- Kapitel 48 -

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"Stabsgefreite, wir ändern die Übung jetzt ab! Sie holen Luft, tauchen, zählen unter Wasser bis 60, kommen hoch und nehmen wieder einen Atemzug. Das Ganze drei Mal in Folge! Verstanden?", fragt Davis kurze Zeit später in unsere Runde, während er mit gerader Haltung und einem Stechschritt vor uns auf- und abläuft.

"Jawohl, Herr General!", antworten wir im Chor, bevor wir uns aufrappeln und unsere bereits müden Körper erneut ins eisige Wasser gleiten lassen.

"Drei, zwei, eins, tauchen!", schreit der General inzwischen vom Beckenrand aus und wir holen sofort Luft, um erneut in die Tiefe zu gelangen.

Mein Lungenvolumen scheint auch dabei lächerlich klein zu sein, denn nach dem gefühlten hundertsten 'dritten Mal' tauche ich erneut als Erste aus dem Wasser auf. Die Minute ist noch längst nicht vorbei und ich ärgere mich maßlos über meine unzureichende Leistung!

Triefend und zitternd, wegen des Ausharrens im kalten Wasser und mit blau angelaufenen Lippen, hieve ich mich hoch auf den Beckenrand. Total erschöpft lasse ich meinen müden Körper auf den Fliesen nieder.

"Verdammt", murmele ich und fahre wütend mit der Hand durch meine nassen Haare und über mein Gesicht.

Plötzlich steht der General, wie aus dem Nichts, neben mir und wirft einen kurzen Blick auf mich herunter. Ben, Mike, Paul und Max schwimmen just in der Sekunde an die Wasseroberfläche.

"Sehr gut, Jungs! Ihr habt mich nicht enttäuscht! Aber für heute ist Schluss ..."

Bämm, der Spruch sitzt! Es kommt mir so vor, als hätte Davis mir damit direkt in die Magengrube geschlagen!

Meine Kameraden lassen sich das nicht zwei Mal sagen, kommen aus dem Wasser gesprungen und rennen sogleich in Richtung der heißen Duschen.

Unsere Ausbilder laufen derweil gemächlich und in ernste Gespräche vertieft hinter ihnen her mit den Blicken auf das Klemmbrett geheftet. Ab und an schütteln sie ihre Köpfe. Den Gedanken, dass ich heute die Schwächste bin und sie mich auch so bewerten, kann ich kaum ertragen.

In meiner Vorstellung höre ich sie sagen:

"Mehr als ein bisschen Aussehen ist da nicht, überhaupt kein Können, lediglich so ein hohles Blondchen mit absolut keiner Leistungsfähigkeit! Raus mit ihr! Sie schafft das sowieso nie!"

Ich sitze nun mutterseelenallein am Beckenrand und schließe meine Augen. Das leise Schwappen des Wassers begleitet mich, während ich bewusst tief ein- und ausatme, die Luft in meine Lungen lasse, sie heraus presse und diese langsam abermals einsauge.

Ich werde es ihnen schon zeigen!

Eine letzte Übungsrunde nur für mich kann schließlich nicht schaden, denn dann bin ich vermutlich in der Lage, sie alle beim nächsten Mal zu überraschen! Mein Ehrgeiz ist jetzt geweckt und zwinge mich aufs Neue in das eisige Wasser zu gleiten.

Langsam hole ich Luft und lasse mich mit Hilfe von Ballast an meinem Fußgelenk zum Grund ziehen. Während ich allmählich in die Tiefe gleite, zähle ich in Gedanken die Sekunden.

Es ist still und beruhigend hier unten, so dass ich versuche die Zeit zu genießen und den Reflex beharrlich unterdrücke, die Augen zu schließen. Genau, wie den Wunsch möglichst schnell nach oben zu schwimmen, damit ich endlich wieder Luft in meinen Lungen spüre!

Normalerweise ist es einfach seinen Fuß aus der großen Schlaufe zu ziehen und an die Wasseroberfläche zu gelangen, aber wenn man nach so einem Tag bereits völlig erschöpft ist, fällt das nicht mehr ganz so leicht ...

Zumindest bekomme ich diese Tatsache knallhart zu spüren, nachdem ungefähr drei Minuten in absoluter Ruhe für mich auf dem Grund vergangen sind und das Brennen in meinen Lungen kommt. Die Schlinge um meinem Fuß wirkt auf einmal wie zugezogen und ich versuche verzweifelt wild daran zu reißen.

Kampflos ergebenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt