- Kapitel 6 -

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Die nächsten Tage verfliegen nur so, während unsere Ausbilder Stunde um Stunde sowohl die Kondition, als auch die erforderliche Teamarbeit stärken und sie uns dafür immer wieder vor neue, persönliche Herausforderungen stellen.

Wir verbringen in der Zeit eine gefühlte Ewigkeit auf dem Trainingsplatz. Eigentlich wohnt unsere Gruppe dort, wenn wir nicht gerade schlafen, oder kurz etwas essen ...

Zuerst absolvieren wir den Parcours für uns allein und das bis zum Erbrechen. Es ist noch nicht einmal im metaphorischen Sinne gemeint, denn Max übergibt sich wirklich jeden einzelnen Tag nach drei, vier Stunden vor bloßer Erschöpfung!

Danach folgt der gleiche Ablauf, nur dass der jeweilig zugeteilte Partner den Kameraden mit Worten an das Ziel führen soll, während dieser mit verbundenen Augen gestraft ist.

Dabei bekomme ich die ersten blauen Flecken, weil Ben mich ständig vor einen Balken und die Mauer rennen lässt, oder ich seinetwegen über die Seile falle. Keine Ahnung, ob das Absicht ist, aber es macht mich wahnsinnig wütend!

Ich nehme es nichtsdestotrotz erst mal schweigend zur Kenntnis, weil im Handumdrehen klar wird, dass es auch zwischen Ben und den Jungs keineswegs viel besser läuft. Er scheint wohl nicht für die direkte Teamarbeit gemacht zu sein ... oder Ben braucht dringend eine Brille!?

Im Endeffekt zwingen uns die Offiziere, den Parcours genauso schnell gemeinsam bewältigen zu können, wie allein. Die letzte Herausforderung dabei ist jedoch, dass sie uns in Zweierteams die Beine aneinander binden und direkte Absprachen verboten werden.

Diese Übung mit Ben zu machen, erweist sich erneut als reinste Katastrophe! Wenn ich links gehe, reißt er mich nach rechts und andersherum. Bin ich kurzzeitig langsamer als er, zieht mein Kamerad ruckartig an mir. Im Endeffekt stolpern und fallen wir die meiste Zeit auf die Nase und in den Dreck. Mir tut ungelogen alles Erdenkliche in meinem Körper weh!

Mit Max hingegen sind die Läufe gar nicht so schlecht. "Links, links, links", flüstert er mir immer wieder unauffällig herüber, damit wir keineswegs aus dem Gleichschritt kommen.

Paul scheint als Teampartner ebenfalls ganz okay zu sein. Zumindest bis zu dem Zeitpunkt, bevor er nur noch darauf achtet, ob die Offiziere auch bemerken, dass es gut klappt, anstatt sich mehr auf uns zu konzentrieren.

Platsch!

Ein paar weitere Male liege ich mit einem der Jungs im Matsch ... Deswegen zieren meine Arme und Hände bereits einige zusätzliche blutige, kleine Kratzer.

Die beste Zeit teile ich mir allerdings mit Mike. Wir brauchen keine Worte, um uns zu verständigen und bemerken die Reaktionen des jeweils anderen instinktiv. Als ich mich in dem nervigen Stacheldraht verfange, verharrt Mike augenblicklich, damit ich mir nicht weh tue und in der Sekunde, wo ich die Kraft in den Armen verliere, um den Rest der Mauer zu erklimmen, lässt er sich einfach fallen, damit der Ruck am Bein gemildert wird. Genauso rette ich ihm den Arsch, als er von einem Hindernis abrutscht, das Gleichgewicht verliert, aber ich in Windeseile nach seiner Hand greife, damit er unter keinen Umständen herunter fällt.

Mit einem fast Fremden die kräfteraubenden Übungen auf erfolgreiche Weise zu meistern, ist ein ganz neues, außergewöhnliches und wirklich schönes Gefühl. Mike und ich entwickeln uns schnell zu einem hervorragendem Team, zumindest bekommen wir genau diese Rückmeldung auch von den zwei Ausbildern. Wahrscheinlich sind wir deswegen automatisch ein wenig selbstsicherer geworden nach diesen Tagen.

Unsere aufkommenden, kleinen Neckereien beim Training werden unterschwellig von den Offizieren geduldet. Mike und ich pushen uns immer wieder gegenseitig zu Bestleistungen, deshalb drücken sie bestimmt beide Augen zu.

Kampflos ergebenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt