Es ist Freitagabend und ich stochere in Gedanken versunken beim Abendessen in der Kantine wieder einmal nur mit der Gabel auf meinem Teller herum.
"Leyli, was ist los mit dir? Du siehst wirklich nicht gut aus. Hast du noch Schmerzen?", fragt Mike besorgt und schaut mich bereits durchdringend an.
"Du musst endlich mal etwas essen!", ergänzt er ernst und hält mir seine Gabel mit einem Stück gegartem Hähnchenfleisch hin. Ich schüttle leicht meinen Kopf.
Gleichzeitig ärgere ich mich maßlos über mich selbst, denn ein richtig guter Mann bemüht sich um meine Zuneigung und ich könnte alles von ihm haben! Allerdings bin ich so dumm und weine jemandem hinterher, den ich nie hatte, nie haben kann, der mich zusätzlich nicht mal respektiert und sich auch noch über mich erhaben fühlt! Es steigt prompt die Übelkeit in mir auf.
"Key, du solltest dir nicht immer so viele Sorgen um mich machen. Ist bei dir denn alles gut?", frage ich wie nebenbei.
Natürlich ist es das nicht, denn ich kenne die Antwort! Mike und ich sind uns in den letzten Tagen eher aus dem Weg gegangen. Er muss gemerkt haben, dass etwas mit mir nicht stimmt und hält sich extrem zurück mir zu Nahe zu kommen.
"Leyli ... Diese Frage kannst du nicht Ernst meinen!", murmelt er prompt und starrt auf seinen Teller.
"Ich weiß, tut mir leid ...", flüstere ich nun und betrachte ihn leise seufzend von der Seite.
Mike sieht traurig und verletzt aus. Leider bin ich die Letzte, die ihn trösten kann, schließlich bin ich das scheiß Problem! Ich muss dringend aus dieser Situation raus, haue mit der flachen Hand auf den Tisch und rufe zeitgleich:
"Das Training wartet! Es ist allerhöchste Zeit noch etwas aufzuholen!"
Mike zuckt unwillkürlich bei meiner Lautstärke zusammen, während ich bereits hochschnelle, ohne auf eine weitere Reaktion seinerseits zu warten, und mit raschen Schritten aus der Kantine flüchte.
Draußen, auf dem Marinegelände angekommen, reiße ich mir frustriert die nervtötende Cappy vom Kopf, werfe sie in eine Mülltonne, die neben dem Gebäude steht und fange an zu laufen. Ich liebe dieses Gefühl, wenn der Wind dabei durch meine Haare fährt.
Der Weg führt mich vorbei an dem Hafen mit den langsam vor sich hinschaukelnden Schiffen, bis hinunter zum Strand, durch das flache Wasser und immer weiter.
Ich erreiche nach guten 60 Minuten ein paar Felsvorsprünge und beschließe darauf eine Pause zu machen. Meine Rippen schmerzen noch leicht, wenn ich schwerer atme, also genieße ich einfach nur den Ausblick, der sich mir bietet.
Die Sonne geht in ihren schönsten Farben unter von gelb über orange bis dunkelrot und taucht das Meer in ein Licht, als würde es am Horizont brennen. Der frische Wind fährt mir dabei sanft über das Gesicht und verwuschelt gleichzeitig meine umher wehenden Haare.
Ich liebe diesen einzigartigen Geruch bestehend aus einer Mischung von Salz und Algen, ohne den ich mir ein Leben nicht mehr vorstellen möchte. Die Möwen kreischen leise im Hintergrund.
In diesem Moment bin ich ganz bei mir und frei! Frei von meinen Gedanken, den Sorgen, ihm, frei von allem! Ein kleines, zufriedenes Lächeln legt sich auf meine Lippen nieder.
Nachdem sich mein Puls wieder beruhigt hat und die Gänsehaut mir allmählich über den Körper läuft, spaziere ich verschwitzt, aber ausgeglichen in Richtung General Davis' Bungalow.
Es ist schließlich Freitagabend und mir steht ein freies Wochenende zur Verfügung, auf das ich mich eigentlich schon gefreut hatte. Zumindest vor dem intensiven Streit mit Davis. Allerdings habe ich jetzt 48 Stunden Zeit nur für mich und beginne auf dem Rückweg sogar ein wenig positiver dem Ganzen gestimmt zu sein.
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Kampflos ergeben
RomanceShortlist Amby Award 2023 3. Platz: 15 Chapters Moon Award 2023 ≋≋≋≋≋≋≋≋≋≋ "Gefühle sind etwas für Narren und Träumer!" ≋≋≋≋≋≋≋≋≋≋ Stabsgefreite Eleanore Janss...