- Kapitel 12 -

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General Davis

Ich trat wie in Trance aus der Tür von dem Gebäudekomplex mit dem Fitnessstudio und spürte prompt eine frische Meeresbrise auf meinem Gesicht. Unwillkürlich wurde mir klar, dass ich entweder gerade geträumt, oder einen derben Schlag abbekommen hatte ... denn anders konnte ich die letzten Minuten gar nicht erlebt haben!

Ich stand einfach nur da, starrte auf den Asphalt vor mir, als tausende Fragen gleichzeitig durch meinen Kopf schossen.

Wie bescheuert war ich, mich an meine 13 Jahre jüngere Auszubildende ranzumachen? Wie konnte ich ihr gegenüber so aufdringlich werden? Hatte ich nicht mehr alle Tassen im Schrank?

An ihrer Stelle würde ich mich ... keine Ahnung ... ohrfeigen, anschreien! Schließlich sagte Janssen mir bereits heute Morgen klipp und klar, nein, drohte sogar, dass ich sie niemals mehr berühren sollte ... und trotzdem konnte ich auf keinen Fall meine Finger von ihr lassen! Ihr weiches, glänzendes Haar, ihre zarte Haut, diese verdammt einladenden, roten, vollen Lippen ...

FUCK!

Genervt kniff ich mir in den Nasenrücken.

Janssen tat überraschenderweise nichts, um mich aufzuhalten, als ich ihre Fassade ungefragt durchdrang, indem ich ihr die Cappy vom Kopf nahm. Damit versteckte sie keineswegs bloß ihre langen, blonden Haare, sondern scheinbar auch etwas von sich selbst ... Ich konnte leider nicht sehen, was genau sie zu verbergen versuchte ...

Unwillkürlich bekam ich eine Gänsehaut, während mir einfiel, wie intensiv Janssens Blick ebenfalls auf mir gelegen hatte, so als könnte sie hinter meine Fassade sehen ...

Ich schüttelte den Kopf.

Wenn sie auf Tod, Gewalt und Trauer stand ...

Aber diese ungewollte Vertrautheit zwischen uns ... ging das Gefühl nur von mir aus?

Verdammt!

Ich klang, wie ein beschissener Softie!

Und ich wollte mich ihr in dem Moment ernsthaft öffnen, ihr alles erklären ... Wie zur Hölle hatte sie mich mit nichts dazu gebracht, so zu agieren? In gewisser Weise ehrlich, kopflos und dumm!?

Oder ließ die kleine Prinzessin meine Berührungen sogar absichtlich zu, damit ich meine Meinung über ihre Teilnahme bei den Kampfschwimmern ändern würde? Wollte sie mich auf diese Weise manipulieren?

Misstrauisch kniff ich die Augen bei dem Gedanken zusammen und setzte mich endlich in Bewegung. Fort von dem Fitnessraum und fort von ihr ...

Wann, zum Teufel noch eins, war ich dermaßen unsicher in Bezug auf eine Frau geworden? Was musste ich schon großartig machen, damit sie mich beachteten, oder unbedingt etwas für mich tun wollten?

Nichts!

Selbst, als ich mit Hartmann und Schulz nur in Ruhe ein Feierabendbier in einer Kneipe in der Altstadt trinken wollte, biederten sich einige der weiblichen Gäste an. Und egal, wie abweisend ich mich benahm, sie lächelten mir weiterhin kokett zu und blieben immer nett.

Die Versprechungen waren heiß, keine Frage ... Nichtsdestotrotz unwichtig, bedeutungslos, nebensächlich!

Bloß bei Janssen war es irgendwie ... anders! Sie schien wenig auf mein Äußeres fokussiert zu sein oder sich dadurch blenden zu lassen. Ansonsten würde sie, genau wie die anderen Frauen, anfangen dämlich zu kichern und mir einfach in allem zustimmen ... Egal, welchen unsäglichen Mist ich auch immer von mir gegeben hätte ...

Noch nie in meinem Leben fühlte ich mich derart dumm und ungeschickt, wie in diesen Momenten mit ihr! Obwohl ich vieles davon zu unterdrücken versuchte.

Hätte ich jemals einen Soldaten als 'mutig und schön' bezeichnet und das zusätzlich in seinem Beisein!? Wohl kaum!

Das war nicht mehr ich ... derart gefühlsduselig ...

Und überhaupt:

Gefühle sind etwas für Narren und Träumer!

Ich hielt in meiner Bewegung inne und schloss für einen kurzen Moment die Lider.

Konzentriere dich endlich, du Weichei!

Ich öffnete meine Augen ruckartig mit einer logischen Erkenntnis: Unterzuckerung trübt ja grundsätzlich ebenfalls das Bewusstsein!

Das war definitiv die Lösung!

Somit eilte ich schnellen Schrittes noch weiter weg vom Fitnessraum und zugleich weiter weg von ihr ...

Kampflos ergebenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt