- Kapitel 41 -

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General Davis

Ich saß jetzt allein auf Janssens Bett und war nicht in der Lage mich zu bewegen. Die letzten Stunden hatten mich erschöpft, wobei die seelische Last am meisten an mir nagte. Mit allem rechnete ich, aber nicht damit! Ihre Geschichte, ihre Gründe ...

Oh Gott, wie sehr wollte ich sie in den Arm nehmen und ihr absolute Sicherheit geben, ihr Schutz bieten!

Vertrauen ... Geborgenheit ... Unschuld ...

Alles unwiderruflich genommen von zwei widerlichen Arschlöchern in ihrem Leben ...

In meinem Kopf fing es schlagartig wieder an zu rattern ....

Janssens Vater war bereits gestorben, wenn allerdings dieser Kinder ... schänder wirklich noch leben würde, müsste ich ihn eliminieren! Da führte kein Weg dran vorbei!

Erschießen funktionierte nicht, zu auffällig ... Aber wie ein unsichtbarer Schatten hinter ihm aus der Dunkelheit treten und hautnah sein Genick brechen zu können ...

FUCK!

"Denk an irgendwas anderes!", ermahnte ich mich laut, so als würde das etwas helfen ...

Unwillkürlich schaute ich auf meine zitternden Hände und schloss schnell die Lider.

Vor meinem inneren Auge sah ich plötzlich Eleanores schönes Gesicht und ich prägte mir jedes noch so kleinste Detail erneut ein. Wie ihre hohen, leicht geröteten Wangenknochen aussahen und ihre glänzenden, blaugrauen Augen hinter den langen, dunklen Wimpern, der Schwung ihrer Nasenspitze und diese roten, vollen Lippen ...

Wieso?

Wieso nur hatte ich sie davon abgehalten mehr von ihren wunderbar sanften Küssen auf meinen sehnsüchtig wartenden Lippen zu verteilen? Wir schienen uns unglaublich nah zu sein in diesem Moment und das hatte ich nie zuvor auf diese Weise erlebt.

Kurzerhand war ich vorhin tatsächlich über meinen Schatten gesprungen und hatte ihr die Wahrheit über den Verlauf meines Lebens gestanden ... Und sie tröstete mich, weil sie mich verstand!

Mich!

Eleanore unterschied sich geradewegs von anderen Frauen, die ich zur Genüge kannte und das hatte ich auf diese Weise niemals erwartet!

FUCK!

Sie machte mich noch zu einem beschissenen Softie!

Vielleicht lag es bloß daran, dass ich sie heiß fand? Und das obwohl sie genug dazu beitrug, als 'Kartoffelsack' wahrgenommen zu werden ...

Nein!

Es war mehr, es war so viel mehr, als sie lediglich flachlegen zu wollen!

"Reiß dich endlich mal zusammen!", befahl ich mir jetzt unbeherrscht und fuhr entnervt über mein vor Müdigkeit gezeichnetes Gesicht.

Ich bereute in Eleanores Nähe immer wieder der zu sein, der ich im Grunde genommen sein musste ... Besonders in dem Moment, nachdem sie peinlich berührt aus dem Schlafsaal rannte ...

Aus purer Verzweiflung schlug ich inzwischen die Hände über meinem Kopf zusammen! Ich verhielt mich so überaus dämlich!

Die tickende Uhr über der Stubentür riss mich plötzlich aus den dunklen Gedanken.

Scheiße, Melina!

Ich stöhnte auf in purer Verzweiflung ... Die Situation des 'Beinahe-Kusses' wäre auch alles andere als passend gewesen. Eleanore verdiente etwas Besseres, etwas Besonderes!

Dennoch musste ich ganz dringend mit Mel sprechen. Sie arbeitete mit Sicherheit auf der Krankenstation, deswegen sprang ich abrupt vom Bett auf und begab mich schnellen Schrittes auf den Weg dorthin.

Melina war auf den ersten Blick nirgends zu finden, deshalb schaute ich mich suchend im Flur um. Im vierten Zimmer stand die Tür einen Spalt offen, wahrscheinlich hielt sie dort ihre tägliche Visite ab und ich ging sogleich hinein.

Das Erste, was ich dann jedoch sah, war unbegreiflich! Eleanore lag bei ihm im Bett und das eng umschlungen!

Wieso?

Und warum zur Hölle gab mir das einen fiesen Stich ins Herz?

'Miststück' schien das einzig passende Wort für dieses falsche und unmoralische Weib zu sein! Ich fiel ständig auf ihre bescheuerte Unschuldstour rein und es kotzte mich allmählich an!

Sie kotzte mich an!

War ihre Geschichte nur eine scheiß Lüge gewesen?

Bedeutete ihre ganze Person eine einzige Täuschung?

Denn anscheinend hatte Janssen wohl doch keine Probleme mit Männern und gewisser Nähe ... Schließlich wollte sie mich vor wenigen Minuten noch küssen und gleich im Anschluss kuschelte sie mit Winter!

Ich rannte hinaus und wusste nicht wohin mit mir, geschweige denn an welchen Ort ich gehen sollte. Ziellos irrte ich umher und verfluchte lautstark den Tag, an dem sie vor das verfickte Tor getreten war! Die Zeit glitt mir dabei unaufhaltsam durch die Hände.

In weiter Ferne ertönten Glockenschläge ...Scheiße, ich musste dringend zum Stützpunkt zurück!

Aber immerhin war ich jetzt endlich wieder in der Lage klare Gedanken fassen zu können. Ich fühlte mich von dieser Frau total verarscht und das würde sie in Zukunft definitiv bereuen!

**********

Es war längst gegen Mittag, als ich über das Außengelände ging und zufällig auf Melina traf. Sie kam geradewegs aus Richtung der Wohnheime gelaufen und winkte von Weitem ziemlich aufgeregt ... Allerdings dachte ich mir nichts weiter dabei ...

Wahrscheinlich wollte sie sowieso nur den nächsten romantischen Filmabend vorschlagen und mir wurde bereits schlecht bei der Vorstellung! Das schnulzige Gelaber und dieses ewige Anschmachten, bis sie sich dann endlich hatten! Jede Liebesgeschichte derselbe Mist ...

Freudestrahlend und unaufhaltsam lief sie weiter auf mich zu mit ihrem überaus breiten, zufriedenen Lächeln. Ich stöhnte innerlich.

"Gut, dass ich dich treffe! Wir müssen unbedingt über eine wichtige Neuigkeit sprechen!"

Genau das wollte ich zunächst auch: Reden, um nie wieder wegen etwas palavern zu müssen. Zumindest bevor die Sache mit Janssen aus dem Ruder gelaufen war und ich ihr noch Glauben schenken konnte, gab es eine andere Gesprächsintention ...

Was wollte ich Mel nun eigentlich sagen? Mein Kopf schien plötzlich leer. Nein, diese Leere spürte ich überall in mir ...

Melina sprudelte jedoch schon los und lächelte mich mit einem gewissen Stolz in ihren Augen an. Das was sie mir allerdings mitteilte, brachte mein Blut automatisch zum Kochen und ich schrie aufgebracht:

"Das ist nicht dein beschissener Ernst, Mel! Hast du jetzt völlig den Verstand verloren? Wie kannst du ... Wieso hast du ..."

Scheiß drauf! Ich drehte mich wutentbrannt um und lief los. Melina rief währenddessen irgendetwas hinter mir her, aber das ging mir am Arsch vorbei!

Wie konnte sie das bloß von mir verlangen?

Blind vor Zorn und mit klopfendem Herzen rannte ich zum Bungalow, riss stürmisch die Tür auf und stapfte mit dumpfen Schritten hinein!

Da stand sie, ein paar Meter von mir entfernt und sah mich mit ihren blaugrauen Rehaugen zutiefst erschrocken an ...

Ich hätte kotzen können!

Kampflos ergebenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt