Kampflos ergeben

- Kapitel 40 -

Kurz darauf betrete ich atemlos die Krankenstation und eile durch den langen, schmalen und sterilen Flur. Hier wollte ich eigentlich nicht so schnell nochmal hin!

Bevor ich allerdings auf jemanden treffe, der mir weiterhelfen kann, erblicke ich Mike einen Moment später durch eine halb geöffnete Zimmertür in einem Bett liegen. Ich bleibe abrupt davor stehen.

Er ist allein und sieht ziemlich erschöpft aus. Seine Augen hat er geschlossen. Sie sind größtenteils blau und geschwollen, genau wie die anderen Wunden in seinem Gesicht. Der Rest von ihm wird durch die typisch weiße Bettdecke verdeckt, aber ich kann mir kaum vorstellen, dass seine Haut dort besser aussieht.

Für ein paar Minuten lasse ich meinen Körper und vor allem meinen Puls vor der Tür zur Ruhe kommen. Die Sache ist schon aufwühlend genug, da braucht es nicht noch mehr Unruhe und Hektik, von meinen persönlichen Dramen ganz zu schweigen. Jetzt geht es allein um ihn, seine Gesundheit und sein Wohlbefinden!

"Key? Bist du wach?", frage ich leise, während ich durch die Tür trete und zaghaft auf meinen Kameraden zugehe. Mike öffnet jedoch prompt seine Augen und grinst mich bereits wieder frech an. Er zieht die Hände unter der Decke weg und hebt sie für einen Gruß, so dass jetzt ein Blick auf seinen Oberkörper freigegeben wird, der in einem kurzärmeligen Krankenhaushemd steckt. Seine Arme sehen beim Näherkommen lädierter aus, als ich es zuvor erkennen konnte.

"Heyyy Kameradin!" begrüßt er mich dennoch mit scheinbar ehrlich ausgedrückter Freude.

"Wie geht es dir, Key?", will ich augenblicklich mit einem zugleich unguten Gefühl wissen.

"Ach, ein bisschen kleben hier und da hat gereicht, kein nähen notwendig ... Und dank der Schmerzmittel geht's mir juuut, totaaaal super, also schau nicht so entsetzt mit deinen blauen Kulleräuglein ..."

Mike zeigt jetzt schmunzelnd einen Daumen hoch.

"Allerdings hoffe ich trotzdem, dass du diesen Gorilla zu Hause gelassen hast und er hier niemals reingestürmt kommt! Ich könnte mich zwar mit dir zusammen wie Tarzan von Liane zu Liane schwingen, aber ... die Lianen sind heute leider aus ...", ergänzt mein bester Freund, während er verwirrt zur Decke aufsieht.

Oh man ... Ihn hat es wohl ziemlich übel erwischt ...

Im nächsten Moment schüttelt dieser jedoch den Kopf und mustert mich auf einmal mit einem völlig anderen Blick. Ängstlich oder vielleicht besorgt!?

"Hat er ... dich denn anstandslos gehen lassen, meine kleine Lara?"

Ich bin keineswegs in Stimmung für seine angedeutete Alberei und schüttle traurig meinen Kopf.

"Ja, wir haben kurz gesprochen und dann bin ich raus ... Es tut mir einfach unfassbar Leid, was er mit dir gemacht hat", flüstere ich mit bedrückter Stimme.

Schließlich ist diese Situation ein zweischneidiges Schwert und ich kann General Davis' übertriebene Reaktion wohl kaum entschuldigen. Er hatte es mir erklärt und seine Beweggründe sind beinahe ehrenhaft, aber gleichzeitig wurde mein bester Freund ohne irgendeinen triftigen Grund verletzt. Und das nicht gerade wenig!

Mike zuckt bloß mit den Schultern, jedoch verändert sich auch dieses Mal sein ganzer Ausdruck ins Umgekehrte. Mit zusammengezogenen Brauen und verengten Augen sieht er mich jetzt an, als er mit dunkler Stimme und ernstem Tonfall sagt:

"Leyli, ganz ehrlich ... ich hätte mit ihm das Gleiche getan! Wenn er derjenige wäre, gegen den ich diesen üblen Verdacht hege, dich betäuben und missbrauchen zu wollen, würde ich ihn ins Koma prügeln!"

Mir fließen sogleich heiße Tränen unkontrolliert über meine Wangen und ich schluchze. Seine unerschütterliche Fürsorge und Loyalität mir gegenüber berührt mich sehr. Seit meine Mutter starb, hatte sich niemand in dieser Art für mich eingesetzt, oder mir das Gefühl von absoluter Geborgenheit und einem Zusammenhalt vermittelt. Es gab in meinem Leben bislang einfach zu viele Enttäuschungen. Allerdings kann Gewalt keine Lösung sein, also flüstere ich schniefend: