. Ich rechnete - wie die anderen Male auch - mit einer Abfuhr, doch das, was mich im nächsten Moment erwarten würde, warf mich aus der Bahn. ,,Von mir aus." Meine Augen weiteten sich und ich glaube, mich verhört zu haben.

,,W-Was?", brachte ich hervor, woraufhin ein Schmunzeln auf Levis Lippen erschien. ,,Ich war die letzten Tage kaum für dich da, deshalb gilt der Tag heute nur dir. Ich werde deinem Wunsch nachkommen", erklärte mein Freund und ich konnte nicht anders, als zu grinsen. ,,Aber erst nach dem Spaziergang."

Hahah, du bist toll, Eren.

Nachdem ich mich frisch gemacht hatte, frühstückte ich gemeinsam mit Levi in der Küche. Er aß ausnahmsweise auch etwas, anstatt nur einen Tee zu trinken, was möglicherweise daran lag, dass wir bereits nach Mittag hatten und er seit mehreren Stunden wach war und noch nichts gegessen hatte.

Ich schlief an sich schon viel, aber dadurch, dass die Schwangerschaft mir meine restliche Energie raubte, wollte ich am liebsten weitere Stunden in unserem gemütlichen Bett verbringen und schlafen. Schwanger zu sein war anstrengend.

Nach dem Frühstück setzten wir uns in unseren Wohnbereich, um einen Film zu schauen. Levi hatte die Couch mit Decken und Kissen ausgelegt und ein paar Snacks und Getränke für uns vorbereitet. Er hatte die Vorhänge vor dem Panoramafenster zugezogen, um Kerzen anzuzünden und uns eine gemütlichere und romantische Atmosphäre zu schaffen.

Der Film, den wir uns ansahen, handelte von zwei Männern, die einander liebten. Einer der beiden Männer musste plötzlich in den Krieg ziehen und das einzige, was von ihm übrig blieb, waren die Liebesbriefe, die er während seines Einsatzes an seinen Geliebten verfasst hatte.

Mein Blick wanderte langsam zu Levi, als der Film endete. ,,Können wir zur Abwechslung einen Film schauen, in dem niemand stirbt?", fragte ich, während meine Sicht wegen der Tränen immer mehr verschwamm. Levis Gesichtszüge wurden weicher und er wischte mir die Tränen weg.

,,Das nächste mal schauen wir einen anderen Film", sagte Levi. Er schaltete den Fernseher aus und zog mich in seine Arme und das einzige, was uns Licht spendete, waren die Flammen der Kerzen, die uns in einem orangegelben Licht umhüllten.

Ich kuschelte mich an Levi und ließ zu, dass er seine Hand auf meinen Bauch legte und ihn sanft mit seinem Daumen streichelte - seitdem ich schwanger war und wir gemeinsam lebten, nutzte er so gut wie jede Gelegenheit, um das zu tun... um seine Hand auf meinen Bauch zu legen, in dem ein kleines Lebewesen heranwuchs.

,,Ich bin glücklich, dich zu haben, Eren", hauchte Levi, während mein Blick auf den Flammen der Kerzen lag; sie waren so schön. Ich lächelte und schloss für einen Moment meine Augen, um den Augenblick zu genießen und wenn Levi mich nicht wieder angesprochen hätte, wäre ich beinahe eingeschlafen.

,,Was... hast du gesagt?", fragte ich zögerlich und blickte zu meinem Freund. ,,Es wird früh dunkel, wir sollten so langsam aufstehen und nach draußen gehen. Ich möchte den Sonnenuntergang nicht verpassen."

,,Kaufst du mir ein Crêpe bei dem Café im Park?", fragte ich, woraufhin Levis Blick zu dem Glastisch wanderte, auf denen teilweise leere Schüsseln standen. Levi hatte sich ab und an am Popcorn bedient, aber das meiste hatte ich gegessen - Schokolade, Obst, Chips. ,,Ich sollte vielleicht weniger essen..."

,,Du solltest dich nicht dafür schämen, Eren. Wenn ich merke, dass dein Essverhalten stark aus dem Rahmen fällt, werde ich einschreiten", sagte Levi. Er gab mir einen Kuss und ließ mich etwas besser fühlen.

[...]

Nachdem Levi und ich uns warm angezogen hatten, stiegen wir in den Aufzug. Levi drückte den Knopf für das Erdgeschoss und als sich die Tür des Aufzugs schloss, verschränkte er unsere Finger miteinander.

Ich konnte nicht anders, als zu lächeln. Wir waren schon öfter Hand in Hand durch das Gebäude gegangen und jedes Mal hatte es Menschen gegeben, die uns angestarrt hatten, aber das machte mir nichts aus. Mir war es egal, was sie über ein Paar dachten, das homosexuell war.

Als Levi und ich den Wolkenkratzer verließen, fiel eine Schneeflocke auf meine Nase. Es begann leicht zu schneien. Ich war glücklich.

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Pregnant [Ereri/Riren]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt