- Kapitel 58 -

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In der nächsten halben Stunde hauen wir uns möglichst viel und mit voller Absicht gegenseitig auf die Finger, egal, ob der Stapel höher, oder niedriger ist und versuchen uns fröhlich lachend zu übertrumpfen. Ich weiß nicht, wann ich das letzte Mal so viel Spaß hatte ...

Meine Hand liegt jetzt bereits auf dem kleinen Stapel mit lediglich zwei Karten und Davis schlägt in Sekundenschnelle ebenfalls zu. Seine Handfläche landet mit einem kleinen 'Patsch' auf meiner.

"Autsch!", rufe ich kichernd, aber sein schadenfrohes Grinsen hat er immer noch auf seinen Lippen.

"Ach kommen Sie, das war schon fast gestreichelt, im Gegensatz dazu wie Sie zuhauen, Janssen!", stellt er verschmitzt und zugleich provokant fest.

"Sie verstehen wohl nicht viel von streicheln!", gebe ich grinsend zurück. Seine Hand ruht dabei weiterhin auf meiner.

Der General schaut einen kurzen Moment auf unsere aufeinanderliegenden Hände und flüstert augenblicklich mit rauer Stimme:

"Oh, ich denke doch ..."

Wir sehen uns jetzt direkt in die Augen, während seine Finger inzwischen sanft über meine fahren. Alles in mir kribbelt und ich schlucke hörbar. Was zur Hölle ist das für ein Wahnsinnsgefühl?

Es ist wie eine nicht enden wollende Sucht und ich bin einfach nicht in der Lage aufzuhören, obwohl ich es doch besser wissen müsste! Unsere Finger spielen jetzt miteinander, streicheln über den Handrücken des jeweils anderen, die Handinnenflächen bis hin zu den Fingerspitzen.

Diese Zärtlichkeit ist so unschuldig und es ist das allererste Mal, dass ich mir wünsche, jemand würde mich weitaus mehr berühren, als das. Davis macht jedoch überhaupt keine Anstalten mir näher zu kommen. Bevor ich noch verrückt werde, übernehme ich, wie ferngesteuert, den ersten Schritt, stehe langsam auf und gehe zu ihm herüber.

Plötzlich sieht der General eher entsetzt, anstatt glücklich aus, als ich vor ihm stehe und mutig meine Lippen auf seine legen möchte. Er zieht seinen Kopf weg und murmelt mit einem gesenkten Blick:

"Bitte setz dich wieder ..."

Bei seiner Reaktion schnürt es mir direkt die Kehle zu! Und das war nicht das erste Mal ...

Aus heiterem Himmel ruft vom Flur aus kommend und völlig überraschend nun eine weibliche, helle Stimme:

"Hey Tim! Bist du da?"

"Küche!", ruft er rasch und ich flüchte in der nächsten Sekunde auf meinen Sitzplatz zurück.

"Ach, da bist du ja! Oh und hallo Stabsgefreite Janssen!"

Ich senke den Blick und spiele mit den Karten, die auf dem Tisch vor mir liegen. Ihren Anblick ertrage ich einfach nicht. Der Kloß in meinem Hals wird zugleich unerträglich.

"Hallo Frau Oberstabsärztin", flüstere ich zurück.

"Tim, es ist jetzt wirklich keine Zeit für Kartenspiele ... das Stück fängt doch bald an!", tadelt Melina Wagner den General, ergreift bereits seine Hand und zieht ihn mit sich.

"Ist schon gut, Mel ... Wenn ich fahre, kommen wir schließlich nie zu spät", bricht Davis sein Schweigen und sie lacht freudig auf.

"Da hast du absolut Recht, Darling! Einen schönen Abend noch, Janssen und legen Sie sich zurück ins Bett. Sie brauchen wirklich Ruhe! Ich verspreche Ihnen, der General wird Sie heute bestimmt nicht mehr stören."

Ich nicke still. Noch bevor die Haustüre hinter den beiden zufällt, bricht der Damm und die salzigen Tränen kullern wasserfallartig über meine Wangen, als ich schluchzend und zitternd meine Hände vors Gesicht halte.

Kampflos ergebenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt